Wir möchten an dieser Stelle wieder eine Fondsmanagerin vorstellen, heute Frau Dr. Sabine Hampel von der Acatis Investment GmbH. Ihr as Aufgabengebiet im Hause Acatis beinhaltet zum einen das Management der quantitativen Produkte (Modulor Indizes und Fonds) und zum anderen arbeite sie als Portfoliomanagerin bei den Spezialmandaten im Bereich der Nachhaltigkeit mit. Ungewöhnlich ist, dass Frau Dr. Hampel zuvor sie als Kompanieeinsatzoffizier der Bundeswehr arbeitete. Fondsfrau Anke Dembowski spricht mit ihr über Frauen in der Fondsbranche.

Fondsfrauen: Frau Dr. Hampel, wie sind Sie in die Fondsbranche gekommen? War das gezielte Planung, oder teilweise auch Zufall?
Dr. Sabine Hampel: Ich habe mir die Fondsbranche gezielt ausgesucht, weil ich in einem Bereich arbeiten wollte, in dem ich eine sehr abwechslungsreiche Arbeit mit spannenden und neuen Herausforderungen vorfinde. Zudem kann ich im Investmentbereich meine große Affinität zu Zahlen hervorragend ausleben.

Sie haben promoviert. Inwiefern ist das wichtig bzw. hilfreich, um Portfoliomanagerin zu sein?
Ein Studium und eine Promotion verlangen ein strukturiertes Vorgehen und ein hohes Maß an Disziplin. Als Portfoliomanagerin habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Fähigkeiten auch in der Fondsbranche verlangt werden. Daher sehe ich ein wissenschaftliches Studium als sehr wichtig an, um im Investmentbereich zu arbeiten. Eine Promotion geht bei der wissenschaftlichen Ausbildung noch einen Schritt weiter als ein Studium, ist aber aus meiner Sicht nicht zwingend notwendig, um im Portfoliomanagement zu arbeiten.

Worüber haben Sie promoviert?
Ich habe im Bereich der monetären Ökonomik promoviert und mich mit makroökonomischen Zusammenhängen und der Wirksamkeit von Geldpolitik auseinandergesetzt. Die volkswirtschaftliche Ausrichtung meiner Ausbildung hilft mir bei meiner Arbeit als Portfoliomanagerin die kausalen Zusammenhänge zwischen der Bewertung von Unternehmen und makroökonomischen Faktoren zu erarbeiten. Zudem kann ich die wissenschaftlichen Inhalte einsetzen, wenn es bei uns im Haus zum Beispiel um geldpolitische Fragestellungen geht.

Sie waren früher bei der Bundeswehr. Was genau haben Sie dort gemacht?
Ich war zwölf Jahre bei der Marine und habe dort die Ausbildung zum Offizier gemacht und Volkswirtschaft studiert. Nach dieser Ausbildung wurde ich als Chef einer Logistikeinheit eingesetzt, und später war ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Monetäre Ökonomik an der Helmut-Schmidt-Universität tätig, wo ich meine Promotion abgeschlossen habe.

Welche der Fähigkeiten, die Sie bei der Bundeswehr gelernt haben, können Sie in Ihrem jetzigen Job gut einsetzen?
Als Chef einer Logistikeinheit habe ich gelernt, zielstrebig den militärischen Auftrag mit der gesamten Kompanie zu erfüllen. In dieser Zeit war es wichtig, sich schnell auf wechselnde Situationen einzustellen, den Blick für das Ganze zu bewahren und gleichzeitig die Verantwortung für das unterstellte Personal zu tragen. Diese Fähigkeiten helfen mir bei meiner Arbeit als Portfoliomanagerin, weil ich hier ebenfalls auf Basis vieler verschiedener Faktoren Entscheidungen treffen muss. Meine wissenschaftliche Ausbildung hilft mir, neue Ideen bei den Investmentstrategien einzubringen und fachliche Fragen zu beantworten.

Welche drei Punkte finden Sie am Beruf einer Portfoliomanagerin besonders reizvoll? Und gibt es auch etwas, das Sie an diesem Beruf nervt?
Ich finde die Vielfalt des Berufs sehr spannend. Jeden Tag muss man sich auf neue und unvorhersehbare Ereignisse einstellen. Es gibt so viele verschiedene Unternehmen zu analysieren, wobei ein gutes Verständnis der politischen, makroökonomischen und sozialen Einflussfaktoren benötigt wird. Zudem fasziniert mich der technologische Fortschritt in dieser Branche. Mittlerweile findet auch Künstliche Intelligenz Anwendung im Portfoliomanagement und wird zum Konkurrenten des klassischen Aktienanalysten. Und der dritte für mich sehr reizvolle Punkt ist die Verantwortung, die ich als Portfoliomanagerin trage. Als herausfordernd erachte ich die sich ständig verändernden Regularien, auf die sich die Branche fortwährend einstellen muss.

Wie wichtig sind Vorbilder für Sie? Haben Sie spezielle weibliche Vorbilder oder Mentorinnen? Oder ist bei Förderern das Gender-Thema egal?
Für mich sind Vorbilder enorm wichtig, weil sie junge Menschen unterstützen. Ich denke, dass das Gender-Thema hier keine große Rolle spielt. Vorbilder ermutigen mich, meine Ziele klar zu formulieren und konsequent zu verfolgen. Und durch Gespräche mit Vorbildern kann ich meine Denkweise besser hinterfragen. Gerade der Wechsel der Perspektive und der Erfahrungsaustausch sind in diesen Gesprächen wichtige Faktoren.

Zum Beruf der Portfoliomanagerin gehört, dass man mit seinen Investmentent­schei­dungen auch mal falsch liegen kann. Wie gehen Sie mit Risiko und Unsicherheit um?
Jeder im Portfoliomanagement wünscht sich sicherlich risikolose Entscheidungen in einem sicheren Umfeld. Meines Erachtens ist dies aber nicht möglich. Vielmehr ist es notwendig, Risiko und Unsicherheit als gegeben anzunehmen. Ich arbeite gerne mit „Checklisten“ (vgl. „Checklisten Strategie“ von Atul Gawande), die mir eine sehr kalte, aber strukturierte Sicht auf die Dinge bieten. So schaffe ich es, Risiko und Unsicherheit bei meinen Entscheidungen zu minimieren. Wichtig ist zudem, falsche Entscheidungen genau zu analysieren, um daraus für die Zukunft zu lernen.

Der Frauenanteil unter Portfoliomanagerinnen ist sehr gering – in Deutschland liegt er deutlich unter 10%. Welche Gründe sehen Sie, dass dies so ist?
Ich bin noch immer geschockt, dass der Anteil der weiblichen Portfoliomanagerinnen so gering ist. Ich bin vor gut einem Jahr aus dem sehr männerdominierten Beruf des Soldaten in diese Branche eingestiegen mit dem Gedanken „endlich mal nicht überall die einzige Frau zu sein“. Jedoch habe ich schnell gemerkt, dass es in der Fondsbrache noch weniger Frauen als beim Militär gibt. Das erstaunt mich, weil in den wirtschaftlichen und mathematischen Studiengängen der Anteil von Studentinnen und Studenten ausgewogen ist. Auch die Qualität der Abschlüsse zeigt keine großen Unterschiede. Jedoch gibt es weniger Doktorandinnen. Daraus folgt für mich, dass es nicht an der Ausbildung liegt, sondern vielmehr daran, was nach dem Abschluss des Studiums passiert. Vielleicht spielen die nicht optimalen Betreuungsmöglichkeiten von Kindern bei der Jobwahl eine Rolle. Möglicherweise beziehen junge Frauen diesen Faktor bei ihrer Entscheidung, in welcher Branche sie arbeiten möchten, mit ein und entscheiden sich für einen anderen Lebensweg.

Was können wir selbst tun, um das zu ändern?
Die perfekte Lösung für dieses Problem habe ich leider nicht zur Hand, aber meines Erachtens ist es für Frauen wichtig, dass sie Netzwerkstrukturen aufbauen und diese vertrauensvoll nutzen. Der männliche Teil der Portfoliomanager arbeitet seit Jahren bewährt mit guten Netzwerkstrukturen. Ich bin überzeugt, dass die Etablierung von Frauen als Portfoliomanagerinnen auf einem guten Weg ist und ihr Anteil durch die zunehmend stärker agierenden Netzwerke schnell zunehmen wird.

Was würden Sie einer jungen Frau empfehlen, die Portfoliomanagerin werden möchte? Mit Ihrer heutigen Sicht und Erfahrung: Wie sollte sie ihre Karriere vorbereiten und planen? Und welche Eigenschaften benötigt sie, um erfolgreich zu sein?
Am Beginn einer jeden guten Karriere stehen die Idee und die Faszination für eine Tätigkeit, für die man ein Leben lang brennt. Wenn eine junge Frau den Beruf der Portfoliomanagerin ausüben möchte, ist eine fundierte akademische Ausbildung das Fundament für diese Karriere. Während dieser Ausbildung ist es hilfreich, Praktika (In- und Ausland) zu absolvieren, um erste Unterschiede zwischen der akademischen Welt und dem späteren Berufsleben zu erleben. Die in Praktika gewonnenen Erfahrungen sind für den erfolgreichen Abschluss des Studiums sehr hilfreich. Die Mischung aus wissenschaftlichem Arbeiten und ersten praktischen Erfahrungen im Berufsleben fördert das kritische Auseinandersetzen mit Situationen und die Entwicklung kreativer Lösungsansätze.

Welche Voraussetzung sollte eine Frau mitbringen, um in der Fondsbranche erfolgreich zu arbeiten?
Ich finde es toll, wenn junge Frauen sich nach dem Studium ambitionierte Ziele setzen, sie mutig verfolgen und sich selbst treu bleiben. Diese Eigenschaften sind notwendig, um eine Position im Portfoliomanagement zu bekommen. Dazu gehört auch, offen und direkt zu kommunizieren, welche Karriereziele und Erwartungen man hat. Ich erachte zusätzlich „Führungsseminare“ als einen wichtigen Baustein, um den Beruf des Portfoliomanagers souverän ausüben zu können. Diese Seminare stärken die Fähigkeiten, ein Team verantwortungsvoll zu führen und gemeinsam eine Aufgabe zu erfüllen.

Wir Frauen interessieren uns einfach dafür, wie es andere Frauen machen, auch wenn ich diese Frage einem Mann wohl so nicht stellen würde: Haben Sie zusätzlich zu Ihrem Beruf Familie, um die Sie sich kümmern müssen? Und wie organisieren Sie das?
Ich bin verheiratet. Leider ist mein Mann beruflich nicht in Frankfurt tätig und stark in seine Arbeit eingebunden. So kennen wir die deutschen Autobahnen und Zugverbindungen der Deutschen Bahn sehr gut.

Vielen Dank für das Interview, Frau Dr. Hampel!

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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