Brigitta C. Kemner ist „Expertin für Leistungskraft und Leadership“. In ihrem aktuellen Buch „das WellenMUT Prinzip“ beschreibt sie, wie Menschen ihre Präsenz steigern können. Dadurch können sie kreativ sein und ihre Gedanken bewusst lenken. Ein auf diese Weise ruhiger und gelassener Geist gibt den Menschen ein Gefühl von Zufriedenheit und Freiheit. Einige Gedanken aus ihrem Buch fasst Brigitta C. Kemner für die Fondsfrauen zusammen:

Der effektivste, produktivste und kraftvollste innere Zustand, in dem wir uns befinden können, ist Präsenz. Innere Präsenz ist ein Zustand höchster Wachsamkeit und Gegenwärtigkeit. Wir sind mit allen Sinnen anwesend und offen im Geist- vollkommen bewusst und klar. In diesem Zustand sind wir aufnahmefähig, konzentriert und mit einer ganz besonderen Energie verbunden, die uns mit unserem höchsten Potenzial in Kontakt bringt. Präsenz lässt uns teilhaben am unendlichen Quell der Möglichkeiten. Sie lässt uns intensive Freude, Lebendigkeit und Enthusiasmus erleben. Wir spüren uns selbst und andere. Wer präsent ist, geht bewusst mit Herausforderungen um und wird nicht Opfer der Situationen oder verliert sich darin.

Präsenz zeigen bedeutet, die Menschen für sich zu gewinnen. Sie verlieren Unsicherheit in Kommunikation oder Präsentation und steigern Ihre Wirkung.

Die meisten Menschen erfahren Präsenz überhaupt nicht oder nur ganz zufällig einmal, ohne sie zu bemerken. Sie wechseln im Alltagsbewusstsein also nicht zwischen Präsenz (Bewusstheit) und Nicht-Präsenz (Unbewusstheit), sondern zwischen verschiedenen Zuständen der Nicht-Präsenz.

Je schwieriger die Situation ist, desto unbewusster werden wir meist. Dabei geht Energie verloren und Unzufriedenheit, Angst, Ärger oder Stress sind ständige Begleiter.

Gedankliches Nomadentum ist ein Kennzeichen von Nicht-Präsenz
Worin zeigt sich die Unbewusstheit der meisten Menschen? Ein wesentlicher Indikator dafür ist das unentwegte „gedankliche Nomadentum.“ Es ist das Gegenteil von Präsenz.

Wir müssen uns heute im Berufsleben ständig mit Informationsflut, Arbeitsverdichtung, Zeit- und Termindruck und regelmäßigen Arbeitsunterbrechungen auseinandersetzen. Viele von uns sind mit dem Handy oder Tablet verbunden wie mit einer Nabelschnur, investieren mehr Zeit in Mails, als ins Priorisieren und Handeln und versuchen, in dieser digitalen Welt täglich etwas zu kontrollieren, was uns schon längst beherrscht. Es bleibt wenig Zeit für ein persönliches Gespräch oder die Möglichkeit, inne zu halten.

Unser Gehirn zeigt Spuren dieser alltäglichen Prägung und nimmt durch die ständig wechselnden Reize und die Überfrachtung mit Inhalten, auf die wir wie ferngesteuert reagieren, Schaden. Am Abend platzt uns der Kopf, weil er voll ist von Input, hektische Kreise dreht und nicht mehr zur Ruhe kommt. Wir versuchen so viel wie möglich gleichzeitig zu machen, streifen Informationen nur oberflächlich und sind nahezu besessen davon, ständig erreichbar zu sein, um ja nichts Wichtiges zu verpassen und handlungsfähig zu bleiben. Grenzen verschwinden – die meisten Menschen sind bis auf ihre paar Stunden unruhigen Schlafes immer „on air“.

Dieses Phänomen unseres alltäglichen Bewusstseinszustandes bezeichne ich in meinem Buch als „gedankliches Nomadentum“: Wir sind permanent damit beschäftigt, den nächsten Moment zu planen oder mit unseren Gedanken in die Vergangenheit abzuschweifen, zu bewerten, zu vergleichen, Urteile zu fällen, uns zu ärgern, zu ängstigen, enttäuscht zu sein, Bedürfnisse (Gier) zu verspüren oder zu grübeln. Immer wieder sind wir im Unfrieden mit dem, was gerade geschieht. Die Gedankenflut zieht uns in ihren Bann und wir kommen aus dem permanenten Denken in alle Richtungen nicht heraus.

Durch dieses „Wegstreben aus der Gegenwart“ verpassen wir jedoch das echte Leben, denn „Leben“ ist immer nur dieser eine Moment, der weder gestern, noch morgen stattfindet. Unser Gehirn kann sich evolutionsbedingt immer nur auf eine Aufgabe konzentrieren! Müssen wir zeitgleich verschiedene Informationen verarbeiten, wechseln wir zwischen den Reizen hin und her. Man könnte es auch „geistiges Zapping“ nennen! Zu viele Entscheidungen und ständige Reize verursachen großen Stress und verschleißen unser Gehirn. Die Folgen sind: Nur vordergründige Effizienz, Zeitverluste, eine höhere Fehlerquote, qualitativ schlechter Output, zunehmendes Stressempfinden und Druck, Unzufriedenheit, emotionale Blockaden Konzentrationsprobleme und Gedächtnisstörungen sowie hoher Energieverlust, eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, Gereiztheit und geringe Frustrationstoleranz bis hin zur Unfähigkeit, sich zu konzentrieren und Informationen aufzunehmen.

Oft kompensieren wir das Stressempfinden mit schädlichen Verhaltensweisen wie zum Beispiel Rauchen, Alkohol, Medikamenten und viel Zucker oder ungesundem Essen, um uns kurzfristig zu belohnen beziehungsweise zu entspannen, weiterhin leistungsfähig zu sein und dem Gefühl von Enge und Druck Abhilfe zu schaffen. Digitale Medien sind für viele Prozesse im Alltag und Beruf eine große Hilfe, doch digitaler Dauerstress isoliert uns emotional und sozial, macht uns krank, dumm (Qualität gering, Quantität hoch), unglücklich und süchtig! Ihr Kopf ist nicht frei, sondern gleicht einem inneren Gefängnis oder einem voll gestopftem Raum, der nie gelüftet oder entrümpelt wird. Aufgrund dessen können Sie Ihr ganzes Potenzial und Ihre Kreativität nicht nutzen. Sie sind abgeschnitten von wichtigen Gefühlen und unserer Intuition, unfrei und stecken in Ihren Mustern fest. Präsenz fehlt – Ihr Kopf gleicht einem Bahnhof, der nie zur Ruhe kommt.

Der natürliche Zustand unseres Verstandes ist Unbewusstheit
Die Grundlage für Präsenz bildet die Einsicht, dass Gegenwärtigkeit zwar ein Gottesgeschenk ist, jedoch trotzdem Ihr aktives Mittun braucht, weil sich Ihr Verstand („Ego“) von den intensiven Gefühlen, die durch Stress, Grübeln, Dramatisieren, Ärgern oder Widerstand erzeugt werden, nährt und bestätigt. Ihr Verstand ist süchtig nach intensiver gedanklicher Bewegung. Beobachten Sie sich und Ihre Gedanken, Ihre Gefühle und Ihre Reaktionen auf gewisse Personen oder Umstände, die bei Ihnen besondere Unruhe auslösen. Sie können eine Menge über Ihr Ego lernen.

Das Ego will immer schon woanders sein. Es strebt ständig weg von der Gegenwart und wir sind Spielball seiner geistigen Hektik, ohne es zu bemerken. Wir sind verantwortlich für unseren inneren Zustand und können jederzeit die Wahl treffen, zu stoppen.

Den Fokus auf die Gegenwart richten
Präsenz verändert unser Alltagsbewusstsein, indem wir unseren Fokus Schritt für Schritt wieder stärker auf die Gegenwart richten und aus diesem inneren Zentrum heraus agieren. In der Gegenwart kann kein Stress überleben und wir können uns wieder frei machen, Gedanken fokussieren und neue Entscheidungen treffen.

Ihr zentraler Fokus könnten zunächst E-Mails, im Netz surfen, soziale Netzwerke, Apps und SMS sein. Sie sind Ablenkungsfaktor Nummer eins. Diese Reize haben Sog-Charakter und torpedieren Gegenwartsbewusstsein. Sie machen uns zum ferngesteuerten Opfer von äußeren Reizen.

Trennen Sie die Nabelschnur! Weniger ist oft mehr! Hauptsache, Sie beginnen und bleiben dann konsequent bei dem, was Sie sich vorgenommen haben.

Mein Tipp: Starten Sie digital nackt in den Tag und gönnen Sie sich in der ersten Zeit des Tages eine ruhige, medienfreie Zeit. Sie könnten zum Beispiel in Ruhe frühstücken, eine Tasse Kaffee genießen oder eine halbe Stunde joggen gehen, anstatt bis zur letzten Minute im Bett liegen zu bleiben, den Fernseher anzumachen oder in Ihr Handy zu sehen. Gönnen Sie sich ebenfalls abends eine medienfreie Zeit und am Wochenende (z.B. Handy weglegen) und reduzieren Sie während des Tages durch kurze Zeiten der stillen Reorientierung die Informationsdichte.

Atmung ist Präsenz
Die beste Präsenz-Übung ist der Fokus auf die Atmung. Schließen Sie zweimal am Tag für etwa eine Minute die Augen und richten Sie die Aufmerksamkeit nur auf die Atmung. Bleiben Sie bei der Atmung und bringen Sie Ihre Konzentration wieder zurück, wenn Ihre Aufmerksamkeit abschweift und Ihrem Gedankenstrom folgt. Am Anfang kann das sehr häufig der Fall sein. Die meisten Menschen beobachten zunächst Unruhe in Ihrem Kopf und es gelingt ihnen nur schwer, die Gedanken ziehen zu lassen und sich bewusst ohne Verbissenheit zu konzentrieren. Diese kleine Übung hat große Wirkung und ist auch ein Gradmesser Ihrer aktuellen Fähigkeit zur Präsenz. Ziel sollte es sein, den Geist so zu sammeln und zu „erziehen“, dass er spielend leicht auf der Atmung bleibt und zur Ruhe kommt.

Präsenz kann jeder lernen
Auch ein kleiner bewusster Spaziergang im Freien kann manchmal Wunder bewirken. Bleiben Sie so oft wie möglich bei dem, was Sie JETZT gerade tun und nehmen sie den Raum um das wahr, was gerade geschieht. Stoppen Sie Gedanken, die wieder abdriften wollen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn der Tag eine hohe Termindichte hat und wichtige Entscheidungen anstehen. Wer präsent ist, lässt sich nicht von den Geschehnissen unbewusst führen, sondern führt sich selbst im Umgang mit den Geschehnissen. Lassen Sie das Bedürfnis los, alles auf einmal erledigen zu wollen. Ihre Qualität des Tuns, das Energielevel und der Output werden sich deutlich verbessern.

Die Gegenwart sollte Ihr bester Berater werden und Ihr Freund. Je schneller Sie sich mit dem gegenwärtigen Geschehen arrangieren können, desto entspannter, flexibler, freier und stärker werden Sie. Ärger ändert nichts, außer Ihrer inneren Gefühlslage. Sie bestrafen sich doppelt und verlieren Energie.

Präsenz wird Ihre innere Ausrichtung in der beruflichen Aktivität mit etwas Übung nachhaltig positiv verändern, weil Sie sich durch Gegenwärtigkeit befreien und aus der täglichen Gedankenflut aussteigen. Nur so können Sie Ihren Geist wirklich nutzen, kreativ sein, Gedanken bewusst lenken und Ihre geistigen Fähigkeiten erschließen. Ihr ruhiger und gelassener Geist schenkt Ihnen täglich ein Gefühl von Zufriedenheit und Freiheit. Sie können fundamentale Freude aus sich selbst schöpfen und aus einer inneren Ruhe und Klarheit heraus handeln.

Wer präsent ist, beobachtet, ohne zu urteilen oder direkt zu bewerten. Diese besondere Form der Bewusstheit zeigt sich beispielsweise darin, Mitmenschen und deren Sichtweise so anzunehmen, wie sie sind und sie ihren eigenen Weg gehen und entwickeln zu lassen. Es fällt uns oft schwer, andere Horizonte zu respektieren und Menschen ihre eigenen Fehler machen zu lassen – insbesondere dann, wenn sie uns sehr nahestehen. Lassen Sie Rechthaberei los und steigen Sie aus, wenn Diskussionen sich zu einem Streitfeld der Ego`s entwickeln. Lassen Sie sich nicht sofort durch Gefühlsimpulsen dazu verleiten, destruktiv und unfrei zu werden. Üben Sie stattdessen, ein inneres RESET durchzuführen, indem Sie die Gegenwart aufsuchen und sich wieder in Balance bringen, bevor Sie agieren.

Foto: Fotalia


 

© jennifer fey, jennifer fey photography, Businessportrait

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Über die Autorin:
Brigitta C. Kemner ist Personal Coach, Business Coach und Mentaltrainerin. Sie hat langjährige Erfahrung in der Begleitung von Führungskräften, Unternehmern, Selbstständigen oder Privatpersonen.
Ihre Arbeitsschwerpunkte umfassen 3 Kernbereiche: Führung und Selbstführung, Lebensbalance und Kommunikation.
Ihr aktuelles Buch „Das WellenMUT Prinzip“- Den Höhen und Tiefen des Lebens frei und erfüllt begegnen ist seit Nov. 2016 im Handel erhältlich.

www.brigitta-kemner.com
Info@brigitta-kemner.com
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