Daria Lebert arbeitet als Manager Fund Sales bei der renommierten Fondsgesellschaft Flossbach von Storch. Ursprünglich wollte sie Lehrerin werden, ist also eine Quereinsteigerin in die Finanzbranche. Wie sie die Branche sieht und was sie daran fasziniert, darüber spricht sie mit Fondsfrau Anke Dembowski.

Daria, Du bist eine Quereinsteigerin in die Finanzbranche. Kannst Du uns sagen, was Deine ursprüngliche Ausbildung ist und wie Du dann in die Finanzbranche gekommen bist?
Ich habe Lehramt studiert, wollte Lehrerin für Deutsch und Sozialwissenschaften werden – eine klassische Beamten-Laufbahn also. Während des Sozialwissenschafts-Studiums habe ich gemerkt, wie spannend Ökonomie sein kann. Darauf habe ich dann meinen Fokus gelegt. Leider lernt man im Lehramtsstudium nur sehr wenig über Geldanlage im Allgemeinen und die Funktionsweise von Börsen und Wertpapiergeschäften im Speziellen. Mit meinen Eltern hatte ich über diese Themen in meiner Jugendzeit auch nicht gesprochen, obwohl mein Vater – er ist Controller – sehr zahlenaffin ist. Mir erschien der Bereich sehr interessant, aber ich habe mir auch Sorgen gemacht und mich gefragt: „Was machst Du, wenn Du vor der Klasse stehst und nichts dazu sagen kannst?“ Ich habe mich dann „eingelesen“; mein erstes Buch war tatsächlich „Börse für Dummies“.

Und wie bist Du dann in die Finanzbranche gekommen?
Eine Freundin arbeitete bei der Deutschen Bank in der Baufinanzierungs-Abteilung und betreute dort IFAs. Einer dieser IFAs hat jemanden für die Ablage gesucht. Den Job habe ich angenommen, um mir das Studium zu finanzieren. Nach 3-4 Monaten war ich begeistert von der Finanzwelt. Mein damaliger Chef war ein Haftungsdach-Partner und hat daher auch Portfolio Management mit Einzelwertpapieren angeboten. Dadurch habe ich sofort praktische Erfahrungen sammeln können.

Und, bist Du geblieben?
Zum Leidwesen meiner Familie, die sich mit einer Beamten-Laufbahn für die Tochter wohler gefühlt hätte, ja. Ich habe mein Lehramts-Staatsexamen abgeschlossen, während ich schon die Ausbildung zur Fachberaterin für Finanzdienstleistung angefangen habe.

Was war es, das Dich an der Finanzbranche so fasziniert hat?
Wirtschaft ist ungemein vielschichtig; es passiert so viel Unvorhersehbares, so viel Neues. Und man arbeitet eigenverantwortlich, ist frei. In der Schule dagegen geht es immer um die gleichen Themen, auch wenn sich Schülerschaft und Lehrmethoden ändern – die Inhalte aber bleiben weitgehend identisch. Ich bin ein Mensch, der offen ist für die Welt, für Neues, der sich gern Gedanken darüber macht, wie sich Strukturen ändern – und man sich möglicherweise selbst ändern muss. Außerdem bin ich gerne Herrin über meine Altersvorsorge. Ich möchte auf meine Füße fallen statt auf die Füße eines anderen.

Du bist jung, wie sehen Deine gleichaltrigen Freundinnen die Finanzbranche?
Eigentlich interessiert sich kaum eine für das Thema Altersvorsorge. Wenn, dann tun das eher die Männer. Frauen würden das vielleicht auch gern lernen, aber die Hemmschwelle ist immer noch sehr groß.

Wie hast Du bei Deinem Eintritt in die Finanzbranche argumentiert, dass Du die Geeignete für den Job bist? Anders gefragt: Was glaubst Du, hat Deinen 1. Arbeitgeber in der Finanzbranche an Deinem Lebenslauf überzeugt?
Anfangs war es nicht schwierig, weil es ja nur ein Orga-Job war. Der Chef wird gedacht haben: „Toll, die macht die Arbeit – und ich habe meine Ruhe!“ Schwieriger war es dann, vom B2C-Geschäft auf die B2B-Ebene zu kommen. Ich wollte nämlich nicht wieder bei einem IFA arbeiten, sondern einen breiteren Überblick über die Investmentbranche bekommen. Ich möchte hinzulernen, mich weiterentwickeln. So bin ich dann zur Sauren Fonds-Service AG gekommen.

Jetzt bist Du als Manager Fund Sales bei der Fondsgesellschaft Flossbach von Storch tätig. Kannst Du erzählen, wie Deine Arbeit aussieht?
Ich betreue aktiv unsere Vertriebspartner in der Region Westen, und zwar Nicht-Banken, also unabhängige Anlageberater, Pools und Versicherungen. Ich „pitche“ für unsere Fonds, baue Bestandsgeschäft aus und Neugeschäft auf. Dabei berate ich auch zu Themen wie Geschäftsentwicklung und -modernisierung, z.B. wie man Kundenberatung durch Umstellung auf Vermögensverwaltungsstrategien effizienter gestalten kann. Normalerweise reise ich in dem Job viel, aber zu Corona-Zeiten funktioniert das meiste auch digital.

Die Finanzbranche gilt als männerdominiert. Hast Du als junge Frau den Eindruck, dass das noch so ist?
Ich habe das Gefühl, dass diese alten Strukturen schon etwas aufgebrochen sind – vor allem dank Eurer Generation, vielen Dank dafür! Ein grundlegender Wandel braucht aber Zeit; die Vorbehalte gegenüber Frauen sind immer noch da. Manchmal werde ich mehr oder minder unverblümt gefragt: „Toll, dass Sie das machen, aber können Sie das denn überhaupt?“ Auch wenn ich als Frau vielleicht leichter ins Gespräch mit unseren Vertriebspartnern komme, habe ich dann mehr Arbeit, weil die Leute bei mir nicht dieselbe Kompetenz vermuten wie bei einem Mann. Manchmal werde ich auch regelrecht auf die Probe gestellt. Zum Glück bin ich eher extrovertiert, denn meiner Erfahrung nach haben es zurückhaltende Frauen in der Finanzbranche immer noch schwer.

Du wirst bald Mutter… wie hast Du Deine Auszeit und danach den Wiedereinstieg geplant?
Ich werde nach sieben Monaten Elternzeit wieder Vollzeit in den Job zurückkehren. Mein Mann und ich teilen uns die Elternzeit 50:50 auf, einen Monat nehmen wir zusammen. Danach müssen wir sehen, ob nur ich, oder auch mein Mann wieder Vollzeit arbeitet. Dann sind wir auch auf die Hilfe unseres sozialen Umfelds angewiesen – neben der Familie natürlich auch eine Kita oder eine Tagesmutter. Ich bin ein großer Fan von Mehrgenerationen-Erziehung und unsere Eltern und Schwiegereltern wohnen in der Nähe. So ein familiäres Netzwerk ist gerade mit Kind sehr hilfreich.

Wie reagieren Deine Freundinnen darauf, dass Du nach 7 Monaten wieder in Vollzeit zurückkehrst?
Ich spüre zwar keine Ablehnung, aber die meisten reagieren erstaunt. In Deutschland ist es leider immer noch nicht normal, dass eine Mutter nur sieben Monate nach der Geburt ihres Kindes wieder Vollzeit arbeitet. Viele meiner Freundinnen sind schwanger. Die meisten von ihnen nehmen deutlich länger Elternzeit als ihr Mann; der bleibt oft nur 2 Monate. Meist hängt es am Gehalt. Neulich habe ich gelesen, dass nur bei einem Prozent der Ehen die Frau mehr verdient als ihr Mann. Daher entscheiden sich junge Familien oft für die klassische Rollenverteilung: die Frau bleibt daheim, der Mann bringt das Geld nach Hause. Das ist ein strukturelles Problem.

Hast Du das Gefühl, dass Deine Babypause Deine Karriere-Möglichkeiten beeinflussen wird?
Nein, das lasse ich mir auch von niemandem einreden! Es ist völlig in Ordnung für Frauen – und natürlich auch für Mütter – Karriere machen zu wollen. Die Illusion, dass das mit Kindern aufhört oder nicht möglich ist, möchte ich nicht weitertragen. Gott sei Dank gibt es mittlerweile viele Arbeitgeber, die das ähnlich sehen.

Wie wirst Du während Deiner Babypause den Kontakt zur Branche halten?
Ich werde Kontakt zu meinen Kolleginnen und Kollegen halten, beispielsweise weiterhin an wichtigen Besprechungen teilnehmen. Durch Corona haben wir gelernt, dass das digitale Kontakthalten sehr gut funktioniert. Über LinkedIn bin ich gut vernetzt, und das eine oder andere wichtige Projekt werde ich auch weiterhin begleiten.

Wie hast Du Deine Vertriebspartner informiert?
Ich habe ihnen meinen genauen Rückkehr-Zeitpunkt teils telefonisch, teils per E-Mail, mitgeteilt. Im März bin ich wieder da! Insgesamt sind es ja nur 9 Monate. Diese Phase muss eben überbrückt werden, wobei ich mich auf die Unterstützung meiner Team-Kollegen verlassen kann. Ich denke, die Kunden werden mich in der Zeit nicht vergessen.

Welche Tipps und Hinweise möchtest Du jungen Frauen mitgeben, die sich für eine Karriere in der Finanzbranche interessieren?
Es ist hilfreich, möglichst viel Berufserfahrung zu sammeln und sich Anlaufstellen zu suchen, wenn Fragen aufkommen. Ich bin beispielsweise Mitglied bei den Fondsfrauen geworden, als ich noch beim IFA gearbeitet habe; der Austausch hat mir sehr geholfen. Ganz ehrlich: Was Ihr da für Frauen, insbesondere die jüngeren, anbietet, ist toll! Ein super Projekt, das möglichst viele Frauen nutzen sollten! Es ist sehr wichtig, ein Netzwerk zu haben und das auch zu pflegen.

Was kann die Finanzbranche besser machen, um es jungen Frauen leichter zu machen?
Das Image der Branche ist immer noch ziemlich angestaubt; da braucht es Politur. Ich habe 2008 Abi gemacht, bis dahin wusste ich nicht einmal, wie man eine Haftpflichtversicherung abschließt. Das Thema Finanzen kommt in der Schule schlicht nicht vor – leider! Wer vom Elternhaus nichts an Wissen mitbekommt, hat eben Pech gehabt. Die Finanzbranche sollte mehr dazu beitragen, dass Ökonomie ein eigenes Schulfach wird. Die Flossbach von Storch-Stiftung macht in dieser Hinsicht sehr viel, und Initiativen wie die Geldlehrer sind auch bereichernd. Letztlich liegt die Verantwortung aber immer noch bei jedem selbst, seine Altersvorsorge und den Vermögensaufbau aktiv mitzugestalten.

Danke, Daria! Wir wünschen Dir jetzt erst mal eine einfache Geburt, und dann viel Spaß mit Deinem Baby; und natürlich einen guten Wiedereinstieg in den Job!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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