Die IT-Branche soll nichts für Frauen sein? Anu Einberg sieht das anders! Sie ist seit 2018 CEO beim Software-Entwicklungsunternehmen Mooncascade. In ihrem Gastbeitrag für die Fondsfrauen macht sie sich Gedanken darüber, wie wir mehr Frauen für männlich dominierte Branchen gewinnen können.

Die Finanzbranche hat bis heute ein sehr vorgefertigtes Bild, in welchem Frauen kaum Platz finden. Leider handelt es sich hierbei nicht nur um ein Vorurteil, sondern um bittere Realität. Momentan werden nur 18 % der ersten Führungspositionen durch Frauen bekleidet. Dies geht aus einer Studie vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Das Ironische daran? Über die Hälfte der Beschäftigten in der Versicherungs- und Finanzbranche ist weiblich. Wie kann es zu so einer großen Diskrepanz zwischen Beschäftigung und Vertretung in den Führungsetagen kommen?

Es beginnt schon im Kindesalter
Obwohl die Gründe vielfältig sind, lässt sich ein besonders großer Aspekt nicht übersehen: Dieser ist Awareness. Viele junge Mädchen wissen gar nicht, welche interessante Möglichkeiten im Finanz-Sektor auf sie warten.

Aus diesem Grund gibt es einige Initiativen, wie zum Beispiel den “Girls’ Day”, welcher Mädchen die Möglichkeit geben soll in Berufe zu schnuppern, die ihnen vorher vielleicht nicht in den Sinn kamen. Innerhalb der Initiative werden nur Berufe vorgestellt, die eine Frauenquote unter 40 Prozent haben. Würden wir junge Mädchen mehr über die Finanzwelt informieren und ihnen zutrauen, sich in dieser zurechtzufinden, hätten sie wahrscheinlich auch mehr Interesse daran, hier einer interessanten Tätigkeit nachzugehen.

“Keine große Sache”?
Was Frauen auf dem Weg in die Finanzbranche im Weg steht, sind primär die fehlenden Informationen und das Mindset, dass es “keine große Sache” wäre. Tatsächlich ergeben sich aus mangelnder Initiative zur Veränderung viele Möglichkeiten für systematische Misogynie (Frauenfeindlichkeit). So berichten viele Frauen in männerdominierten Feldern, dass sie sich in ihrem Beruf nicht fair bezahlt, richtig gefördert und respektiert fühlen.

Deshalb empfinden 50 % der Frauen es als besonders wichtig, mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzen, während nur 30 % der Männer dies als wichtig empfinden. Leider beweisen solche Statistiken, dass es oft nicht als nötig empfunden wird, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen – zumindest für all jene, die nicht direkt betroffen sind.

Initiativen wie Informationsabende können Abhilfe schaffen. In diesen sollte die Problematik genau beleuchtet und durch Erfahrungsberichte veranschaulicht werden. So kann Empathie geschaffen werden, durch welche sich das Arbeitsklima für Frauen nachhaltig verbessern lässt.

Was es wirklich braucht, sind Vorbilder
Ein wichtiger Faktor für Frauen in der Finanzbranche sind Vorbilder und Vorreiter*innen. Also Menschen, die bereits in der Branche durchgestartet sind und aktiv über ihre Erfahrungen sprechen und hilfreiche Informationen teilen können. So erhöht sich das generelle Interesse in der Branche, und es wirkt nicht mehr unmöglich auch selbst erfolgreich werden zu können. Es gibt schließlich keinerlei Belege darüber, dass Frauen Berufe in der Finanzbranche besser oder schlechter als Männer ausführen können.

In dieser Hinsicht habe ich das große Glück gehabt, dass mir bei Mooncascade einige Aufstiegschancen geboten wurden. Ich durfte mich nämlich durch alle Abteilungen durchprobieren und überall etwas lernen. Solch niedrige Eintrittsschwellen und solch hohes Vertrauen wünsche ich mir wirklich für alle Frauen in der Finanzbranche! Als ich das Gefühl hatte, nicht mehr viel Neues in den Abteilungen lernen zu können, war es ganz selbstverständlich, eine Führungsposition anzustreben. Die größte Herausforderung war glücklicherweise nicht, mich anderen zu beweisen, sondern herauszufinden welche Art von Führungsperson ich sein möchte!

Sichtbarkeit nach innen ist wichtig!
Mir ist außerdem aufgefallen, dass es einen Anstieg an weiblichen Bewerber*innen gab, sobald Frauen auch im Marketingmaterial dargestellt wurden. Es lässt sich also ein langsamer Wandel innerhalb der Branche bemerken und die Veränderungen beginnen bereits bei den Jobausschreibungen. In diesen sieht man nämlich immer mehr Bilder von Frauen.

Dies ergibt sehr viel Sinn. Schließlich möchte jeder in einer Branche arbeiten, in der man sich willkommen fühlt. Deshalb ist es wichtig für Unternehmen, ihre Mitarbeiter*innen zu präsentieren, und zwar nicht nur in der Außenkommunikation.

Was es braucht, ist Repräsentation in allen Bereichen. Ob es Bildmaterial, Teamevents oder Firmenstrukturen sind. An weiblichem Fachpersonal mangelt es keinesfalls, es muss ihm nur die Chance gegeben werden, seine Stärken zu offenbaren!

Über die Autorin Anu Einberg, CEO von Mooncascade
Mooncascade ist seit 2009 erfolgreich im Softwareentwicklungs-Geschäft und betreut heute mehr als 250 Kund*innen aus verschiedenen Branchen, unter anderem aus der Finanzbranche. Anu Einberg, die als ehemalige Qualitätssicherungsspezialistin bei Mooncascade anfing und zum CEO des Unternehmens aufstieg, ist seit 2018 CEO des FinTech Unternehmens.

Über Mooncascade
Mooncascade wurde im Jahr 2009 von den vier Software-Ingenieuren Ahti Liin, Asko Seeba, Indrek Ulst und Priit Salumaa in Tartu (Estland) gegründet. Das Unternehmen unterstützt Firmen und Organisationen bei der digitalen Produktentwicklung: Von der Beratung bis hin zu Design- und Softwareentwicklung – ob zu Geschäftszielen, Wiederbelebung bestehender Services oder der Einführung neuer Fintech-Produkte. Zu Mooncascades Kunden zählen nicht nur kleinere Start-ups, sondern auch Unicorns wie Wise (ehem. TransferWise), Monese und Bolt. Die Esten haben sich ein starkes Partnernetzwerk aufgebaut, zu dem mittlerweile Google Cloud und Amazon AWS gehören. Heute ist Mooncascade einer der führenden Projektentwickler Europas mit internationalem Kundenstamm und Reichweite. Das Unternehmen wurde 2016 von der Deutsch-Estnischen Handelskammer in der Kategorie „schnellstes Wachstum“ sowie von der Stadt Tartu als bestes KMU nominiert.

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