Gut so: Finanzwissen boomt! Banken bieten vom Glossar bis zu Seminaren Geldinfos an, und auch für die Schulen ist das Defizit erkannt.

Gerade für Frauen bietet das Netz vielfältige Blogs, Webinare und andere digitale Angebote rund um Altersvorsorge und Co. Bei den Anbieterinnen finden wir ein breites Spektrum: Sie kommen aus der Beraterbranche, manche geben auch nur eigene Erfahrungen weiter, ohne Profi zu sein. Gerade das scheint gefragt, weil authentisch und nicht vertriebsorientiert.

Finanz-Empowerment für Frauen
Frauen darin zu stärken, ihre Geldanlage in die eigenen Hände zu nehmen, ist notwendig und gut. Schon lange zeigen Studien: Wenn Frauen anlegen, sind sie im Ergebnis oft besser als männliche Anleger. Aber es tun leider zu Wenige. Sehen wir digitale Angebote vor allem als Empowerment, als Erfahrungsaustausch, kann das nur nützen. Schmal ist allerdings der Grat zu beratungsähnlichen Leistungen, die sich dann eigentlich an staatliche Auflagen halten müssten.

Weit vorne stehen im Web Aktienerfahrungen und ETF-Investments, die vermeintlich easy und (gefühlt) nur erfolgreich sind. Für junge Frauen, die lange Zeit haben, auch mal Fehler zu machen, ist das unproblematisch. Es gibt viele Beispiele dafür, dass langfristig gerade diese Investments auch Fehler verzeihen. Das gilt erst recht bei monatlichen Sparplänen, die von Schwankungen profitieren.

Was ist mit großen Einmal-Beträgen?
Was ist aber mit den Frauen, die größere Beträge anlegen wollen aus Scheidung, Erbschaft, Immobilienverkäufen? Oder die sich erst mit über vierzig um ihre Altersvorsorge kümmern?

Gerade diese Gruppe liegt vom Volumen oft unter den Anlagegrenzen individueller Bankangebote und erhält daher oft nur standardisierte Lösungen. Besonders dafür benötigen sie Wissen. Allerdings bleibt das auch trotz Beratung oft rudimentär, denn sie unterschreiben, viel zu wissen und alles verstanden zu haben.

ETF-Tipps für ein Do-it-yourself-Depot greifen bei größeren Volumen zu kurz, da Verluste richtig wehtun würden – und wer will das schon?

Spätestens hier gehören breite Informationen ins Angebot: strategische Aspekte der Geldanlage, Grundwissen über Anlageprodukte, ihre Funktion, Risiken und Chancen, mögliche Anbieter und Umsetzungswege – und zwar unabhängig und losgelöst von Interessenkonflikten.

Beratung oder Do-it-yourself?
Ob dann informierte Frauen eine Beratung wählen, oder sich selbst ein Depot bauen wollen, ist Geschmackssache. Meine Erfahrung zeigt, dass mehr Wissen eher zu mehr Beratungswunsch führt. Das scheint widersprüchlich, zeigt aber, dass Frauen, die sich vorher Wissen angeeignet haben, die Komplexität kennen und daher Chancen und Risiken besser einschätzen wollen. Sie erkennen die eigenen Grenzen oder wünschen auch nur eine kompetente Sparringspartnerin. Andere teilen ihre Geldanlage auf in ein „Spielerdepot“, das sie selbst führen, und ein strategisches Depot mit Profi-Beratung.

Was kostet Finanzinformation?
Das kommt drauf an: Die Palette reicht von kostenlos (oft steht dahinter dann ein Produkt- und/ oder Beratungsangebot) bis zu mehreren hundert Euro pro Einheit. Ob der Preis passt, zeigt sich in einem Orientierungsgespräch oder auf der Website:
– Was umfasst das Angebot, was kriege ich für mein Geld?
– Welche Expertise hat das anbietende Unternehmen?
– Geht es „nur“ um Austausch oder um „echtes Finanzwissen“?
– Handelt es sich um ein unabhängiges Angebot oder eher um Kundenakquise?

Fazit
Was heute noch wie Wilder Westen wirkt – viele unübersichtliche Angebote, oft intransparent, wer wovon profitiert, viele selbst ernannte Experten – wird sich in den nächsten Jahren verändern. So wie die Finanzberatungsbranche reguliert wurde, ist auch hier mit einer Bereinigung zu rechnen, entweder durch den Markt oder irgendwann durch staatliche Regelung.
Aber eins ist klar, Finanzbildung hat Zukunft!

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Die Autorin dieses Textes ist Renate Kewenig.
Mit ihrem Unternehmen „Finanzverstand 2022“ bietet sie Finanz-Seminare und Coaching für Frauen an.
Kontakt: www.finanz-verstand.de

Weitere Interviews mit Renate Kewenig finden sich hier:

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