In den letzten Jahren ist der Anteil der erwerbstätigen Frauen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren deutlich gestiegen und der Anteil der in kleiner Teilzeit Beschäftigten unter ihnen gesunken. Gleiches gilt auch, wenn man Mütter mit älteren Kindern betrachtet. Um diesen den Wiedereinstieg weiter zu erleichtern, sind gezielte Qualifizierungs- und Vermittlungsangebote hilfreich, meint Dr. Wido Geis-Thöne. Er ist Senior Economist für Familienpolitik beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat Deutschland bei der Erwerbsbeteiligung von Frauen im internationalen Vergleich sehr stark aufgeholt. Lag das Land mit einem Erwerbstätigenanteil von 58,6% unter den 20- bis 64-jährigen Frauen im Jahr 1998 noch im europäischen Mittelfeld, erreichte es im Jahr 2018 mit 75,8% nach Schweden und Litauen den dritthöchsten Wert der EU-Länder. Sowohl die Anpassungen im Rentenrecht – zu nennen ist hier insbesondere die Abschaffung der Rente mit 60 für Frauen –, als auch der Ausbau der Betreuungsangebote im Kita- und Grundschulbereich haben ihren Beitrag geleistet.

Insbesondere der Anteil der 55- bis 64-Jährigen, die arbeiten, ist gestiegen
Lag der Erwerbstätigenanteil bei den Frauen in dieser Altersgruppe im Jahr 1993 noch bei nur 62,1%, waren es 2008 mit 76,2% bereits 14,1 Prozentpunkte mehr. Seitdem ist der Anteil nochmals stark gestiegen und erreichte im Jahr 2017 einen Wert von 83,2% und damit 20,1 Prozentpunkte mehr als 1993. Bei den 35- bis 44-Jährigen ist der Anteil hingegen nur von 68,1% auf 79,9% gestiegen und liegt damit seit dem Jahr 2010 niedriger als bei den 45- bis 54-Jährigen. Bei den 55- bis 64-Jährigen war, wie vor dem Hintergrund der Veränderungen bei der Rente nicht anders zu erwarten, ein noch stärkerer Anstieg von 23,7% 1993 bis auf 65,4% im Jahr 2017 zu verzeichnen.

Auch bei Teilzeit: Frauen arbeiten mehr Stunden
Gleichzeitig arbeiten die erwerbstätigen Frauen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren heute auch häufiger mit größerem Stundenumfang. Lag der Anteil der in kleiner Teilzeit mit weniger als 21 Arbeitsstunden pro Woche Beschäftigten bei ihnen im Jahr 2008 noch bei 31,7%, waren es 2017 nur noch 28,5%. Hingegen sind die Anteile der mit 21 bis 39 Stunden pro Woche beschäftigten Frauen von 39,4 auf 42,3% und der Frauen mit einen Beschäftigungsumfang von 39 und mehr Stunden von 28,9 auf 29,2% gestiegen.

Frauen fangen nach der Geburt der Kinder schneller an wieder zu arbeiten
Diese Entwicklung geht vorwiegend auf ein sich veränderndes Erwerbsverhalten der Mütter in Deutschland zurück. Diese steigen heute nach der Geburt ihrer Kinder nicht nur deutlich früher wieder in den Arbeitsmarkt ein, sondern weiten ihre Erwerbsbeteiligung in der Folge auch stärker aus. Die Erwerbstätigenanteile bei den Müttern mit Kindern im Alter zwischen 10 und 14 Jahren sind zwischen 2008 und 2017 von 70,4 auf 78,3% und bei den Müttern mit Kindern im Alter zwischen 15 und 17 Jahren von 75,3 auf 82,8% gestiegen.

Auch arbeiten mehr Mütter mit Kindern im Teenageralter in großer Teilzeit oder Vollzeit, wie eine eigene Auswertung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigt. Der Anteil der Mütter mit Kindern im Alter zwischen 15 und 17 Jahren mit einer vertraglich vereinbarten oder tatsächlichen Arbeitszeit unter 21 Stunden ist zwischen 2008 und 2017 von 36,7 auf 28,3% gesunken. Gleichzeitig sind die Anteile der Mütter mit 21 bis 35 Stunden von 24,6 auf 30,7% und die der Mütter mit über 35 Stunden von 38,7 auf 41,1% gestiegen. Bei den Müttern mit Kindern im Alter zwischen 10 und 14 Jahren waren ein Rückgang der kleinen Teilzeit von 49,4 auf 36,7% und Anstiege bei der großen Teilzeit von 24,8 auf 32,5% und bei der Vollzeit von 25,7 auf 30,7% zu verzeichnen.

Mütter empfinden Erfolg im Beruf zunehmend als wichtiger
Hierin spiegeln sich nicht nur die direkten Effekte der verbesserten Betreuungsinfrastruktur im Kita- und Grundschulbereich wider. So steigen die Erwerbstätigen- und Vollzeitanteile der Mütter, auch nachdem das jüngste Kind die Grundschule verlassen hat, noch weiter an. Zudem liegt eine entsprechende Verschiebung der Präferenzen vor, wie eine Auswertung der im SOEP ebenfalls gestellten Frage nach den gewünschten Arbeitszeiten verdeutlich.

Auch hier geben die Mütter mit Kindern Alter zwischen 10 und 17 Jahren immer seltener Werte an, die in den Bereich einer kleinen Teilzeit fallen. Überdies antworteten auf die letztmals im Jahr 2016 im SOEP gestellte Frage nach der Wichtigkeit von Erfolg im Beruf nur 2,7% von ihnen, dass ihnen dieser ganz unwichtig, und 24,1%, dass ihnen dieser weniger wichtig sei. Hingegen ist er für 56,8% wichtig und für 16,4% sogar sehr wichtig. Dies deutet klar darauf hin, dass die meisten Mütter mit Kindern im Teenageralter nicht nur einer Erwerbstätigkeit nachgehen, um das Familieneinkommen aufzubessern, sondern der Beruf auch von hoher emotionaler Bedeutung für sie ist und sich in ihrer gestiegenen Aktivität nicht nur die bessere gesamtwirtschaftliche Lage widerspiegelt.

„Große Teilzeit“ stellt für Mütter mit älteren Kindern eine gute Alternative dar
„Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass sich die positive Entwicklung bei Erwerbsbeteiligung und Erwerbsumfang von Müttern mit älteren Kindern in den nächsten Jahren noch weiter fortsetzen wird“, schreibt das IW. Damit einhergehend dürften auch unabhängig von den weiteren Entwicklungen bei der Rente die entsprechenden Werte bei den Frauen in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens insgesamt weiter steigen. Allerdings muss dies nicht unbedingt heißen, dass sie auf absehbare Zeit zum überwiegenden Teil in Vollzeit arbeiten werden. Die große Teilzeit kann für sie eine Alternative darstellen und ist aus familienpolitischer Sicht auch völlig anders zu werten als die kleine Teilzeit, die zumeist hauptsächlich den Charakter eines Zuverdiensts hat und im Trennungsfall zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreicht.

So kann ein Erwerbsverhältnis mit etwas reduzierten Arbeitsstunden auch unabhängig von den während des Teenageralters des jüngsten Kindes noch bestehenden familiären Aufgaben mit Blick auf die Work-Life-Balance von Frauen und auch Männern in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens optimal sein. Daher besteht, solange sich die Entwicklung in ihrer momentanen Weise fortsetzt, auch nicht unbedingt die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um die Erwerbsanreize für Zweitverdiener weiter zu stärken, mit denen vor allem die Frauen zwischen 45 und 64 Jahren adressiert würden.

Betreuungsinfrastruktur sollte weiter ausgebaut werden
Das heißt allerdings nicht, dass die Politik gar nicht handeln sollte. „Insbesondere sollte der quantitative und qualitative Ausbau der Betreuungsinfrastruktur weiter vorangetrieben werden“, meint das IW. „Dieser ist auch für die Erwerbstätigkeit nach der aktiven Familienphase von großer Bedeutung, da sich längere Phasen ohne und mit verminderter Erwerbstätigkeit negativ auf die Karriere- und Einkommensperspektiven auswirken. Zudem muss den Müttern, die sich bewusst für eine längere Auszeit entscheiden, die Rückkehr in den Arbeitsmarkt erleichtert werden“, so das IW. Wichtig hierfür seien gezielte Qualifizierungsangebote, die es ermöglichen, sich wieder auf den aktuellen Stand in ihrem Berufen zu bringen, sowie Beratungs- und Vermittlungsangebote, die bei der Suche nach einem für sie passenden, neuen Arbeitsplatz helfen.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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