Es mag schön sein, wenn jeder jeden Tag sein Geschlecht frei bestimmen kann, und es mag einigen Feministinnen auch gefallen, wenn Frauen generell Vorteile bei Einstellung, Beförderung oder auch bei der Verweigerung bestimmter Aufgaben erhalten. Beides zusammen kann allerdings zu skurrilen Reaktionen führen, wie unlängst in Spanien geschehen.

Dort haben sich innerhalb des letzten Jahres mehrere Dutzend Polizei- und Militärbeamte juristisch als Frau umdefiniert. Sie erhielten dadurch verschiedene Vorteile, unter anderem bei ihrer Karriere, bei der Unterbringung in der Kaserne und bei ihrer Pension.

Geschlechtsdysphorie ohne Nachweis
Die nun als Frau geltenden spanischen Polizisten und Militärbeamten handeln dabei offenbar nicht illegal, denn das neue spanische Selbstbestimmungsgesetz lässt dies zu.

Demnach kann in Spanien jede Person ab 16 Jahren ihr rechtlich anerkanntes Geschlecht und ihren Vornamen selbstbestimmt ändern, ohne dazu einen medizinischen oder sonstigen Nachweis erbringen zu müssen. Weder Name noch Aussehen müssen verändert werden, und auch die Familiensituation kann bleiben wie gehabt.

Gleichbehandlung durch die Hintertüre unterbunden
Die Beweggründe für die so „entstandenen“ Beamtinnen und Soldatinnen sind nachvollziehbar, denn sie profitieren jetzt von den Vorteilen, welche die spanische Regierung Frauen eingeräumt hat.

  • Durch die Frauenquote ist es für Frauen in Spanien einfacher, befördert zu werden
  • Durch den Karriere-Turbo erhalten sie ein höheres Gehalt
  • Frauen dürfen bei Polizei und Militär körperlich besonders anstrengende und gefährliche Aufgaben und Einsätze ablehnen
  • Frauen mit Menstruationsbeschwerden dürfen jeden Monat „perioden-frei“ nehmen
  • Wird eine Person, die sich als Frau definiert, bei einer Beförderung übergangen, kann sie auf „geschlechtsspezifische Diskriminierung“ klagen.

Das umstrittene Gesetz hatte die sozialistische Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez im Dezember 2022 mit einer knappen Mehrheit durchgesetzt. Federführend war dabei die damalige Gleichstellungsministerin Irene Montero, die mit 34 jüngstes Mitglied der spanischen Regierung war und mehrere – teilweise umstrittene – Frauenrechte durchgesetzt hatte.

Das Selbstbestimmungsgesetz wird genutzt
Der Armeegefreite Roberto Perdigones ist einer jener Personen, die vom Selbstbestimmungsrecht Gebrauch gemacht haben. Er erklärte gegenüber der Zeitung El Español: „Äußerlich fühle ich mich wie ein heterosexueller Mann, aber innerlich bin ich jetzt lesbisch. Und letzteres ist es, was zählt. Deshalb habe ich die legale Chance genutzt, mich zur Frau zu erklären. Mit der Geschlechtsänderung hat man mir erklärt, dass auch mein Pensionsanspruch gestiegen ist, denn Frauen bekommen mehr Pension, um die Ungleichheit auszugleichen. Außerdem erhalte ich bereits jetzt 15 Prozent mehr Gehalt, weil ich ja nun auch Mutter bin.“

Bisher war Perdigones Vater eines 16-jährigen Jungen. Er zählt weitere Vorteile auf, die er jetzt – als Frau – genießen kann: „Ich habe jetzt sogar ein eigenes Zimmer inklusive eigenem Badezimmer für mich ganz allein in der Kaserne. Das liegt daran, weil ich ja als Frau nicht mit Männern zusammen untergebracht sein kann und ich es auch aus Respekt nicht für angemessen halte, mit biologischen Frauen zusammen zu sein.“ Äußerlich scheint sich bei Perdigones durch die Wandlung nicht sehr verändert zu haben; er trägt weiterhin Vollbart, schreibt die Website Schwulissimo.

Laut der Website hätte es in Australien, das ebenfalls ein sehr weitreichendes Selbstbestimmungsgesetz eingeführt hat, ähnliche Effekte gegeben. Dort sähe man sich im Bundesstaat Victoria einer überraschend hohen Anzahl Polizeibeamter gegenüber, die sich als nicht-binär erklären.

Wie das so ist: Zu viele Süßigkeiten bei Kindern sind kein Zeichen von Liebe, sondern haben unerwünschte Nebenwirkungen. Mit zu viel Selbstbestimmung und eingeräumten Vorteilen scheint es sich ähnlich zu verhalten. Noch dazu: Jetzt können Spaniens Polizei und Militär nachweislich mit einer hohen Frauenquote aufwarten. Aber hilft uns das?

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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