Barbara Rojahn gründete 1993 ihr Beratungsunternehmen „FrauenFinanzBeratung“ in Stuttgart. Mit einigen Mitstreiterinnen wie Svea Kuschel, Helma Sick oder Dr. Mechthild Upgang gehört sie damit zu den Frauen, die sich schon sehr früh auf die Finanzberatung für Frauen fokussiert haben. Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß sie, inwiefern die finanzielle Situation von vielen Frauen anders ist als die von Männern und welche speziellen Bedürfnisse Frauen bei der Finanzberatung haben. Fondsfrau Anke Dembowski spricht mit ihr darüber. Das Interview besteht aus zwei Teilen; dies ist der erste; zum zweiten geht es hier.
Barbara, warum brauchen Frauen eine spezielle, auf sie zugeschnittene Art der Finanzberatung?
Frauen wünschen sich in der Beratung Verständnis für ihre Fragen, ihre persönliche Lebenssituation und vielleicht auch für ihre Ängste. Sie möchten, dass ihre Ziele, Bedürfnisse und Wünsche erfasst werden und gehen deshalb davon aus, dass eine weibliche Beraterin sie besser versteht als ein Mann. Männer beraten oft standardisierter, mit Chart-Analysen, verwenden gerne Fachbegriffe und bauen Druck bei Entscheidungen auf. Die meisten Frauen mögen das gar nicht, denn sie benötigen Zeit für ihre Entscheidungen und möchten die Dinge auch genau verstehen.
Was sind denn zum Beispiel die Herausforderungen, die Frauen in ihrem Finanzplan haben?
Viele Frauen haben leider keinen Finanzplan. Im ersten Schritt müssen sie mit einer Person ihres Vertrauens einen erstellen, der zu ihnen passt. Dieser sollte dann aber nicht in der Schublade verschwinden, sondern mit Mut zielstrebig umgesetzt werden. Bei ihren Entscheidungen sollte die Frau jedoch immer ein gutes Gefühl haben und dahinter stehen. Später gilt es, diesen Plan regelmäßig an die Lebenssituation und an das Einkommen anzupassen.
In Deinen 25 Jahren als Unternehmerin in der Finanzberatung hast Du mehr als 10.000 Beratungsgespräche geführt, dabei in unendlich viele gelebte Lebensentwürfe geschaut. Was ist die Essenz daraus, die Du gern jungen Frauen mitgeben möchtest?
Gerade junge Frauen sollten früh Verantwortung für das eigene Geld übernehmen und dieses Thema weder auf die lange Bank schieben, noch dem Partner oder Vater überlassen. Sie müssen sich mit dem Thema Finanzen beschäftigen und sich informieren. In einer Partnerschaft muss offen über das Thema Geld, Finanzen und die gerechte Aufteilung der gemeinsamen Kosten gesprochen werden. Fairness und gleiche Augenhöhe müssen das Grundprinzip sein. Zum Beispiel wäre es sinnvoll, wenn die Frau vor der Geburt des ersten Kindes begonnen hat, ihre eigene Altersvorsorge aufzubauen. Solange sie wegen der Kinder mit der Arbeit pausiert oder in Teilzeit arbeitet, sollten zum Beispiel die Beiträge für ihre Altersvorsorge und ihre Absicherung aus dem Familieneinkommen bezahlt werden.
Ja, in einer Partnerschaft sollte es ein Geben und Nehmen sein. Deinem Lebenslauf entnehme ich, dass Du mit umgezogen bist, als Dein Mann beruflich nach Madrid versetzt wurde. Sollte eine emanzipierte Frau so etwas heute noch tun?
Richtig, die Partnerschaft ist ein Geben und Nehmen. Und es gibt inzwischen auch durchaus Männer, die dorthin gehen, wo die Frau arbeitet. Wichtig ist es, vorher ganz offen über die finanziellen und beruflichen Konsequenzen zu sprechen und einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen. Das kann auch schriftlich niedergelegt werden.
Durch Kinder werden die Lebensläufe der Eltern unrund – meistens die der Mutter. Du hast selbst 3 Kinder und kannst aus eigener Erfahrung, und aus der Erfahrung von vielen Tausend Frauen, die Du beraten hast, sprechen. Was sollte Frau tun, wenn Kinder da sind?
Eine Mutter von Kindern sollte zügig wieder in den Arbeitsprozess einsteigen, damit sie nicht den Anschluss verliert, auch wenn es sich finanziell oft nicht lohnt. Leider schaffen das Ehegattensplitting und die kostenlose Krankenversicherung für nicht arbeitende Frauen wenig finanzielle Anreize für junge Mütter, die Doppelbelastung aus Familie plus Arbeit auf sich zu nehmen. Aber wenn eine Frau erst mal 10 Jahre Pause gemacht hat, ist der Zug am Arbeitsmarkt oft abgefahren. Außerdem sind Kinder arbeitender Mütter meistens deutlich selbständiger und verantwortungsbewusster und die Mütter ausgeglichener, weil sie durch die Berufstätigkeit Abwechslung, Anregung und Bestätigung erhalten. Einigen sich beide Ehegatten darauf, dass einer von beiden nicht oder nur geringfügig arbeitet, sollte durch entsprechende Klauseln in einem Ehevertrag ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden.
In Deinem Lebenslauf sehe ich, dass Du sehr rasch nach Deinem VWL-Studium und der Trainee-Ausbildung in einer Bank Abteilungsleiterin bei einem Industrieunternehmen wurdest. Bei Dir lief also alles. Wann fiel Dir erstmals auf, dass die Karriereplanung für Frauen und Männer doch unterschiedlich ist?
Das fiel mir zum ersten Mal auf, als mein Mann nach Madrid versetzt wurde, und wir mit unserer kleinen Tochter nach Spanien umzogen. Ich arbeitete zwar von Madrid aus freiberuflich weiter, aber es war ein gravierender Einschnitt in meiner eigenen Karriereplanung. Aber wie gesagt: in einer Partnerschaft oder Ehe muss man sich verständigen und Prioritäten setzen.
Vielen Dank für dieses interessante Interview! Ich freue mich schon auf den zweiten Teil! Darin sprechen wir auch darüber, wie sich die Finanzberatung in den letzten Jahren verändert hat.