Am 7. März ist Equal Pay Day in Deutschland. In anderen Ländern wird der internationale Aktionstag, bei dem auf Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern aufmerksam gemacht wird, an anderen Daten begangen. Equal Pay Day ist nämlich in den verschiedenen Ländern rechnerisch der Tag, bis zu dem Frauen unentgeltlich arbeiten würden, wenn sie ab dem Tag (gesamtgesellschaftlich) die gleiche Lohnsumme wie die Männer bekämen. So wird der Equal Pay Day in der Schweiz am 20. Februar, in Österreich am 21. Februar und in Deutschland am 7. März 2022 begangen.

Da Frauen häufiger als Männer in Teilzeit arbeiten und auch oft anderen Qualifikationen haben, muss der Gender-Pay-Gap um diese Größen bereinigt werden. Über alles gerechnet wurde Frauen 2022 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger gezahlt als Männern, so das Statistische Bundesamt. Aber auch bereinigt bleibt ein Unterschied: Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wie Männer verdienten im Schnitt 7 Prozent weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen. Dies ist kein Phänomen der deutschsprachigen Länder; international sieht es laut OECD nicht besser aus.

Gender Pay Gap ist Principle Adverse Impact (PAI)
„Die bisherige Erfahrung zeigt, dass dieser Missstand auf freiwilliger Basis viel zu langsam behoben wird. Ohne verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen tut sich kaum etwas“, meint Andreas von Angerer, Head of Impact bei Inyova. Inyova ist eine Plattform für digitales Impact Investing, mit Sitz in Zürich. Daher zähle die EU den Gender Pay Gap zu den Principle Adverse Impacts (PAI), den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, über die im Rahmen der EU Offenlegungsverordnung (SFDR) berichtet werden muss. „Damit wird die finanzielle Gleichstellung von Frauen in Unternehmen zu einem wichtigen Nachhaltigkeitsfaktor bei Investment-Entscheidungen“, so von Angerer.

Für die Berichterstattung nach SFDR sind valide Daten nötig. Zum Frauenanteil im Management und Aufsichtsrat sowie in der Gesamtbelegschaft werden bereits vielerorts Daten erhoben. Es fehlen jedoch oft jene zum mittleren Management. „Sie zeigen am besten, ob es im Unternehmen noch die unsichtbare gläserne Decke gibt, an die Frauen vor allem zwischen Mittelmanagement und C-Level stoßen“, so von Angerer. Auch verraten die erhobenen Daten oft nichts über die Gehaltsunterschiede innerhalb der gleichen Positionen, denn wer außerhalb des Tarifgefüges verdient, muss selbst verhandeln. Dabei sind Frauen oft immer noch zurückhaltender als Männer. Dies vielleicht auch deshalb, weil sie in der Regel deutlich stärkere Gegenreaktionen als Männer erwarten müssen.

Investor*innen sollten mehr Transparenz einfordern
Um die multiplen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen, sollten sich Unternehmen um Diversität und deshalb einen möglichst hohen Anteil an weiblichen Führungskräften bemühen. Dafür braucht es entsprechende Richtlinien und Maßnahmen. Um Positiv-Beispiele identifizieren zu können, braucht es Transparenz. So kann der Druck auf Unternehmen gesteigert und die Position von Investor*innen verbessert werden, um notwendige Veränderungen einzufordern.

Abstimmung bei Apple
Noch ist es ein weiter Weg. Das zeigt das Unternehmen Apple, dessen Investor*innen bis zum 9. März u. a. darüber abstimmen können, ob der Tech-Konzern das durchschnittliche Lohngefälle nach Geschlecht und Nationalität, einschließlich der damit verbundenen Politik-, Reputations-, Wettbewerbs- und Betriebsrisiken in Zukunft veröffentlicht. Die Stimmrechtsberatung Institutional Shareholder Services (ISS) hat Apple-Investor*innen geraten, für die Veröffentlichung zu stimmen. „Für Inyova ist es selbstverständlich im Namen der Impact Investor*innen den Antrag zu unterstützen. Denn nur mit den richtigen Daten kann letztendlich der Erfolg der Diversitäts- und Inklusionsaktivitäten des Unternehmens und der Umgang mit den damit verbundenen Risiken beurteilt werden“, sagt Andreas von Angerer.

Das Apple-Management lehnt die Veröffentlichung ab. „Es bleibt abzuwarten, wie die Apple-Hauptversammlung im Jahr 2023 entscheiden wird – im vergangenen Jahr stimmte nur rund ein Drittel für die Veröffentlichung des Berichts“, so von Angerer.

Noch gibt es nur wenige Positiv-Beispiele
Er verweist auf die Investmentgesellschaft Arjuna Capital, die zusammen mit dem Aktionärsvertreter Proxy Impact berichtet, dass zurzeit nur elf Unternehmen ihre durchschnittlichen nach Populationen und globalen unbereinigten geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede offenlegen. Darunter befinden sich u. a. Mastercard, Bank of New York Mellon, American Express und Citigroup. Ein europäisches Beispiel für Transparenz bei der Bezahlung von Beschäftigten verschiedener Populationen und Geschlechter sei laut Arjuna Capital AcadeMedia, der größte unabhängige Bildungsanbieter in Nordeuropa. In einer jährlichen Gehaltserhebung stellt das Unternehmen sicher, dass die Gehälter zwischen den Geschlechtern nahezu gleich sind – der Unterschied ist mit weniger als ein Prozent marginal.

Weitere Zahlen zeigen, dass Gesetze zur Lohntransparenz keinen Rückgang von Produktivität und Profitabilität bewirken. „Neben Datenerhebung und Transparenz sind jedoch starke Durchsetzungsmechanismen für Beschäftigte erforderlich – wie es sie zum Beispiel in Dänemark und Großbritannien gibt, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu verringern. Beschäftigte müssen sowohl auf kollektiver als auch auf individueller Ebene über eine ausreichende Verhandlungsmacht verfügen, um ihre Rechte durchzusetzen zu können“, stellt von Angerer fest. Dafür brauche es wiederum mehr Frauen in Führungspositionen und zwar in gleichwertigen Positionen mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen, wie sie aktuell die Männer innehaben. Nur mit ausreichend vielen Frauen in Führungspositionen kann an der Spitze der Unternehmen die Einstellung zu diesem Thema verändert werden und als Vorbild für alle im Unternehmen dienen.

Foto: Inyova

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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