Lisa Hassenzahl berät mit dem von ihr gegründeten Her Family Office (her-family-office.de) eine gehobene, überwiegend weibliche Klientel. Da hier auch Themen, die ins Rechtliche oder Steuerliche greifen, berührt werden, setzt sie auf Kooperationen. Wie sie das macht, darüber spricht Fondsfrau Anke Dembowski mit ihr. (Dies ist Teil 2 des Interviews mit Lisa Hassenzahl; das 1. Interview ist hier zu finden)

Lisa, wir hatten im letzten Interview über Deinen Beratungsansatz in Deinem Unternehmen HFO (her-family-office.de) gesprochen. Wie unterscheiden sich Frauen von Männern in der Beratung?
Frauen sprechen mit uns über ihre Gesamtsituation. Sie haben schon Interesse an passenden Finanz-Konstrukten, aber sie wollen das alles gut verstehen. Frauen wollen eher keine Fachsimpeleien über einzelne Märkte. Vermutlich wissen die: Die weiß auch nicht sicher, wie die Zukunft aussieht! Und damit liegen die ja richtig!

Du sagst, Frauen sprechen mit Dir über ihre Gesamtsituation. Was besprechen denn Deine Kundinnen so alles mit Dir?
In dem Segment, in dem wir arbeiten, sprechen wir im Grunde über alles. Das ist sehr spannend, aber auch ernüchternd, weil wir das Finanzielle und auch das Persönliche mitbekommen. Ich glaube, das ist ein Unterschied zwischen der Beratung von Frauen und Männern: Die Tiefe, in der meine Mandantinnen auch über ihre persönlichen Anliegen, also auch über die seelischen und emotionalen Aspekte, sprechen.

Was denn zum Beispiel?
Beispielsweise wenn sich Frauen mit dem Gedanken tragen, sich scheiden zu lassen. Wir reden teilweise mit gut situierten Frauen, die in dieser Situation strategische Entscheidungen treffen wollen, Unterlagen sammeln, und so weiter. Dass sie das bei mir ansprechen, liegt vielleicht auch daran, dass ich eine Frau bin.

In der Finanzplanung geht es um eine ziemlich breite Palette an Wissen, die für die Beratung Deiner gehobenen Klientel vonnöten ist. Welche Ausbildung hast Du gemacht, um Dir die notwendigen Fachkenntnisse anzueignen?
Ich habe ein duales Studium gemacht: An der Frankfurt School studiert, und gleichzeitig bei einem Vermögensverwalter, der auch Finanzplanung anbietet, gearbeitet. Das war gut, und ich konnte dann schon sehr spezifisch arbeiten und Berufserfahrung sammeln.

Anschließend habe ich noch den CFP draufgesattelt. Dort habe ich das gelernt, was Du angesprochen hast: Die Vernetzung der Themen Kapitalanlage, Recht, Steuern. Sich darüber bewusst zu sein: Wo gibt es Wechselwirkungen? Wo muss ich hellhörig werden?

Ich halte den CFP für notwendig in der Finanzplanung. Damit erhält man einen guten Rundumblick: Das Bewusstsein für spezielle Problemquellen, aber auch für die eigenen Grenzen.

Weitergeholfen hat mir auch die Ausbildung zum Testamentsvollstrecker. Viele berufstätige Frauen haben keine Kinder und haben hier einen hohen Beratungsbedarf.

Nicht nur der Finanzmarkt, sondern auch die Bereiche Steuern, Erbschaftsplanung und so weiter ändern sich ständig. Wie hältst Du Dich auf dem Laufenden, d.h. wie bildest Du Dich weiter?
Beim CFP verpflichtet man sich dazu, sich laufend fortzubilden; man muss Weiterbildungs-Punkte sammeln. Natürlich lese ich Zeitung und höre täglich Nachrichten. Das sind eher die breiteren Nachrichten. Dazu lese ich auch fachbezogene Magazine. Und dann kommt der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Da ist es am besten, ein ganzes Netzwerk aus Experten, zum Beispiel aus Fachanwälten und Steuerberatern, zu haben.

Als Finanzanlagenberaterin darfst Du ja keine explizite Rechts- und Steuerberatung machen. Wo genau verläuft die Grenzlinie?
Das stimmt, es ist sehr wichtig zu wissen, wo man am Ende seiner eigenen Kompetenz ist! Die Grenze ist nicht scharf definiert, aber als Orientierung gilt: Solange die rechtliche und steuerliche Einschätzung ein untergeordneter Aspekt der Finanzplanung ist, darf ich das machen. In keinem Fall dürfen wir aber Dokumente wie etwa Eheverträge oder Testamente aufsetzen.

In der Praxis machen wir es so: Wir machen eine Voranalyse und geben einen groben Überblick über diejenigen Aspekte, die grundsätzlich wichtig sind. Wenn die Mandantin beispielsweise kein Testament hat, bekommt sie gesagt, was passiert, wenn sie jetzt stirbt.

Wie geht es dann weiter?
Wir geben nicht nur eine Visitenkarte weiter, sondern begleiten solche Fragestellungen, nachdem wir die notwendigen Erstgespräche mit entsprechenden Fachanwälten koordiniert haben. Meine Aufgabe dabei ist auch, das ein Stück weit zu übersetzen. Im Testament oder im Ehevertrag werden ja keine einzelnen Szenarien geregelt, sondern ein allgemeiner Weg eingeschlagen, z.B. Zugewinngemeinschaft oder Versorgungsausgleich. Wir erklären dann, was das im Einzelnen für die Kundin heißt. Gerade Zugewinngemeinschaft und Versorgungsausgleich sind zwei neuralgische Bereiche. Da ist es wichtig, mit guten Leuten zu arbeiten. Hier macht es einen großen Unterschied, mit wem man sich berät.

Wenn Du sagst, Du arbeitest in einem Netzwerk, wie baust Du Dein Netzwerk auf? Wo suchst Du nach Netzwerk-Partnern?
Das ist unterschiedlich. Im Prinzip ist es das Ergebnis von vielen Jahren Arbeit. Man kann auch Netzwerk-Partnerinnen fragen, mit denen die schon gut zusammenarbeiten. Ein anderer Weg ist die Weiterbildung: Ich versuche beispielsweise, nicht nur zu Weiterbildungs-Anbietern für Finanzdienstleister zu gehen. Den Testamentsvollstrecker habe ich bei einem Anbieter gemacht, zu dem überwiegend Fachanwälte gehen. Das war sehr gut für die Erweiterungen meines Netzwerks in diesem Bereich!

Aber am Ende des Tages ist es schon so: Netzwerken ist nichts, das auf einmal abgeschlossen ist. Da muss man ständig dran arbeiten und sich einbringen.

Du bist auch im Vorstand des Financial Planning Standards Board Deutschland e. V. Helfen solche Extra-Tätigkeitsfelder, die ja auch Zeit und Aufwand kosten, beim Netzwerken?
Ja, auf jeden Fall! Der FPSB ist schon eine Instanz in Deutschland. Meine Tätigkeit dort bringt nicht nur beim Netzwerken sehr viel, sondern ich werde dadurch auch verstärkt von der Presse und anderen Medien wahrgenommen. Ich nehme damit eine eher neutrale Position ein. Ich kann nur sagen: Solche Gremien-Positionen sind immer gut, sofern man sie in die eigene Zeitplanung einbeziehen kann.

Sind Deine Kooperationspartner alle weiblich, oder hast Du auch männliche Netzwerk-Partner?
Ich präferiere weibliche Netzwerk-Partner, aber nicht um jeden Preis. Die fachliche Kompetenz und dass man auf einer Wellenlänge miteinander spricht, gehen vor Geschlecht. Der Erbrechtler, mit dem ich kooperiere, ist beispielsweise ein Mann.

Hast Du auch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter?
Ja, aktuell sind wir zu dritt im Team, aber wir wachsen erfreulicher Weise. Daher bin ich laufend auf der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen.

Mal unter uns: Was war die unerwartetste Frage einer Frau in Deinen Beratungsgesprächen?
Am Anfang war für mich die unerwartetse Frage einer Mandantin: Worauf muss ich achten, wenn ich mich scheiden lassen will? Wie stelle ich mich dafür sinnvoll auf? Wie gehe ich das an? Die hatte die klare Absicht sich scheiden zu lassen. Mich hat damals überrascht, wie strategisch sie das anging. Die meisten Frauen gehen die Scheidung ja längst nicht so strategisch an wie ihre Hochzeit! Aber Gespräche mit Familienrechtlerinnen ergeben, dass es viele Frauen gibt, die ihre Scheidung strategisch planen.

Und die Themen von Männern?
Hier geht es sehr viel stärker um die Kapitalanlage, Marktentwicklungen und alles, was damit zusammenhängt. Natürlich geht es auch um Themen der Finanzplanung, aber ganz besonders schwer tun sich Männer mit der eigenen Nachfolgeplanung.

Wie lässt Du Dich vergüten?
Wir arbeiten überwiegend auf Honorar oder mit einer Verwaltungs-Gebühr.

Die Frage Provision oder Honorar wird ja gern von den Medien gehypt. Spielt sie überhaupt eine große Rolle?
Ich sehe das Thema Provision oder Honorar viel unemotionaler als es in den Medien diskutiert wird. Auch die Art der Zulassung hat meines Erachtens nichts mit der Qualität der Beratung zu tun. Wir haben beispielsweise eine Zulassung, mit der wir auch Provisionen vereinnahmen können. Es gibt nämlich auch gute Gründe, die für eine Provisionsberatung sprechen. Beispielsweise spart man sich bei Produkten mit Provision die Mehrwertsteuer, weil Provisionen mehrwertsteuerfrei sind. Außerdem gehen die Beratungskosten bei Provisions-Produkten in die Einstiegskurse mit ein und sind damit steuerlich anrechenbar. Dagegen lässt sich ein Beratungs- oder Verwaltungshonorar nicht steuerlich absetzen.

Wie erklärst Du Deinen Kundinnen, was Du genau anbietest?
Wir haben zwei Aspekte, auf die wir schauen und klären daher im Erstgespräch: Braucht die Kundin eine Finanzplanung, oder muss es eine Family-Office-Lösung sein? Das hängt davon ab, wie umfangreich der Prozess sein muss, den die Kundin jeweils braucht.

Wir beobachten, dass wir aktuell viele Anfragen von Frauen bekommen, die eher einzelne Finanzplanung oder zum Beispiel nur eine Depotanalyse und keine Family-Office-Lösung brauchen. Daher arbeiten wir derzeit an modularen Lösungen.

Welche Aspekte bietet ihr hier an? Und lässt sich das skalieren?
Da geht es zum Beispiel um ein Depot, das mal einen Checkup braucht. Manche Aspekte lassen sich besser skalieren als andere, aber mir ist wichtig, dass wir Lösungen haben, die auch Frauen weiterhelfen, die nicht Mandantin im Family Office werden wollen oder können.

Du bist in Darmstadt ansässig. Wo sind Deine Kundinnen zu Hause?
Unsere Kundinnen kommen wirklich aus ganz Deutschland. Ich kenne manche tatsächlich auch nur durch Videokonferenzen, viele habe ich ein oder zwei Mal persönlich gesehen und seither geht alles digital. Gerade bei größeren Vermögen ist es mir und auch den meisten Kundinnen dann schon wichtig, sich auch mal persönlich kennenzulernen, aber grundsätzlich wäre auch alles digital möglich.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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