Sascha Beisheim ist bei Fidelity International Senior Sales Manager im Bereich Investment- und Pensionslösungen tätig. Für seine Tochter, die jetzt 21 Monate alt ist, und vor allem sich selbst hat er zwei Monate Elternzeit genommen. In zwei Interviews spricht er mit Fondsfrau Anke Dembowski darüber, welche Erfahrungen er als Mann mit der Elternzeit gemacht hat und wie er diese Zeit im Nachhinein beurteilt. Hier der 2. Teil:

Herr Beisheim, im 1. Teil unseres Interviews haben wir darüber gesprochen, wie Ihr Umfeld reagiert hat, als Sie Elternzeit genommen haben. Jetzt im 2. Teil würden wir gern wissen, wie sich Ihre Elternzeit auf die Familie ausgewirkt hat, insbesondere auf Ihre Beziehung zu Ihrem Kind, aber auch zu Ihrer Frau?
Ich halte es für unglaublich wichtig, gemeinsam Zeit zu haben, gerade wenn man ein kleines Kind hat. Ich kenne ja die alte Welt nicht, aber man hört öfters, dass die Rollenverteilung früher klarer war. Angeblich fielen so Sätze vom Mann wie: „Du hast es doch gut, Du darfst den ganzen Tag zu Hause sein, während ich im Büro arbeiten muss.“ So einen Spruch werde ich zu Hause sicher nicht sagen, weil ich weiß, wie anstrengend es sein. Man lernt sich in der Zeit mal ganz anders kennen, auch in Stress-Situationen. Man ist vielleicht übermüdet, und dann fallen auch mal schlechte Töne. Das kannten wir vorher so nicht, aber uns wurde klar, dass es unter anderem am Faktor Schlafmangel liegt. Meine Frau und ich stellen uns ständig die Frage: „Wie konnten wir im Leben ohne Kind überhaupt müde sein?“ (lacht).

Auch wenn das Elterngeld großzügig ist, haben Sie in der Zeit letztlich weniger Familieneinkommen gehabt. Wie hat sich das angefühlt?
Meine Frau und ich haben ein ganz gutes Gefühl für unsere persönlichen Finanzen. Das haben uns unsere Eltern mitgegeben. Da wir viele Jahre in einer kleinen Mietwohnung mit sehr niedrigen Fixkosten zusammen gelebt haben, konnten wir uns vorher ein Polster aufbauen. Es wäre vermutlich auch anders gegangen, wenn man einfallsreich ist. Beispielsweise kann man sich Gedanken machen, ob man in der Zeit, in der man verreist ist, seine Wohnung vermietet. Da gibt es ja heute vielfältige Möglichkeiten.

Wie war der Wiedereinstieg in den Job, als Sie zurückgekommen sind?
Das war unspektakulär. Man muss ja auch mal die Kirche im Dorf lassen: Andere Kolleginnen und Kollegen machen ja auch mal drei Wochen Urlaub, und bei mir waren es eben zweimal vier Wochen. Ich wusste also noch, wo mein Schreibtisch steht (lacht). Ich hatte in meiner Elternzeit ja auch immer eine Verbindung zu meiner Arbeit, indem ich meine Mails gecheckt habe. So war ich immer noch im Bilde, was vermutlich auch den Wiedereinstieg erleichtert hat. Der war einfach rund.

Arbeiten Sie jetzt Vollzeit oder Teilzeit?
Ich arbeite jetzt Vollzeit und meine Frau Teilzeit, also dann doch irgendwie das alte Rollenbild. So ist meine Frau beruflich in Summe bis zu acht Tage pro Monat unterwegs. Wenn in dieser Zeit in der Kita etwas sein sollte, kann meine Frau nicht einfach herkommen, also springe ich dann gerne ein. Wir sind einfach ein gutes Team. So kommt es, dass ich jetzt auch öfter standby bin. Ich muss also öfter auf mein Handy schauen, ob sich die Kita gemeldet hat. Dieses Standby-Sein ist durchaus eine subtile Belastung, weil man Angst hat, dass man einen Anruf verpasst. Ansonsten müssen wir schon viel koordinieren. Allein das Führen der beruflichen, privaten und des Familien-Kalenders ist eine Herausforderung! Hier passt der Begriff Family Office wortwörtlich sehr gut. Zum Glück gibt es da heutzutage gute Apps, um private Termine mit seiner Partnerin zu teilen, beispielsweise eine hinterlegte Kalender-App.

Würden Sie anderen Vätern raten, Elternzeit zu nehmen?
Ja, auf jeden Fall, wenn es finanzierbar ist. Auf der anderen Seite möchte man ja auch nicht am Rande der finanziellen Möglichkeiten entlang balancieren – das spannt ja das Familienleben auch an.

Warum finden Sie es wichtig, dass Väter Elternzeit nehmen?
Wir müssen ja mal einen Schritt weiter kommen in der Gesellschaft. Oft ist es ja so, dass die Frau nach der Elternzeit nur Teilzeit arbeitet, aber dann verdient sie natürlich weniger. Aber wenn man finanzielle Verpflichtungen hat – die haben wir inzwischen – dann rutscht man schnell in das alte Rollenmuster: Mann Vollzeit, Frau Teilzeit. Wenn der Paygap erst mal behoben ist, kommen wir hier sicher weiter. Ich muss sagen: temporäre Teilzeit wäre auch ein Modell für mich.

Sie arbeiten in einer internationalen Firma. Kennen Sie Familienmodelle in anderen Ländern, die Ihnen positiv oder negativ aufgefallen sind?
Ich habe kürzlich gelesen, dass es in Frankreich das Modell der „Super-Frau“ gibt. Sie bekommt ihr Baby und kehrt dann ganz schnell zurück zur Arbeit. Sie möchte die Erwartungen der Familie und des Arbeitgebers erfüllen. Aber die Gesamtbelastung ist dadurch oftmals sehr hoch. Hier braucht es sicher auch Unterstützung, beispielsweise durch eine Kinderfrau. Letztlich muss das jede Familie für sich entscheiden. Für unsere Familie ist das kein tragfähiges Modell. Vorreiter für eine gleichmäßige Aufteilung der Verantwortung sind sicherlich die skandinavischen Länder. Wir leben in Frankfurt – eine Stadt, die viele zugezogene Familien hat.  Sie haben Oma und Opa oftmals nicht in Greifweite, falls was sein sollte mit dem Kind. Da muss man auf jeden Fall eine stabile Lösung für die Familie finden. Dazu gehören einfach zwei Partner und nicht nur ein Partner, der die ganze Last allein trägt.

Aus Ihrer jetzigen Sicht: Was war die wichtigste Erfahrung, die Sie aus Ihrer Elternzeit mitnehmen?
Das Wichtigste an der Elternzeit ist dass man die Aufgaben, die sonst oft die Frau übernimmt, zu schätzen weiß.

Ist es Ihrer Meinung nach richtig, dass Väter in Deutschland ein wenig in die Elternzeit gedrängt werden, weil sie die 2 Monate bezahlte „freie“ Zeit ansonsten ersatzlos verlieren?
Die gesellschaftlichen Einstellungen haben sich verändert. Darauf hat die Politik zu Recht reagiert und die Elternzeit eingeführt – für beide Elternteile. Das ist sehr positiv. Letztlich ist es ein Angebot – und auch das ist gut so. Jede Familie sollte individuell entscheiden, ob sie solche Angebote annehmen möchte und sich auch finanziell leisten kann. Ich persönlich habe mich absolut nicht in die Elternzeit gedrängt gefühlt. Es war einfach eine tolle Erfahrung, die uns als Familie noch enger zusammengeschweißt hat.

Vielen Dank für das offene Gespräch, Herr Beisheim!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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