Annika Peters ist im Vorstand der FrauenFinanzBeratung Barbara Rojahn & Kolleginnen in Stuttgart. Sie ist hier in der Beratung von – überwiegend weiblichen – Privatanlegern tätig. Wir sprechen mit ihr über den Beruf der Finanzanlagenberaterin, was ihn ausmacht, und ob er sich für Frauen gut eignet.

Annika, Du berätst täglich Kundinnen in Sachen Finanzen, Altersvorsorge, Versicherungen. Was macht Dir an Deinem Beruf am meisten Spaß?
Mir gefällt an meinem Job, dass er sehr abwechslungsreich ist. Jede Kundin hat eine andere Situation und es ergeben sich ganz unterschiedliche Fragestellungen, für die ich dann Lösungen suche. Auch das Feedback ist toll, gerade wenn man Frauen berät und ihnen auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit geholfen hat. Ich glaube, der Austausch zwischen Frauen ist lockerer und intensiver; er ist auch sehr persönlich. Unsere Beratung umfasst ja sowohl Wissensvermittlung als auch individuelle Beratung. Es gibt mir ein gutes Gefühl, wenn meine Kundin dann einen Aha-Moment hat und ich ihr tatsächlich helfen konnte.

Was siehst Du als die wichtigsten drei Voraussetzungen an, um Beraterin zu werden?
Dazu gehören sicher ein gewisses Einfühlungsvermögen, Empathie und Spaß am Umgang mit Menschen. Aber natürlich auch Fachwissen. Schließlich muss ich die Bereiche fachlich abdecken können, über die es im Beratungsgespräch geht. Das reicht von wirtschaftlichen Themen über Sozialversicherungs-Themen, bis hin zu politischen Veränderungen, die man im Blick haben muss.

Was sind die technischen und fachlichen Voraussetzungen, um in der Beratung tätig sein zu können?
Man muss nicht Mathe studiert haben, aber ein guter Umgang mit dem Taschenrechner ist sicher gut! Ein Gefühl für Zahlen sollte man schon haben und auch Lust, sich in technische Themen einzuarbeiten, zum Beispiel in ein neues Finanzplanungstool. Letztlich sitzt man viel am Computer und muss Berechnungen anstellen. Außerdem braucht man Grundwissen über Themen wie Recht und Steuern. Außerdem muss man Lust haben, Finanzprodukte zu bewerten und zu analysieren. Dazu brauche ich ein Verständnis, wie sie aufgebaut sind. Mir hat hier sehr geholfen, dass ich eine Weile im Asset Management gearbeitet habe.

Der Finanzmarkt entwickelt sich ja sehr schnell, und es gibt immer wieder Themen und Produkte, die es vor 10 Jahren noch gar nicht gab. Wie sieht es aus mit Weiterbildung?
Weiterbildung ist in unserer Branche sehr wichtig. Gefühlt kommt jeden Tag ein neuer ETF oder ein anderes Produkt auf den Markt. Außerdem kommen Themen wie Krypto-Assets und Robo-Advisor auf den Markt, aber auch aufsichtsrechtliche Themen: Jetzt ganz neu seit 2. August zum Beispiel die Abfrage von Nachhaltigkeits-Präferenzen bei Kunden, gemäß MiFid. Als zertifizierte Finanzplanerin (CFP®) muss ich mich laufend fortbilden, zum einen aus regulatorischer Sicht (wir benötigen pro Jahr 30 Weiterbildungs-Punkte), aber auch von der Kundenseite her. Teilweise geht das auch übers Internet, aber zum Teil auch in Präsenz-Veranstaltungen.

Anlageberatung hat nicht gerade den tollsten Ruf in der Bevölkerung. Tut Dir das weh? Wie gehst Du mit diesem teilweise sehr negativen Image um?
Ich finde das sehr schade. Das schlechte Image der Finanzberatung wird teilweise durch Finanzbloggerinnen noch verstärkt. Die sagen nicht selten, dass man Beratung gar nicht braucht. Mir wird da viel zu wenig differenziert zwischen abhängiger und unabhängiger Beratung. Unabhängige Beratung kostet Geld, dafür stehen wir auf der Seite unserer Kundinnen. Natürlich muss ich für meine Arbeit entlohnt werden. Bei uns kostet auch die Erstberatung Geld. In meinem täglichen Geschäft wird das zum Glück problemlos akzeptiert, und ich merke von dem schlechten Image der Finanzberatung nichts. Unsere Kundinnen kommen fast immer auf Empfehlung, und sie wissen, dass sie von uns das nötige Wissen vermittelt bekommen, um am Ende gute Entscheidungen treffen zu können.

Das Thema Nachhaltigkeit scheint Frauen besonders anzusprechen. Wie lässt sich dieses Thema mit der Finanzanlagenberatung kombinieren?
Es ist nachgewiesen, dass Frauen häufiger zu Nachhaltigkeits-Themen nachfragen als Männer. 70% der Frauen wünschen explizit nachhaltige Kapitalanlagen. Nachhaltigkeits-Themen lassen sich gut mit der Geldanlage verbinden, aber ich muss mit den Kundinnen besprechen, welche Methode von Nachhaltigkeit sie sich wünscht, und es dann auch ehrlich machen. 100% gehen da noch nicht, dass muss ich meinen Kundinnen ehrlicher Weise sagen. Ich muss meine Kundinnen mit ins Boot holen, so dass sie dann eine fundierte Entscheidung treffen können. Das verlängert die Erstberatung, rein zeitlich gesehen. Wir bei der FrauenFinanzBeratung produzieren dazu eine eigene Reihe von Online Webinaren. Das sind 1-stündige Videos; von denen erstellen wir etwa jeden Monat ein Thema.

Ist der Beruf der Finanzanlagenberaterin eigentlich für Frauen geeignet? Haben hier Frauen vielleicht sogar Vorteile gegenüber ihren männlichen Kollegen?
Ich glaube ja! Frauen wird nachgesagt, dass sie sorgfältiger im Umgang mit Geld sind und ein besseres Einfühlungsvermögen haben. Ich habe auch Männer gehabt, die gezielt nach einer Frau als Beraterin gesucht haben, weil sie der Meinung sind, dass sie gewissenhafter und ruhiger sind. Natürlich ist nicht jede Frau so, und nicht jeder Mann so. Aber grundsätzlich halte ich den Beruf der Finanzanlagenberaterin für sehr geeignet für Frauen!

Und ist er für Frauen mit Kindern geeignet?
Ja, weil ich die Kundentermine in der Regel gut planen kann, bei uns sogar oft Monate im Voraus. Meistens sind es ja keine Themen, wo man akut reagieren muss, sondern die meisten Themen können problemlos bis nächste Woche warten. Auch Teilzeit-Arbeit ist in der Finanzberatung gut möglich, was ja z.B. viele Mütter wünschen. Die können sich vielleicht besonders gut in andere Frauen hineinversetzen, die auch Kinder haben. Bei uns geht es ja darum, ein finanzielles Lebenskonzept zu erstellen, das ist auch für Männer wichtig.

Schnelligkeit ist bei uns selten ein Erfordernis, weil wir mit langfristigen Anlagestrategien arbeiten. Wir machen kein Daytrading. Bei einer langfristigen Finanzplanung, muss man in Krisenphasen nicht plötzlich alles umstellen. Vielleicht mal Händchen halten, aber das geht auch telefonisch, auch vom Homeoffice. Und bei uns im Büro ist es toll, dass ich in einer Stress-Situation weiß: Ich bin nicht alleine, sondern wir haben ein Backoffice, das uns vieles abnimmt.

Das ist ein großer Unterschied: Bin ich Einzelkämpferin oder arbeite ich im Büro mit anderen Frauen zusammen? Ich finde es gemeinsam viel leichter. Aber natürlich können sich auch Einzelkämpferinnen zusammentun und gemeinsam netzwerken.

Und was kann man so verdienen als Finanzanlagenberaterin?
Die Verdienstmöglichkeiten sind gut! Die Einstiegsgehälter als Angestellte liegen so um die 36.000 Euro brutto pro Jahr, bei einer Vollzeit-Stelle. Nach oben hin ist das aber offen, je nachdem, welchen Bestand ich betreue und welchen Umsatz ich mache. Über 100.000 Euro sind in unserer Branche auch möglich, aber es dauert einige Jahre, bis man so einen Bestand aufgebaut hat.

Mal unter uns: Was hältst Du von Bitcoins?
Ich bin kein Bitcoin-Fan. Da ist ja nichts dahinter. Ich sehe keine ökologischen Gründe dafür, in Bitcoin & Co zu investieren. Sie gehören nicht zu einer soliden Finanzplanung und sind mit Risiken behaftet. Aber den Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite muss ich ganz vielen Kundinnen erklären.

Vielen Dank Annika, für dieses erfrischende Interview!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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