Aus dem Zusammenschluss von Hauck & Aufhäuser und Bankhaus Lampe ging zum Jahresanfang 2022 das neue Bankhaus Hauck Aufhäuser Lampe hervor. Durch die Fusion ist eine der führenden deutschen Privatbanken entstanden, mit einem verwalteten und administrierten Vermögen von über 200 Milliarden Euro sowie einer Bilanzsumme von rund 13 Milliarden Euro.

Der neue 5-köpfige Vorstand besteht aus Michael Bentlage (Chief Executive Officer (CEO) und zuständig für Asset Management und Investment Banking), Madeleine Sander (verantwortlich für Wachstum, Transformation und Innovation), Dr. Holger Sepp (zuständig für Asset Servicing und Digital Assets), Robert Sprogies (verantwortlich für die Back-Office-Bereiche) und Oliver Plaack (zuständig für Private und Corporate Banking). Insgesamt hat das fusionierte Bankhaus über 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sprechen mit Vorstandsmitglied Madeleine Sander über die Ausrichtung der neu fusionierten Bank, Diversity und die Innovationen.

Frau Sander, wir begrüßen das Bankhaus Hauck Aufhäuser Lampe als neues Fördermitglied der Fondsfrauen! Sie sind im Vorstand bei Hauck Aufhäuser Lampe. Was genau ist dort Ihr Aufgabenbereich?
Mein Mandat umfasst zwei Säulen: Erstens die CFO-Funktion; dahinter stehen die Bereiche Controlling, Rechnungswesen und Steuern. Die zweite Säule beinhaltet die Verantwortung für die Transformation und Innovation des Hauses. Dazu zählen die ESG-Funktion, unsere digitale Vermögensverwaltung Zeedin, die Strategie- und Produktentwicklungs-Abteilung, sowie die Verantwortung für die Digitalisierung unserer Geschäftsbereiche.

Sie leiten unter anderem das Ressort Innovation, was sich natürlich spannend anhört. An welche Innovationen arbeiten Sie bei Hauck Aufhäuser Lampe gerade?
Wir orientieren uns dazu an den Megatrends und haben einen umfassenden Strategie-Prozess durchlaufen. Identifiziert wurden 15 Megatrends, woraus sich 90 Sub-Trends ergeben, wie z. B. Ernährung oder Health. Dann haben wir die relevanten Trends für das Banking sowie relevante Initiativen abgeleitet. So haben wir beispielsweise für das Themengebiet ESG im letzten Jahr eine konzernweit wirkende Funktion sowie ein dezidiertes Komitee etabliert – zur ganzheitlichen Umsetzung unserer Strategie entlang der Dimensionen Markt, Regulatorik und Organisation. In puncto KI haben wir letztes Jahr zwei Pilotprojekte umgesetzt; mit dem Bereich Digital Assets sind wir bereits in der Geschäftsumsetzung und medial vielseitig vertreten.

Ja! Sie verbinden bei Hauck Aufhäuser Lampe die Themen Innovation, Digitalisierung und Diversität miteinander. Wo sehen Sie hier den Connex?
Aus meiner Sicht sind sowohl Diversität als auch die Digitalisierung klare Treiber für Innovationen. Wir sehen dabei Technologie und Digitalisierung nicht als Selbstzweck, sondern fragen uns: Welchen Nutzen bringt das für unsere Kunden? Diese Frage war ein ganz wichtiges Thema für uns im Rahmen der KI-Piloten. Und Diversität ist hier nicht nur ein Treiber, sondern auch ein „Enabler“. Es ist einfach wichtig, dass ich ein Team habe, das vielfältig denkt, und in sich divers ist: Hinsichtlich des Geschlechts, der akademischen Ausbildung oder der sozialen und nationalen Hintergründe. Nur so können wir Produkte entwickeln, die gut am Markt ankommen.

Sie haben mit Zeedin einen Robo-Advisor im Hause. Sprechen Sie hier weibliche Kunden anders an als männliche?
Nein! Unabhängig vom Geschlecht ist für uns wichtig zu wissen: Was sind die Bedürfnisse, die Erfahrungen, die Ziele unserer Kunden? Daraus leiten wir unter anderem die persönliche Risikobereitschaft ab.

Und wie ist das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Kunden bei Zeedin?
Unsere Kundschaft ist etwa 40:60 aufgeteilt, 40 % Frauen und 60 % Männer. Wenn wir die Auswertungen nebeneinanderlegen, sehen wir schon: Es gibt gewisse Muster, die zum Teil geschlechterspezifisch sind. Beispielsweise fällt die Risikoneigung bei Frauen im Schnitt geringer aus. Bei Männern sind die Risikoklassen im Regelfall höher.

Was glauben Sie, woran das liegt?
Wir sind ja alle aufgewachsen mit dem Sparbuch, aber davon haben sich insbesondere viele junge Menschen mittlerweile gelöst. Beim regelmäßigen Sparen liegen eher die Frauen vorne. Wenn es aber darum geht, Gelder am Kapitalmarkt anzulegen, findet unter Männern ein deutlich höherer Austausch statt. Hierbei werden auch teilweise mit Stolz die besonders guten Trades angepriesen. Das ist bei Frauen weniger der Fall als bei Männern.

Was war eigentlich persönlich Ihr erstes Investment im Wertpapier-Bereich?
Das war ein aktiv gemanagter Fonds, in welchen ich mit gut 18 investiert habe. Dabei war übrigens ein Mann prägend: mein Vater. Der war begeisterter Zeitungsleser und Kapitalmarktanleger. Er hat sich sogar die Zeitung in den Urlaub nachschicken lassen um die Entwicklung der Aktienmärkte verfolgen zu können. Das hat mich fasziniert und so hat er mir geraten, mal 200 oder 300 Euro in einen Fonds zu investieren, um selbst erste Erfahrungen zu sammeln. Und das habe ich dann gemacht.

Welche Rolle spielt beim Thema „Frauen in Führungspositionen“ Ihr chinesischer Investor Fosun?
In China ist vieles anders, auch beim Thema Frauen im Job. Über alle Branchen hinweg haben in China die Frauen einen Anteil von 38 % an den Führungspositionen. Im Finanzbereich sind es sogar 61 %. Das fällt regelrecht auf, wenn wir mit unserem Eigentümer sprechen. Natürlich inspiriert uns das, und daher ist auch bei uns im Haus eine hohe Sensitivität für dieses Thema gegeben.

Investieren Frauen anders als Männer? Wie sind Ihre Beobachtungen?
Wir beobachten, dass sich unsere Kundinnen sehr fundiert mit ihren Investments auseinandersetzen. Sie stellen im Vorfeld viele Fragen. Bei Krisen sind sie dann häufiger etwas relaxter und werden weniger nervös als die Männer. Das liegt unter anderem auch am Anlagezeitraum. Frauen sehen ihre Investments weniger als Trading-Position. Wir stellen auch fest, dass sich Frauen stärker für das Thema Nachhaltigkeit interessieren als Männer. Sie fragen sehr genau nach, was im Fonds drin ist und welche ESG-Aspekte konkret berücksichtigt werden.

Es wird öfter gesagt, dass Frauen keine anderen Finanzprodukte als Männer brauchen, aber eine andere Ansprache. Wie spricht Hauck Aufhäuser Lampe Frauen anders an?
Wir bieten dezidierte Veranstaltungen für Frauen an. Hier möchten wir für Frauen einen breiteren Raum schaffen, damit sie sich über Finanzen austauschen können, aber auch über Themen wie Elternzeit, Gender Pay-Gap oder Altersvorsorge. Außerdem sprechen wir in diesen Veranstaltungen Lebenszyklus-Fragen an, die auf Frauen zugeschnitten sind. Diese Veranstaltungen finden zum Teil bei uns im Hause statt. Oftmals werde ich aber auch eingeladen, zum Beispiel von Unternehmensberatungen, um dort mit Frauen über das Thema Finanzen zu sprechen. Da findet dann an einem Abend ein Rundumschlag über das Thema Finanzen statt – nur mit Frauen!

Sollte man in einem Unternehmen weibliche Mitarbeiter eigentlich anders fördern als männliche? Wenn ja, wo liegen die Unterschiede?
Ich bin kein Fan davon, im Team mit Frauen anders umzugehen als mit Männern. Wichtiger ist mir, dass wir für Mann und Frau die gleichen Bedingungen schaffen und insgesamt einen sehr vertrauensvollen Austausch fördern. Dabei sind Role Models sowie Nahbarkeit sehr entscheidend. Wir haben positive Erfahrungen damit gemacht, auf diese Weise gezielt mit jungen weiblichen Talenten über Erfahrungen und individuelle Fragestellungen zu sprechen. Dabei haben wir unsere Talent-Management-Aktivitäten in den letzten drei Jahren in Summe massiv ausgebaut – beispielsweise über das Format des Development Dialogues, einen umfassenden Trainingskatalog oder ein intern konzipiertes Transformer Programm.

Welche Tipps haben Sie für Frauen, die eine Karriere in der Finanzbranche anstreben?
Das wichtigste ist: Wartet nicht, bis man Euch anspricht! Ich erlebe oft, dass Frauen denken „der oder die muss doch sehen, was ich alles leiste.“ Jede sollte das auf ihre eigene Art tun, zum Beispiel aktiv den oder die Vorgesetzte ansprechen, wenn man ein Projekt sieht, an dem man Interesse hat, oder sich melden, dass man gern den nächsten Karriereschritt besprechen möchte. Frauen haben hier wohl oft Bedenken, dass sie nerven, wenn sie ständig auf der Matte stehen. Da ist eben eine empathische Art gefragt, aber die haben ja die meisten Frauen!

Vielen Dank für dieses Gespräch, Frau Sander!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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