Es geht: Ein anspruchsvoller Job in Teilzeit! Bei der Apo Asset Management in Düsseldorf wird derzeit die Verantwortung für die Kommunikation auf zwei Teilzeit-Kräfte verteilt. Wir sprechen mit den beiden Teilzeitkräften Sandra Düppe und Andreas Grotz, sowie mit deren Chef und Geschäftsführer des Hauses, Claus Sendelbach. Wie sind die Erfahrungen mit diesem Modell? Und was können andere Häuser davon lernen?

Wie kam es dazu, dass Sie den Job auf zwei Mitarbeiter aufgeteilt haben?
Claus Sendelbach:
Wir haben viele junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen ein beträchtlicher Teil Familie hat. Wenn eine Elternzeit ansteht, müssen wir als Arbeitgeber längere Abwesenheitszeiten einplanen. Das war bei uns zuletzt sowohl in der Kommunikations- als auch in der Compliance-Abteilung der Fall. Daher haben wir neue Kolleginnen und Kollegen ins Unternehmen geholt und ihnen zunächst befristete Arbeitsverträge angeboten, ursprünglich für ein Jahr. Deren Qualität war sehr gut, und bei den Gesprächen mit den Rückkehrenden stellte sich heraus, dass diese bei der Stundenzahl nicht wieder auf 100% gehen wollten. Wir sind also eher indirekt auf die Jobsharing-Lösung gekommen, als dass es eine strategische Entscheidung war. Am Ende kam die Initiative dann aber von der Geschäftsleitung, weil wir zum einen die Elternzeitvertretungen nicht verlieren wollten, weil sie sehr gut waren, und wir zum anderen auf Grund unseres starken Wachstums unser Team auf Sicht erweitern wollten. Aus diesem Grund wollten wir auf jeden Fall die Kapazität eher auf- als abbauen.

Wie haben Sie die Teilzeit-Stellen organisiert?
Andreas Grotz:
Sandra Düppe und ich haben uns die Stelle in der Kommunikationsabteilung aufgeteilt. Begonnen hat es mit einer Aufteilung von 50:50. Mittlerweile sind wir aber bei 70 und 80, es hat sich also gut entwickelt.

v.l.n.r.: Claus Sendelbach, Sandra Düppe, Andreas Grotz
Foto: Apo Asset Management

 

 

Wie läuft die Abstimmung zwischen Ihnen beiden?
Sandra Düppe:
Die Abstimmung und die Übergabe sind bei Andreas Grotz und mir Teil des Tagesablaufs. Die Übergabe machen wir entweder persönlich oder telefonisch. Im Corona-Jahr 2020 war eine persönliche Übergabe oft nicht möglich, obwohl uns der persönliche Austausch eigentlich sehr wichtig ist. Die Übergabe machen wir jeweils nach und vor unseren jeweiligen freien Tagen. So eine Übergabe dauert etwa 30 Minuten. Als Mitarbeiter sind wir hier aber flexibel. Wir können uns also auch mal an unserem freien Tag abstimmen.

Claus Sendelbach: Zusätzlich zur Abstimmung zwischen den beiden Job-Sharern haben wir noch einen wöchentlichen Jour Fixe, an dem die beiden Kommunikations-Verantwortlichen und ich zusammenkommen. Das ist wichtig, damit wir eine einheitliche Informations-Basis haben und keine Doppelarbeit gemacht wird. Ohne eine genaue Abstimmung funktioniert Team-Arbeit nicht.

Sind Sie als Arbeitgeber mit der Lösung zufrieden?
Claus Sendelbach:
Ich muss dazu sagen, dass wir mit 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein relativ kleines Haus sind. Und in unserer Belegschaft hatten wir drei solcher Job-Sharing-Teams. Bei Frau Düppe und Herrn Grotz klappt die Zusammenarbeit hervorragend. Wir hatten andere Job-Sharing-Teams, bei denen es auch mal nicht funktioniert hat. Die beiden müssen sich verstehen und teamfähig sein, sonst geht es nicht. Aber wenn es funktioniert, dann ist 1 + 1 tatsächlich 2,5! Wir haben auch interne Umfragen durchgeführt, und es gab keinerlei Beschwerden über die Job-Sharing-Teams.

Wie funktioniert das dann mit der Bonus-Vereinbarung bei einem Team, das so eng zusammenarbeitet?
Claus Sendelbach:
Wenn ich Team-Kompetenz und soziale Kompetenz sage, dann bedeutet das, dass die beiden sich vertrauen und keine Konkurrenzsituation aufbauen, dass also z.B. keine wichtigen Informationen zurückgehalten werden oder Ähnliches. Der Bonus wird bei uns individuell vergeben, auf Grund einer persönlichen Evaluierung durch die Geschäftsleitung.

Haben weitere Mitarbeiter Interesse an Job-Sharing angemeldet?
Claus Sendelbach:
Ja, aber es ist nicht immer umsetzbar. Beide müssen gute Teamplayer sein.

Außer dass die zwei gute Teamplayer sein müssen, welche Voraussetzungen müssen noch erfüllt sein, damit es gut läuft, wenn eine Führungsposition auf zwei Mitarbeiter aufgeteilt wird?
Claus Sendelbach
: Wir haben keine Stechuhr bei uns, sondern Vertrauensarbeitszeit, da schaue ich auch nicht auf die Uhr. Sie brauchen allerdings klare Regeln. Bei einem Job-Sharing-Team möchte ich auf jeden Fall wissen, wer an welchem Tag da ist.

Dann gibt es natürlich immer Sondersituationen, insbesondere bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Kindern, oder für Arztbesuche. Wenn z.B. der Kindergarten anruft, daß die Tochter oder der Sohn auf den Kopf gefallen ist, gibt es keine Frage, das geht natürlich vor! Das ist ganz klar unsere Unternehmens-Philosophie. Auf der anderen Seite wird uns als Geschäftsleitung auch Flexibilität entgegengebracht, wenn wir in dringenden Fällen auch mal außerhalb der Arbeitszeit anrufen – was wir nach Möglichkeit versuchen zu vermeiden.

Ist nicht die Rüstzeit bei einem 4-Stunden-Tag höher als bei einem 8-Stunden-Tag?
Claus Sendelbach
: Ja, bei minutengenauer Zeiterfassung wäre das so. Aber bei uns stellt sich die Frage der Rüstzeiten so nicht, weil wir im Regelfall ganze Tage haben. Wenn z.B. die Kommunikationsabteilung mit ihrer Arbeit beginnt, hat sie bereits die Tagespresse gelesen. Danach beginnt ein 8-Stunden-Tag. So würden wir es auch empfehlen.

Was möchten Sie anderen Arbeitgebern, die so etwas ausprobieren wollen, mit auf den Weg geben?
Claus Sendelbach
: Zwei Dinge. Zum einen: Es funktioniert nicht überall, sondern hängt von den jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab. Wenn diese nicht teamfähig sind, kann es gefährlich werden, wenn beispielsweise bei der Übergabe absichtlich wichtige Details verschwiegen werden. Zum anderen: Ich habe festgestellt, dass solche Team-Modelle im Rahmen einer Vertrauensarbeitszeit sogar effizienzsteigernd sind.

Und was sagen Sie als Team-Kollegin bzw. -Kollege dazu?
Sandra Düppe:
Ich bin Mutter von einem Kind im Grundschul-Alter. Für mich ist es ein tolles Gefühl, dass ich trotz reduzierter Stundenzahl mit Andreas Grotz zusammen die vollständige Bandbreite im Kommunikationsmanagement bedienen kann und wir Leistung auf hohem Niveau bringen. Ich finde unser Modell sehr gut und es erhöht meine Motivation. Dass die Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Andreas Grotz reibungslos funktioniert, hat sich insbesondere während des Corona-Lockdowns gezeigt. Trotz überwiegend virtuellem und telefonischen Austauschs haben wir uns wöchentlich unkompliziert den Staffelstab übergeben. Zu Beginn von Projekten stimmen wir seit jeher kurz ab, wer im Lead ist und spielen uns dann die Bälle flexibel hin und her. Das ist eine gute Balance zwischen frei agieren und miteinander bewegen.

Andreas Grotz: Toll ist, dass wir auch in Teilzeit jeweils eine verantwortungsvolle Position haben. Das ist wirklich gelebte Vereinbarkeit von Familie und Beruf! Wir bedienen ja fachlich anspruchsvolle Themen, wie Gesundheit, Asset Management und digitales Marketing. An diesen Themen muss man dranbleiben, und die Praxis zeigt, dass das auch mit einer Teilzeitstelle geht. Was ich anfangs gar nicht so erwartet hätte ist, dass wir beide alle Themen bearbeiten können. Wir haben mit der Zeit aber auch unsere jeweiligen Stärken und Neigungen kennengelernt und setzen diese ganz gezielt ein. Youtube-Videos mache ich z.B. lieber vor der Kamera, Sandra Düppe dagegen bevorzugt deren technische Abwicklung. So sind wir beide zusammen noch effizienter.

Claus Sendelbach: Das ist sicher auch noch ein wertvoller Tipp: Als Führungskraft muss man den Mitarbeitern die Selbstorganisation überlassen. Wenn ich hier bestimmt hätte, Herr Grotz macht dies und Frau Düppe jenes, wäre das nicht gut. Das sollten die beiden selbst finden, sonst würde ein Teil der Synergien verloren gehen.

Vielen Dank für dieses inspirierende Interview und die tiefen Einblicke! Und toll, dass es geht!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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