Vergangene Woche veröffentlichte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den diesjährigen Väterreport. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Väter viel stärker als früher eine partnerschaftlich organisierte Aufgabenteilung in der Familie wünschen. Eigentlich würde jeder zweite Vater gern die Hälfte der Betreuung übernehmen, doch klaffen Wunsch und Wirklichkeit oft weit auseinander: Tatsächlich gelingt es nur jedem fünften Vater, die Hälfte der Kinderbetreuung zu übernehmen.

Entscheidende Weichen werden früh gestellt
Die meisten Eltern stellen mit der Geburt entscheidende Weichen für die weitere Aufteilung der Aufgaben. „Es ist deshalb wichtig, dass Eltern sich schon zu diesem Zeitpunkt darüber Gedanken machen, wie sie sich die Aufgaben aufteilen wollen und welche Möglichkeiten es zur Unterstützung gibt. Dazu gehören insbesondere das Elterngeld und die Elternzeit, die beide Eltern gleichermaßen nutzen können“, schreibt Bundesfamilienministerin Lisa Paus im Vorwort zum Väterreport 2023. Fakt ist, dass die Erwerbsunterbrechungen der Mütter kürzer ausfallen, wenn der Partner mehr als zwei Monate Elternzeit in Anspruch nimmt.

Paus verweist auch auf die „Familienstartzeit“, mit der sich künftig Väter oder Partnerinnen für die ersten zehn Arbeitstage nach der Geburt ihres Kindes bei voller Lohnfortzahlung freistellen lassen können. „Beide Eltern haben so Zeit, früh eine enge Bindung zum Kind aufzubauen und sich von Anfang an die Aufgaben partnerschaftlich zu teilen“, meint Paus und erklärt, welche Konsequenzen dies haben kann: „Paare, die sich die Aufgaben partnerschaftlich teilen, sind zufriedener mit ihrem Familienleben. Zudem gelingt die finanzielle Eigenständigkeit beider Eltern besser und die wirtschaftliche Stabilität der gesamten Familie wird gestärkt.“

Ausgewogenere Aufteilung der Familienarbeit zwischen den Partnern
Die Studie zeigt teilweise erfreuliche Trends: Beispielsweise schaffen es viele Eltern heute, sich ihre Aufgaben deutlich ausgewogener aufzuteilen als noch vor einiger Zeit. So beziehen mittlerweile 44 % der Väter Elterngeld (2008 waren es erst 21 %), sie verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern und ihnen ist die Erwerbstätigkeit und finanzielle Eigenständigkeit ihrer Partnerin wichtig.

Väter möchten gern präsenter im Leben ihrer Kinder sein, und sie nehmen sich tatsächlich immer mehr Zeit für ihre Kinder: Noch 1993 waren es durchschnittlich 1,9 Stunden pro Tag, 2008 2,3 und 2019 3,0 Stunden an Wochentagen. Damit nehmen sie sich allerdings noch immer nur halb so viel Zeit wie Mütter (5,9 Stunden).

So kommt es, dass noch „Luft nach oben“ ist, was die tatsächliche Entlastung der Mütter bei der Familienarbeit angeht. Die unbezahlte Arbeit wird nach wie vor überwiegend von den Müttern geleistet. Den Vätern, die von den Vorteilen einer partnerschaftlichen Aufteilung überzeugt sind, gelingt es zwar besser, ihre Partnerinnen bei der Kinderbetreuung zu entlasten. Trotzdem gibt es bei den meisten Vätern nach wie vor eine Lücke zwischen der Aufgabenteilung, die sie sich wünschen und der Aufgabenteilung, die sie tatsächlich leben. 86 % der erwerbstätigen Väter sind in Vollzeit tätig, und die Hauptlast von Kinderbetreuung und Haushalt tragen die Mütter.

Insbesondere der „Mental Load“, also das Planen, Organisieren und „Mitdenken“ des Familienalltags, wird überwiegend von den Müttern getragen. Dieser lässt sich aber kaum in Minuten und Stunden ausdrücken, wirkt sich aber trotzdem auf verschiedene Bereiche des Lebens, darunter die Arbeit oder die Freizeit, aus. Der Mental Load wird offenbar oft unterschätzt, insbesondere von den Vätern.

53 % der Väter geben der Familie den Vorrang gegenüber dem Beruf
In der Studie wird deutlich, dass die Familie für Väter heute insgesamt eine wichtige Rolle spielt. Häufig wird ihr Priorität gegenüber dem Beruf eingeräumt. Mehr als die Hälfte der Väter (53 %) gibt an, dass sie einer Familienangelegenheit größere Bedeutung beimessen als einer beruflichen Angelegenheit. Ein deutlich kleinerer Teil (15 %) gibt beruflichen Anforderungen den Vorzug. Unter Müttern ist diese Priorisierung der Familie gegenüber dem Beruf allerdings noch deutlich stärker ausgeprägt: 78 % der Mütter geben der Familie den Vorrang, nur 3 % dem Beruf.

Die wichtigsten Wünsche der Väter, um Familie und Beruf noch besser miteinander vereinbaren zu können sind:

  • Kostenlose Kinderbetreuung
  • Ganztagsbetreuung in Kita, Kindergarten oder Schule
  • Flexiblere Arbeitszeiten im Beruf
  • Flexiblere Betreuungszeiten in Kinderbetreuungseinrichtungen.

Viele mögen noch die traditionelle Rollenverteilung
Auch wenn sich mittlerweile viele Väter eine partnerschaftliche Aufteilung der Kinderbetreuung wünschen, sind längst nicht alle Menschen von der partnerschaftlichen Idee überzeugt: Immerhin ein Drittel der Väter und knapp ein Viertel der Mütter findet die traditionelle Aufgabenteilung am besten: Der Mann geht arbeiten und die Frau kümmert sich um den Haushalt.

Allerdings sinkt die Zustimmung zur traditionellen Aufgabenverteilung mit höherem Bildungsabschluss. 48 %der Väter und 47 %der Mütter ohne beziehungsweise mit Hauptschulabschluss finden die traditionelle Aufgabenteilung am besten. Bei denjenigen mit abgeschlossenem Studium sind es noch 24 % bei den Vätern und 12 % bei den Müttern. Die Mehrheit der Akademiker und Akademikerinnen wollen offenbar nicht „umsonst“ studiert haben, sondern ihre Ausbildung beruflich einsetzen – auch wenn Kinder da sind.

Paus ruft im Väterreport dazu auf, Wunsch und Wirklichkeit näher zusammenzubringen: „Lassen Sie uns gemeinsam – Politik, Gesellschaft, Wirtschaft – den Vätern Mut machen, die Aufgabenteilung, die sie sich wünschen, auch tatsächlich zu leben.“ Elternzeit und Elterngeld könnten dabei eine hohe Bedeutung haben: 34 % der Familien, in denen beide Elternteile Elternzeit genommen haben, sagen, dass sie dadurch zu einer gerechteren Aufgabenteilung gefunden hätten. Insbesondere Elternzeiten von Vätern, die über zwei Partnermonate hinausgehen, wirken sich positiv auf die partnerschaftliche Aufgabenteilung aus.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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