Die Fondsfrauen setzen sich ein für mehr Gender Diversity in der Asset-Management-Branche. Um eventuelle Missstände benennen und angehen zu können, braucht es belastbare Zahlen. Die erheben wir in regelmäßigen Abständen – für den deutschsprachigen Bereich. So veröffentlichen wir jetzt zum 4. Mal unsere Studie „Gender Diversity in der Asset Management-Industrie“, die wir in Zusammenarbeit mit der Universität Mannheim und KPMG Deutschland durchgeführt haben.

Hier könnt Ihr Euch die Broschüre zur Studie herunterladen

Hier könnt Ihr Euch das Video zur Studie ansehen

Hier könnt Ihr den Artikel vom Handelsblatt dazu lesen

Anteil weiblicher Bewerberinnen steigt
Zusammenfassend lässt sich sagen: Verbesserungen in der Gender Diversity stellen sich nur äußerst langsam ein, aber es gibt sie. Positiv ist festzustellen, dass der Anteil weiblicher Bewerberinnen gestiegen ist. Während 2020 der Anteil weiblicher Bewerber noch bei 26% lag, ist dieser im Geschäftsjahr 2022 um beachtliche 10 Prozentpunkte auf 36% angestiegen.

Das lässt vermuten, dass das negative Image, das die Finanzbranche unter jungen Frauen lange Zeit hatte, sich langsam verbessert. In Zeiten von Fachkräftemangel ist es wichtig, dass die Finanzbranche das Nachwuchspotenzial möglichst vollständig – sowohl unter Männern als auch unter Frauen – ausschöpft.

Bei Beförderungen werden zwar noch mehr Männer als Frauen berücksichtigt, aber die Ergebnisse nähern sich an. Von allen beförderten Beschäftigten waren im Geschäftsjahr 2022  48% Frauen und 52% Männer. Etwas anders stellt sich die Quote innerhalb der Geschlechtergruppen dar: Von allen beschäftigten Frauen wurden 3,5% befördert, während von allen beschäftigten Männern 4,75% aufsteigen konnten.

Die befragten Unternehmen nennen als Hauptgründe den Mangel an Bewerberinnen für Beförderungen sowie die generell geringere Präsenz von Frauen in Unternehmen. Außerdem wird betont, dass Kandidatinnen weniger Sichtbarkeit und eine geringere Vernetzung aufweisen.

Immer noch wenig Frauen in Führungspositionen
Geblieben ist die Tatsache, dass deutlich weniger Frauen als Männer in höheren Positionen der Unternehmen beschäftigt sind. Während in den Unternehmen im Durchschnitt 40% Frauen und 60% Männer arbeiten, liegt der Anteil von Mitarbeiterinnen in Führungspositionen nur bei 26%, und in den Executive Committees sind es lediglich 21%. Der Anteil Frauen auf Ebene der Geschäftsführung/-leitung und im Aufsichts- und Verwaltungsrat ist mit 13% noch einmal deutlich geringer.

Hier zeigt sich, dass sich im Trendverlauf seit 2015 beim Frauenanteil in der Geschäftsführung/-leitung nur wenig getan hat. 2015 lag er bei 12%, um im Jahr 2017 auf hoffnungsfrohe 16% anzusteigen. In den Studienergebnissen, die sich auf Daten aus den Jahren 2020 und 2022 beziehen, ist der Anteil jedoch wieder auf jeweils 13% zurückgegangen.

Ein deutlicher Anteil an Frauen ist jedoch in den Executive Committees zu verzeichnen: Hier befanden sich im Jahr 2015 nur 8% Frauen; mittlerweile ist der Anteil jedoch auf 21% im Geschäftsjahr 2022 gestiegen.

Pink Ghettos lösen sich nur langsam auf
Wie bereits in den Vorjahren festgestellt, gibt es „Pink Ghettos“, in denen besonders viele Frauen zu finden sind. Dazu gehören traditionell die Bereiche Personal (73% Frauenanteil), Marketing (58%) und Compliance (53%), die alle zu den eher dienenden Unternehmensbereichen zählen.

Allerdings gibt es einen Trend, dass Frauen zunehmend auch in quantitativen Bereichen wie dem Portfolio Management zu finden sind, aber die Änderungen sind moderat. Die Geschäftsbereiche mit den niedrigsten Frauenanteilen sind nach wie vor IT/Organisation (19% Frauenanteil), Vertrieb / Außendienst (35%) und Portfolio Management (35%). Auch wenn dies bereits eine Verbesserung gegenüber den Ergebnissen aus den Vorjahren darstellt – insbesondere im Vertrieb und im Portfolio Management – , gibt es hier weiterhin Bedarf an gezielten Maßnahmen zur Förderung der Geschlechterdiversität in allen Unternehmensbereichen.

Transparenz leicht erhöht – aber nicht bei der Entgelttransparenz
Im Vergleich zur letzten Umfrage zeigen die befragten Unternehmen eine höhere Bereitschaft, quantitative Zielgrößen wie Frauenquoten zur Verbesserung der Gender Diversity zu implementieren. Dennoch sind die drei am häufigsten etablierten Ziele bei den Unternehmen eher „lockere“ Ziele: Ein Sponsoring-Programm für Frauen, geförderte Frauen-Netzwerke und die Einsetzung eines Diversity-Beauftragten.

Stärker quantitativ ausgerichtete Maßnahmen nehmen zwar zu, sind aber immer noch wenig verbreitet. So geben 2022 17% einen bestimmten Prozentsatz für Frauen auf der Short-List in Schlüsselpositionen an (2020 waren es nur 9%). 17% haben eine bestimmte Quote bei Einstellungen und Beförderungen, und ebenfalls 17% der Unternehmen streben ein bestimmtes Ziel bei der Retention Rate von Mitarbeiterinnen im Mittel- und Senior-Management an.

Große Zurückhaltung besteht nach wie vor bei der Berechnung von Lohnungleichheiten zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten. Das erstaunt angesichts der Tatsache, dass das Entgelttransparenzgesetz in Deutschland bereits 2017 eingeführt wurde. Im Rahmen der diesjährigen Studie gaben 36% der Unternehmen an, unter das Entgelttransparenzgesetz zu fallen.

Die Frage, ob eine Equal-Pay-Policy etabliert sei, beantworteten 33% mit „ja“, 27% mit „nein“ und 40% machten keine Angaben. Wie schon bei der Untersuchung im Jahr 2020 war keins der befragten Unternehmen bereit, die Lohndifferenz zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten anzugeben oder für die Umfrage zu berechnen. Für den internen Gebrauch berechnet wurde diese Differenz bei keinem der befragten Unternehmen, und nur drei Unternehmen planen, künftig eine solche Berechnung durchzuführen. Dies lässt vermuten, dass das Thema gleiche Bezahlung der Geschlechter in Deutschland noch als sehr sensibel und konfliktfähig angesehen wird. Hier könnte künftig die europäische Corporate Sustainability Directive (CSRD), die im November 2022 verabschiedet wurde, für mehr Transparenz sorgen. Sie gibt für Gender Diversity Key Performance Indikatoren (KPIs) vor, die entweder verpflichtend oder freiwillig zu berichten sind.

Insgesamt ist festzustellen, dass sich bei den befragten Unternehmen eine deutliche Zurückhaltung bei der Einführung fester Quotensysteme zeigt, während qualitative Maßnahmen im größten Teil der Unternehmen bereits fester Bestandteil sind.

Datenerhebung
Erhoben wurden die Daten zwischen März und Mai 2023, und sie beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2022. Die antwortenden Unternehmen kommen aus den Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz und repräsentieren ein weltweites Volumen von knapp 4.780 Milliarden AuM.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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