Lisa Hassenzahl hat 2019 Her Family Office (her-family-office.de) gegründet, wo sie vermögende Frauen in allen finanziellen Angelegenheiten berät. Da geht es nicht nur um die reine Kapitalanlage, sondern auch um Themen wie Testament, Ehevertrag, und so weiter. Wie sie das macht, darüber spricht sie mit Fondsfrau Anke Dembowski. (dies ist Teil 1 des Interviews mit Lisa Hassenzahl; das 2. Interview mit ihr folgt in Kürze)

Lisa, Du bietest Finanzberatung für Frauen an. Wie beschreibst Du Deine Zielklientel?
Wir richten uns an Frauen, die Finanzplanungsbedarf haben, also eine vernünftige Strukturierung ihrer Finanzen benötigen. Manche haben dann auch Bedarf an entsprechenden Lösungen.

Wie groß sollte das Vermögen sein, das Deine Kundinnen mitbringen?
Für die laufende Betreuung im Family Office sollten sie ein Mindestvolumen von 1 Mio. Euro investierbares Vermögen haben. Ist der Betrag geringer, kommt es drauf an, wie umfangreich die Beratung sein soll. Wird ein weiterer Betreuungs-Umfang gewünscht, sollten unsere Kundinnen 5 Mio. Euro haben. Dann können wir beispielsweis auch die Abrechnung für Immobilien übernehmen.

Wichtig ist, dass unsere Kundinnen offen gegenüber Themen wie Finanzplanung und Strukturierung sind. Meistens handelt es sich um Unternehmerinnen oder Frauen in Führungspositionen (C-Level), aber auch um Frauen, die durch Erbschaft, Schenkung oder Scheidung zu Geld gekommen sind.

Der Begriff Family Office wird gern sehr breit verwendet. Was verstehst Du darunter?
Wir verstehen unter dem Begriff Family Office, eine vollumfängliche Dienstleistung zu liefern, runter skaliert auf die jeweilige Person. Wenn jemand zu uns kommen möchte und eine geringere Summe hat, können wir die Dienstleistung entsprechend anpassen.

Stellen vermögende Kundinnen bisher eine Lücke im Bereich Female Finance dar? Dort sehe ich sonst eher kleinere Themen, z.B. ob ein Sparplan schon ab 25 Euro geht und wie man mit kleinen Schritten ein bescheidenes Vermögen aufbaut.
Ja, das ist so! Auf dem Level, auf dem wir arbeiten, gibt es ganz klar eine Lücke in der deutschsprachigen Beratungs-Landschaft, die sich an Frauen richtet.

Mir ist aber wichtig: Wir sollten mit allen Frauen über Finanzen sprechen, auch mit denen, die wenig Geld haben. Daher sind alle Beratungsangebote, die sich an Frauen wenden, wichtig und haben ihre Berechtigung. Das beinhaltet aber auch die Frage: Was ist mit den Frauen, die im Prinzip Luxusprobleme haben, bei denen es nicht um den 25-Euro-Sparplan geht?

Wichtig ist auch, dass diejenigen Frauen eine Beratungsmöglichkeit finden, bei denen man in der Beratung keine grüne Wiese vorfindet. Viele haben ja schon ein breites Portfolio an Investments, teilweise selbst aufgebaut, teilweise geerbt. Die wollen oft wissen: Wer kann mir jetzt helfen? Was soll ich tun? Wir gehen auch auf die Bedürfnisse dieser Frauen ein. Wir nehmen uns die Zeit dafür, das alles einmal zu sortieren und bieten dafür eine geschützte Atmosphäre.

Wie finden diese anspruchsvollen Kundinnen zu Dir, oder wie findest Du diese Kundinnen?
Das ist unterschiedlich. Im klassischen Family Office-Klientel ist das Empfehlungsgeschäft stark; Frauen empfehlen übrigens öfter als Männer. Wenn es um „kleine“ Beträge geht, finden die Kundinnen auch oft über Social-Media-Kanäle zu uns. Wir gehen ja stark content-gerichtet nach außen, z.B. im Fernsehen, mit Interviews, oder mit Podcasts bei Brigitte oder herMoney.

Was bringt am meisten?
Das ist immer schwer zu sagen. Es ist die Gesamtheit. Ich halte Podcasts für ein sehr effizientes Instrument, gerade wenn ich spezielle Themen anspreche. Die Podcasts von herMoney und das Brigitte-Podcast „what the finance“ haben eine hohe Reichweite.

Um welche Fragestellungen geht es bei Deinen Gesprächen? Welche Ansprüche haben Deine gehobenen Kundinnen?
Der Einstieg ist oft, dass große Beträge auf dem Konto liegen und dafür Verwahr-Entgelt zu zahlen ist. Beispielsweise wenn eine Frau eine halbe Million Euro auf dem Konto hat, durch Abfindung oder Erbschaft. Die haben dann oft den Wunsch, das nun professionell anzugehen.

Das Gros meiner Kundinnen ist etwa Mitte 40 bis Mitte 60. Die wünschen sich auch, einen Überblick über ihre Finanzen zu bekommen. Wo stehe ich? Was habe ich an Vermögenswerten? Sind die sinnvoll investiert? Auch das Thema Ruhestandsplanung wird oft angesprochen. Bei Unternehmerinnen geht es auch um Fragen zur Nachfolge-Planung.

Gerade bei Frauen fällt auf, dass sie aktiv nach Testament und Regelungen für Risikofälle fragen. Sie sind dankbar, wenn man das anspricht – das ist wirklich ein großer Unterschied zu den Männern!

Wieviel braucht Frau denn für eine komfortable Ruhestandsplanung?
Das hängt natürlich immer sehr stark von den eigenen Ansprüchen und den damit verbundenen Lebenshaltungskosten ab. Bei den Ansprüchen unserer Klientel reden wir schnell von mindestens einer Million, die es an Vermögen braucht, um den Ruhestand zu finanzieren. Nach oben gibt es wie so oft keine Grenze.

Auch viele Private Banking-Abteilungen der Banken buhlen um die gehobene Kundschaft. Was unterscheidet Deinen Ansatz von ihrem?
Wohlhabende Frauen sind bei den Banken als attraktive Zielgruppe sehr präsent. Natürlich hätten sie sie alle gern als Kundinnen! Aber in den höheren Beraterpositionen bei den Banken gibt es nur wenig weibliche Beraterinnen. Entsprechend können die Frauen oft nicht von einer Frau beraten werden, und manche legen eben Wert darauf.

Wie unterscheidet sich das denn?
Frauen und Männer unterscheiden sich in der Art der Gesprächsführung. Die Art und Weise, wie ein Gespräch abläuft, ist unterschiedlich. Frauen haben in der Regel ein größeres Informations-Bedürfnis als Männer und brauchen oft länger, bis sie Entscheidungen treffen. Das mögen die Banken nicht, weil dort die Zeit nicht da ist. Dort möchte man schnell zum Produktverkauf kommen.

Da gilt es noch, ein besseres Bewusstsein zu schaffen. Es gibt schon gute Berater in Banken, aber viele haben schlicht kein Gespür dafür, was Frauen anders möchten. Teilweise höre ich wirklich krasse Geschichten… da werden Frauen manchmal behandelt wie kleine Mädchen!

Wenn Du Dich auf die Beratung von Frauen konzentrierst: Hast Du auch andere Produkte – weibliche Produkte – im Angebot, oder ist es eher die andere Herangehensweise, die den Unterscheid zur Beratung von Männern macht?
Nein, bei mir kommen nicht grundsätzlich andere Produkte zum Einsatz. Möglicherweise gibt es aber andere Schwerpunkte. Frauen investieren gern in breit gestreute Investmentfonds oder ETFs, anstatt in Einzelaktien, aber Frauenfonds halte ich für Quatsch. „Rosa Produkte“ sind eine Entwicklung, die man beobachten sollte, denn oft läuft es darauf hinaus, dass Frauen mehr zahlen sollen. Klar kann man einen Gender Equality Fonds abbilden, aber nur wenn man der Meinung ist, dass das ein Investment-Case ist! Wir müssen höllisch aufpassen, wenn Frauen in eine rosa Produktschiene gedrängt werden sollen!

Wie rechnest Du ab? Nimmst Du Provision, Zeit-Honorar, oder ein anders gestaltetes Honorar ein?
Das kommt darauf an, welchen Aspekt wir beleuchten. Finanzplanung, Analysen, Strukturierungen werden bei uns immer mit Honorar vergütet. Das Erstgespräch ist bei uns kostenfrei; dann unterbreiten wir ein Honorarangebot für die gewünschte Dienstleistung. So wissen unsere Mandantinnen im Voraus, welches Honorar für welchen Schritt auf sie zukommt. Für die laufende Betreuung verlangen wir eine prozentuale Service-Vergütung auf das betreute Vermögen, also kein Stunden-Honorar.

Provisionen vereinnahmen wir nicht, denn das würde im Widerspruch zu dem stehen, was wir tun. Es gibt allerdings Produkte, bei denen eine Provision eingepreist ist; gerade bei Versicherungen ist das oft der Fall. Das legen wir dann offen und verrechnen es mit unserem Honorar.

Es wird oft gesagt, dass ein Mann keine gute Altersvorsorge ist. Mich interessiert, ob ein Mann nicht doch eine gute Altersvorsorge ist… Auf wie hoch schätzt Du den Anteil von Frauen in Deutschland, die ein liquides Vermögen von sagen wir über 300.000 haben, die es selbst verdient haben? Und wie viele haben es geerbt oder sind mit ihrem Mann zu Wohlstand gekommen?
Von den Frauen, die zu mir kommen, haben etwa 80% ihr Vermögen selbst erwirtschaftet – durch unternehmerische Tätigkeiten oder Angestellten-Verhältnisse. Wenn allerdings sehr junge Frauen ein Vermögen von über 300.000 Euro haben, dann kommt das oft aus Erbschaften… da macht sich dann schon die Erbengeneration bemerkbar.

Aber Du hast Recht: Oft erweist sich ein Mann eben doch noch als gute Altersvorsorge. Ich schätze, dass bezogen auf ganz Deutschland der Anteil der wohlhabenden Frauen, die über ihren Mann zu einem nennenswerten Vermögen gekommen sind, bei mindestens 50% liegt. Insbesondere bei den Älteren ist das oft noch so. Hier ist das Problem aber oft, dass kein Ehevertrag vorliegt. Viele Ehefrauen haben nämlich zusammen mit ihrem Mann ein großes Vermögen aufgebaut.

Wenn es nach mir ginge, wären bei einer Eheschließung beide Partner grundsätzlich verpflichtet, jeweils ihr Anfangsvermögen zu erfassen. Das ist bei einer Scheidung, die 10, 20 oder mehr Jahre nach der Hochzeit stattfindet, oft sehr schwer, rückwirkend zurückzuverfolgen.

Was rätst Du Frauen, die wirtschaftlich gut verheiratet sind?
Nach wie vor ist es nicht ausreichend, einen Mann zu heiraten und dann zu sagen: Ab jetzt interessieren mich Finanzen nicht mehr. Mein Aufruf ist daher: Kümmert Euch trotzdem um Eure Finanzen! Informiert Euch darüber, wie ihr finanziell aufgestellt seid!

Vielen Dank für das Gespräch, Lisa! Wir sind gespannt auf das 2. Interview  mit Dir!

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

Förderer