Seit über 16 Jahren ist Dr. Katharina Seiler bei der DWS und als Senior Fund Managerin zuständig für verschiedene Aktienstrategien. Unter anderem verantwortet sie – mit 12 Kolleginnen – den DWS Invest ESG Women for Women. Studiert hat sie Finance in Khabarovsk (Russland) und BWL an der Uni Bremen. Dort hat sie auch promoviert – über quantitative Modelle. Damit ist sie eine der wenigen Quant-Frauen in unserer Branche. Seit Anfang 2024 ist sie Beirätin bei den Fondsfrauen und setzt sich auch hier für Female Finance und für soziales Miteinander ein. In diesem Interview sprechen wir mit ihr über den Aktienfonds DWS Invest ESG Women for Women, und welche Ausstrahlkraft er auf die Firma hat. In einem anderen Interview geht es darum, wie wir junge Frauen für das Thema Finanzen gewinnen können.
Katharina, Du hast mit Deinen Kolleginnen den Fonds DWS Invest ESG Women for Women ins Leben gerufen: Wie habt Ihr Eure Kolleginnen abgeholt, um bei diesem Fonds mitzumachen?
Ich habe alle Frauen auf unserer Aktienplattform nacheinander persönlich gefragt, ob sie als Fondsmanagerinnen im Team des Women for Women mit dabei sein wollen. Glücklicherweise sagten alle ja. Wir haben dann in unserem Umfeld eine Umfrage unter Müttern, Freundinnen und Schwestern gestartet, um herauszufinden, ob sie bereits in Aktien- oder Aktienfonds investieren. Erschreckenderweise lag die Aktienquote mehr oder minder bei null. Das hat uns erst recht darin bestärkt, mit dem Fonds das Richtige zu tun: Wir wollen Frauen aufwecken und ihnen zurufen: „Investiert!“
Und wie hast Du deinen damaligen Chef überzeugt, dass das ein Business Case ist, dass man damit Geld verdienen kann?
Eine Studie hat zutage gebracht, dass Frauen allein in Deutschland und Österreich mehr als 40 Milliarden Euro anlegen könnten, es aber nicht tun – obwohl es bekanntermaßen mit Blick auf die Altersvorsorge sinnvoll ist, langfristig in Aktien oder Aktienfonds zu investieren. Wenn es also gelingt, mehr Frauen den Weg vom Sparen zum Investieren zu bewegen und so zumindest ein Teil des Geldes zu mobilisieren, stellt das in jedem Fall ein vielversprechendes Potenzial für Asset Manager dar.
Und dann?
Dann habe ich unseren damaligen Vorstandsvorsitzenden Asoka Wöhrmann um einen Termin gebeten. Kurze Zeit später haben wir ihm unser Konzept vorgestellt und zehn Monate später sind wir mit dem Fonds an den Start gegangen. In dieser Zeit haben wir auch unseren Social Commitment Score entwickelt, mit dem wir Unternehmen herausfiltern können, die mit Blick auf soziale Faktoren wie zum Beispiel Chancengleichheit und flexibles Arbeitsumfeld gut abschneiden.
Ihr habt sogar Seedmoney erhalten… Dann muss es ja ein Businss Case sein!
Dass neue Fonds in der Anfangsphase mit Startkapital unterstützt werden, ist nicht unüblich. Aber wir haben uns natürlich sehr gefreut.
Was ist das nächste große Ding?
Wir möchten die Angebote für Frauen weiter ausbauen. Wir haben mit dem DWS Invest ESG Women for Women ein Produkt, das auf den traditionellen Vertriebskanälen verfügbar ist. Aber wir denken auch über neue Möglichkeiten nach, wie wir noch mehr Frauen erreichen können und wie wir sie auf dem Weg von der Sparerin zur Investorin besser unterstützen können. Wir wollen wissen, wo Frauen Inhalte konsumieren. Wir führen viele Gespräche und tauschen uns aus. Bezogen auf den Fonds fokussieren wir uns auf die Performance und auf den Dialog mit den Unternehmen, in die wir investiert sind. Unser Social Commitment Score hilft uns, Unternehmen im Hinblick auf soziale Kriterien zu bewerten und sie gegebenenfalls auf Nachholbedarf hinzuweisen. So haben wir die Möglichkeit, etwas zu bewegen. Das empfinde ich als ein großes Privileg für uns Fondsmanagerinnen.
Reflektiert das auch zurück auf die DWS?
Auf jeden Fall! Wir haben eine Welle in Bewegung gesetzt. Ohne den Fonds hätten wir Frauen bei der DWS vermutlich nicht so eng zusammengearbeitet. Wir sind besser vernetzt als je zuvor und wir lernen unheimlich viel voneinander. Wir haben eine Art Think Tank ins Leben gerufen, der das Ziel hat, unser Business voranzubringen. Ich bin davon überzeugt, dass die spürbar positive Stimmung die Firma vorantreibt und sich auch in der Außenwirkung bemerkbar macht.
Wie ist denn die Außenwirkung?
Wir haben mittlerweile verschiedene Frauen-Events, auf der Sales-Seite und auch HR-seitig im Rahmen der Talent-Akquisition, die sehr gut angenommen werden. Wir netzwerken jetzt viel mehr, auch firmenübergreifend. Zum Beispiel über die Fondsfrauen. Außerdem gibt es einen regen Austausch mit Fondsmanagerinnen anderer Assetmanager, z.B. von der Deka, von Union Investment und von der AGI. Wir treffen uns etwa einmal im Quartal und tauschen uns aus, bringen uns auch gegenseitig als Panel-Speakerinnen ins Spiel.
Was für Themen besprecht Ihr dabei?
Das ist unterschiedlich. Der Spaß darf natürlich nicht fehlen. Wir wetten auch mal untereinander um die besten Aktienideen. Im Fondsmanagement können es andere Themen sein als im Marketing. Aber unter Frauen sind diese Gespräche sehr offen. Viele von uns – ich selbst auch – sind jetzt auch bei LinkedIn visibler geworden. Dadurch werden junge Talente auf uns aufmerksam, die uns direkt kontaktieren.
Wie kommen die jungen Frauen auf Euch zu?
Sie bewerben sich teilweise initiativ und haben weniger Unsicherheit, wenn sie mitkriegen, dass da auch andere Frauen sind. Ich bin Teil eines Teams, das junge Talente aussucht. Dabei achte ich darauf, dass sich die Frauen in Vorstellungsgesprächen unterstützt fühlen.
Was möchtest Du Frauen aus der Finanzbranche mit auf den Weg geben?
Tut Euch zusammen, brainstormt offen und kreiert Ideen! Wenn wir uns nicht allein fühlen, sind wir oftmals motivierter. Und motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind der beste Garant für Fortschritt, Innovation und den nachhaltigen Erfolg von Unternehmen.
Vielen Dank, für diesen Motivations-Schub, Katharina!