Sina Prem ist eine unserer Young Professionals: Im Mai 2021 hat sie einen Top-Einstiegsjob angetreten, arbeitet als Investment Banking Analyst bei der Credit Suisse in Zürich. Vorher hat sie einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften gemacht und einen Master-Abschluss in Banking + Finance. Fondsfrau Anke Dembowski spricht mit ihr darüber, welche Weichen sie gestellt hat, um diesen Job zu erhalten, und wie es sich anfühlt, als junge Frau im Investment Banking zu arbeiten.

Sina, im April hast Du Deinen ersten „richtigen“ Job angefangen. Kannst Du uns etwas über Deine Arbeit erzählen?
Ich arbeite als Analystin im Investment Banking der Credit Suisse Schweiz. Da geht es um M&A, also um Unternehmens-Zusammenschlüsse, und um Börsengänge. Ich bin im Team für Large Cap M&A, was nur Firmen ab einer bestimmten Größe betrifft. Als Analystin arbeite ich viel quantitativ; insbesondere nehme ich Unternehmens-Bewertungen vor.

Was waren für Dich die Kriterien, um Dich für Deine erste „richtige“ Arbeitsstelle zu bewerben? Was war Dir wichtig?
Das Gute ist, dass ich die Abteilung, in der ich jetzt arbeite, von einem studentischen Praktikum her kannte. Dort war ich vier Monate. Mir ist es wichtig, in einem Team zu arbeiten, mit dem ich gut auskomme. Das muss einfach passen. Das konnte ich während meines Praktikums sehen, obwohl es bereits während der Covid-Zeit war und wir vom Homeoffice aus gearbeitet haben.

Was gefällt Dir besonders an Deiner Arbeit im Investment Banking?
Die Vielseitigkeit. In wenigen anderen Jobs taucht man so tief in so viele verschiedene Branchen ein. Ich habe mich während des Studiums auf „Finanzen“ spezialisiert und jetzt ist es toll, dass ich mein Wissen praktisch anwenden kann. Wenn ich ein Modell baue, kann ich meine Corporate-Finance-Skills anwenden. Faszinierend sind auch die vielen spannenden Themen, die ich bearbeiten darf, und die komplexen Zusammenhänge. Gut gefällt mir das Schnelllebige der Börsen, dass sich immer was tut, und das Zusammenspiel zwischen Politik und Wirtschaft. Gerade das Investment Banking ist ein sehr internationales Geschäft, auch wenn wir hier in Zürich auf die Schweiz fokussiert sind. Aber die Credit Suisse ist global tätig, wodurch sich natürlich auch Möglichkeiten auftun.

Gerade das Investmentbanking ist bekannt für stramme Arbeitszeiten. Arbeitest du viel? Und wie fühlt sich das für Dich an?
Ich habe das Gefühl, dass sich bezüglich Arbeitszeiten im Investment Banking etwas in die richtige Richtung bewegt. Und ich sehe, dass es in Zürich diesbezüglich besser ist als beispielsweise in London oder an der Wallstreet. Die Credit Suisse unterstützt Mitarbeitende dabei, eine gute Work-Life-Balance zu erreichen. Die Arbeitszeiten sind ziemlich zyklisch. Wenn ich gerade an einem dringenden Deal arbeite, können die Arbeitstage schon mal länger sein. Wobei ich sagen muss: Das fällt mir nicht schwer, weil das Team gut ist. Aber klar: Man muss man schon mal eine Feier absagen und ich kann unter der Woche nicht so gut eine Verabredung planen. Was gut ist: Wir können auch von zuhause aus arbeiten, das gibt Flexibilität. Aber eins steht für mich ganz allgemein fest: Nur für Geld kann man den Job nicht machen. Man braucht schon eine intrinsische Motivation und es muss Spaß machen, mit seinem Team zusammenarbeiten – dies ist bei mir definitiv der Fall.

Dein Freund kommt damit klar?
Ja, sehr gut. Wir sind vor kurzem zusammengezogen, damit wir uns in der Freizeit öfter sehen können. Er arbeitet im Consulting.

Du hast Dich für einen Job in der Finanzbranche entscheiden, die bei vielen jungen Frauen nicht den allerbesten Ruf hat. Was fasziniert Dich an der Finanzbranche?
Die Finanzbranche hat immer noch den Ruf, eine reine Männerdomäne zu sein, und das schreckt viele Frauen ab. Aber hier ändert sich was, allerdings braucht alles seine Zeit. Ich sehe auch, dass es vielfältigere Teams gibt, und davon profitieren alle. Klar, in einer Großbank geht es rein aufgrund der Größe hierarchischer zu als in kleineren Häusern; auch das schreckt einige ab. Oft braucht es so viele Hierarchien aber gar nicht mehr.

Ich gehe davon aus, dass es für den tollen Job, den Du jetzt hast, mehrere Bewerberinnen oder Bewerber gab. Was hast Du gemacht, um Dich von den Mitbewerbern abzuheben? Welche interessanten Dinge außer Deinem Studium hast Du gemacht?
Die Nachfrage nach Jobs im Investment Banking ist unter den Uni-Absolventen hoch. Daher wird schon selektiert. Ich habe einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften gemacht und einen Master-Abschluss in Banking + Finance. Aber das allein reicht nicht. Ich habe mich trotzdem sehr gut auf das Interview vorbereitet. Es ist wichtig, dass man möglichst schon Praxiserfahrung mitbringt und motiviert ist. Für das Bewerbungsgespräch habe ich mir ganz bewusst gemacht, was meine Motivation für das Investmentbanking ist, und ich konnte zeigen, dass ich über Finance-Skills verfüge.

Es ist ja nicht leicht, als junger Mensch schon viel Berufserfahrung mitzubringen. Wie hast Du das gemacht?
Ich habe während des Studiums verschiedene Praktika gemacht, unter anderem bei der Fondsgesellschaft Veritas Investment, als Hosnia Said dort Geschäftsführerin war. Sie hat mich wirklich toll an der Hand genommen und in diesem Praktikum habe ich viel gelernt. Zwischen meinem Bachelor- und meinem Master-Studium habe ich ein Jahr in Singapur für die KfW-Ipex im Export-Finance-Bereich gearbeitet sowie für KPMG in Frankfurt. Während meines Master-Studiums habe ich bei der Credit Suisse als Werkstudentin und später als Praktikantin gearbeitet. Insofern habe ich schon etwas Berufserfahrung sammeln können. Das scheint mir sehr wichtig. Kurz vor meinem Berufseinstieg habe ich noch über die Hilfsorganisation „World Unite“ für drei Monate bei einer Microfinance-Company in Afrika gearbeitet. Das war auch total spannend und ich habe sogar den Kilimandscharo bestiegen. Das war aber eher anstrengend und Auf- und Abstieg haben sechs Tage gedauert.

Aus Deiner jetzigen Erfahrung: Was rätst Du Studierenden, wie sie gut gewappnet in den Arbeitsmarkt eintreten sollen, außer dass sie schon Berufserfahrung sammeln?
Ich habe immer versucht, mich gut zu vernetzen. Beispielsweise war ich in verschiedenen Studentenvereinigungen Mitglied, z.B. bei AIESEC International oder beim Börsen-Club in Frankfurt, und bei Fondsfrauen-Events war ich auch schon öfters. Wenn man sich vernetzt, lernt man interessante Leute kennen und hört vieles. Auch Mentoring-Programme finde ich wichtig. Ich habe z.B. an den Uni-Mentoring-Programmen teilgenommen, aber man kann sich auch selbst einen Mentor suchen. Und LinkedIn ist auch super-förderlich – da kriege ich täglich sicher zehn Nachrichten von Headhuntern (lacht). Alumni-Netzwerke von den Unis finde ich auch spannend. Ich verfolge gern, wo sich meine Kommilitoninnen und Kommilitonen hin entwickeln.

Die Fondsfrauen setzen sich dafür ein, dass diejenigen Frauen, die Karriere machen wollen, dies gleichberechtigt mit Männern tun können. Wie siehst Du das: Werden junge Berufseinsteigerinnen heute genauso gefordert und gefördert wie männliche Berufseinsteiger?
Darüber macht sich wohl jede Frau, die Karriere machen will, Gedanken. Ich glaube wir sind da auf einem guten Weg. Es gibt z.B. viele Förderprogramme für Frauen und für mich sehe ich, dass ich genauso gefordert werde wie meine männlichen Kollegen. Allerdings kenne ich auch viele aktuelle Studien, die auf einen Pay-Gap hinweisen. Vielleicht tun wir Frauen uns manchmal etwas schwerer, uns bemerkbar zu machen und uns durchzusetzen. Da war Corona vielleicht sogar positiv, denn durch Corona gestaltet sich die Arbeit flexibler und für diejenigen, die Kinder haben, lassen sich Familie und Job besser vereinen. Vor Corona war Home-Office im Investmentbanking kein grosses Thema. Jetzt hat man gesehen: Es geht!

Gelegentlich wird gesagt, dass junge Leute heute nicht mehr so leistungsbereit wären wie früher, dass Dinge wie Work-Life-Balance und Familie & Freunde eben auch eine Rolle spielen. Wie siehst Du das, ist an diesem mehr oder minder unterschwelligen Vorwurf was dran?
Eine gewisse Work-Life-Balance gehört einfach dazu, um gesund und langfristig leistungsfähig zu sein. Oft hören sich die Vorwürfe so an, als wollten wir super bezahlt werden und wären nicht bereit, auch hart dafür zu arbeiten. Das stimmt so nicht! Ich denke, junge Leute hinterfragen heute eher: Was ist der Sinn in meinem Job? Werden unnötige Hierarchien abgebaut? Wir sind leistungsbereit, aber wir wollen einen Sinn in unserer Arbeit sehen und hinterfragen daher vielleicht mehr. Aber klar sind Familie und soziale Kontakte auch wichtig. Alles andere wäre ja auch merkwürdig, oder?

Welche Hinweise möchtest Du jungen Frauen auf den Weg geben, die sich für einen Einstieg in die Finanzbranche interessieren?
Seid selbstbewusst und lasst Euch nicht unterkriegen! Außerdem müssen wir Spaß haben an dem, was wir machen, und das auch ausstrahlen.

Vielen Dank für das tolle Interview, Sina!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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