Dr. Katharina Seiler ist Senior Fondsmanagerin bei der DWS, wo sie unter anderem den DWS Invest ESG Women for Women verantwortet. Auch außerhalb ihres Berufes setzt sich Katharina für Frauen in der Finanzbranche ein: Sie ist Beirätin der Fondsfrauen und engagiert sich leidenschaftlich für Female Finance. Katharina ist außerdem eine der wenigen Quant-Frauen unserer Branche. Im Interview sprechen wir mit ihr darüber, wie man Mädchen zeigen kann: Geld ist cool!

Katharina, seit Anfang 2024 unterstützt Du die Fondsfrauen im Beirat. Was hat Dich dazu bewogen, Dich hier zu engagieren?
Ich kenne die Fondsfrauen von Anfang an. Das Netzwerk ist sozusagen vor meinen Augen entstanden und enorm gewachsen. Ich dachte gleich zu Beginn „Das ist meine Idee!“ und wollte das Branchen-Netzwerk unterstützen. Bei der DWS habe ich mich dann dafür eingesetzt, dass wir den DWS Invest ESG Women for Women-Fonds auflegen. Durch den Aktienfonds hat das Thema Female Finance für mich noch mehr Raum bekommen, und ich besetze es wo immer ich kann auf Vorträgen, Panels und Präsentationen. Als Anne mich letzten Herbst angerufen hat, ob ich in den Beirat der Fondsfrauen kommen möchte, habe ich mich sehr geehrt gefühlt.

Wieso hältst Du Frauen-Netzwerke für wichtig?
Wenn es Role Models gibt, fühlen sich Frauen wohler. Frauen ziehen Frauen an. Ich sehe das auch bei uns, bei der DWS: Viele Praktikantinnen fühlen sich vom DWS Invest ESG Women for Women angesprochen. Netzwerke können helfen, dass Frauen selbstbewusster und sichtbarer werden. Es gibt ein richtiges Momentum.

Hast Du selbst schon einmal Diskriminierung erfahren, auf Grund dessen, dass Du eine Frau bist oder Migrationshintergrund hast?
Hier in Deutschland habe ich eigentlich nie Diskriminierung erlebt, weder als Frau noch aufgrund meines Migrationshintergrunds. Die Finanzbranche ist ja ziemlich international. Das heißt aber nicht, dass alles einfach war. Als ich von Russland nach Deutschland kam, beherrschte ich weder die deutsche Sprache noch kannte ich mich mit den kulturellen Gepflogenheiten aus. Ich musste mich erst integrieren – als Quant-Frau und als Mensch mit Migrationshintergrund. Beim Berufsstart war ich zum Beispiel schon älter als viele deutsche Kollegen, die diese Hürden nicht zu meistern hatten. Ich habe die Herausforderungen angenommen und mich fachlich eingebracht. Beispielsweise habe ich mein Team überzeugt, die quantitative Analyse ins Portfoliomanagement zu integrieren.

Wie hast Du dann Fuß gefasst in der Fonds-Branche?
Ich habe zum Thema quantitative Modelle promoviert, was ziemlich theoretisch und akademisch war. Der Start in die Praxis war nicht einfach, das war eine ganz andere Denkweise als in der akademischen Welt. Ich musste hier das Handwerk der Fundamentanalyse lernen. Auf der anderen Seite hat das Team auch von meinen Fähigkeiten profitiert. Als ich 2007 in die Branche kam, war sie noch sehr männerdominiert. Daher habe ich erst einmal Anschluss zu anderen Frauen gesucht.

Umfragen belegen immer wieder, dass sich Frauen oft nicht für Finanzen interessieren. Was kann getan werden, dass Frauen ihre eigenen Finanzen selbst in die Hand nehmen?
Da merke ich wirklich, dass ich aus einer anderen Kultur komme. Als ich in Russland an der Uni Khabarovsk studiert habe, waren wir im Fachbereich Finanzen 30 Mädchen und zwei Jungs. In Asien ist der Frauen-Anteil in der Finanzbranche deutlich höher als in Deutschland, wo Mädchen mathematische Fächer oder Themen wie Finanzwirtschaft oftmals madig gemacht werden. Wir sehen also einen großen kulturellen Unterschied. Wir müssen in finanzielle Bildung investieren und für das Thema begeistern – und das sollte schon möglichst früh beginnen. Dazu gehört für mich, dass wir die Affinität für den Umgang mit Zahlen fördern.

Du hast eine große Affinität zur Finanzwirtschaft. Was begeistert Dich daran so?
Ich fand es immer spannend, bei einer Bank oder einer Fondsgesellschaft zu arbeiten. Für mich ist die Branche äußerst positiv besetzt, weil sie viel mit Wachstum und Entwicklung zu tun hat. Der Finanzsektor ermöglicht Unternehmensgründungen und das Entstehen vieler neuer Dinge.

Du bist sogar in die Schule Deiner Tochter gegangen und hast den Schülerinnen und Schülern der 3. Klasse etwas über Finanzen erzählt. Was war Deine Erfahrung?
Mir hat das unglaublich viel Spaß gemacht. Die Schülerinnen und Schüler haben die Informationen aufgesaugt wie ein Schwamm und sie waren so positiv! Da gab es keinen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen. Ich habe ihnen erzählt, wie wir im Aktienfondsmanagement Unternehmen analysieren und selektieren. Ich hatte dafür Spielzeug und Schokotaler mitgebracht. Ich bin überzeugt davon, dass wir beim scheinbar trockenen Thema Finanzen auch auf den Spaß-Faktor setzen müssen.

Wie lässt sich denn beispielsweise in der Schule der Spaß-Faktor rüberbringen?
Die Lehrmethoden sind oft noch alt, aber die Kinder verändern sich. Sie konsumieren mehr Medien und werden von immer schnelleren technologischen Entwicklungen mitgerissen. Das müssen wir berücksichtigen. Wichtig ist, die abstrakten Fächer greifbarer zu machen, mit mehr Nähe zur Praxis. In Russland war ich in einem Lyceum. Da haben in der letzten Klasse Professoren von der Uni unterrichtet. Die waren echt cool. Auch in Deutschland brauchen wir Lehrer, die mehr mit Bildern, mit Experimenten, mit Wissen zum Anfassen arbeiten. Die Kinder sollen sehen, wie das Fachwissen am Ende angewendet wird! Dann kann auch das Thema Finanzen Spaß machen.

Mädchen stört oft auch, dass Geld mit Macht zu tun hat.
Für mich ist Geld in erster Linie ein wichtiges Werkzeug, mit dem man Dinge zum Besseren bewegen kann – nicht nur privat, sondern auch beruflich. Privat kann uns Geld den Weg in ein selbstbestimmtes unabhängiges Leben ebnen. Und als Fondsmanagerin kannst Du Einfluss nehmen, damit die Welt beispielsweise grüner und gerechter werden kann. Diese positive Botschaft sollten wir vermitteln.

Vielen Dank für das tolle Gespräch, liebe Katharina!

Über Katharina: Seit über 16 Jahren ist Dr. Katharina Seiler bei der DWS und als Senior Fondsmanagerin zuständig für verschiedene Aktienstrategien. Unter anderem verantwortet sie – mit 12 Kolleginnen – den DWS Invest ESG Women for Women. Studiert hat sie Finance in Khabarovsk (Russland) und BWL an der Uni Bremen. Dort hat sie auch promoviert – über quantitative Modelle. Damit ist sie eine der wenigen Quant-Frauen in unserer Branche. Seit Anfang 2024 ist sie Beirätin bei den Fondsfrauen und setzt sich auch hier für Female Finance und für soziales Miteinander ein. In einem weiteren Interview sprechen wir mit ihr über den DWS Invest ESG Women for Women-Fonds, und welche Ausstrahlkraft er auf die DWS hat.

Foto: DWS

 

 

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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