Wie wichtig es für Unternehmen ist, auf eine gute Arbeitsatmosphäre zu achten, führt der Fall des britischen Hedgefonds Managers Odey Asset Management (OAM) vor Augen. Gegen den ehemaligen Star-Hedgefonds-Manager Crispin Odey wurden Missbrauchsvorwürfe laut. Was daran wahr ist, werden die Gerichte entscheiden müssen. Die Auswirkungen für das Unternehmen sind aber bereits jetzt real und erheblich.

Was passiert ist
Hedgefonds-Manager müssen mit einer guten Portion Selbstbewusstsein ausgestattet sein, denn ihr Ziel ist es, gegen den Strom zu schwimmen. Dass dieses große Ego, das für den Job offenbar notwendig ist, auch eine Kehrseite haben kann, zeigen derzeit die Vorwürfe, die gegen den ehemaligen Star-Hedgefonds-Manager Crispin Odey (64) erhoben werden. Er ist Gründer und Haupteigentümer der Londoner Investmentboutique Odey Asset Management (OAM), die unter anderem den von ihm 1991 gegründeten Hedgefonds verwaltet.

Insgesamt 13 Frauen hatten Anfang Juni 2023 in einem Financial Times-Artikel erklärt, dass Odey sie belästigt oder missbraucht habe. Unter den Frauen befinden sich auch ehemalige Angestellte. Sie berichten, dass sie die Arbeitsatmosphäre bei Odey Asset Management als „vergiftet“ empfunden hätten und das Unternehmen Übergriffen und Belästigungen gegen Frauen nicht nachgegangen sei. Das Asset Management-Haus erkennt das negative Unternehmensbild, das die FT zeichnet, nicht an und erklärt, dass das „Wohlergehen der Mitarbeiter ein zentraler Bestandteil der Unternehmenskultur“ sei. Man halte sich an alle rechtlichen und regulatorischen Verpflichtungen.

Crispin Odey bestreitet die Vorwürfe
Die konkreten Vorfälle sollen sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt haben – zwischen 1998 und 2021. Crispin Odey bestreitet die Übergriffe und bezeichnet sie gegenüber der FT als „Unsinn“. Über seine Anwälte lässt er wissen, dass er glaubt, die FT habe eine „vorgegebene Agenda“.

Um weiteren Image-Schaden abzuwenden, haben sich Odey Asset Management und Crispin Odey voneinander getrennt. Zumindest ist er nicht mehr Mitglied der Partnerschaft; Hauptanteilseigner von OAM ist er nach wie vor. Außerdem wird bei einigen Fonds das Management ausgewechselt, und für den Odey Swan Fund kommt eventuell sogar eine Schließung in Betracht.

Massive negative Auswirkungen aufs Geschäft
Die Vorwürfe haben bereits massive geschäftliche Auswirkungen, noch bevor ein Gericht sie bestätigt hat oder nicht. So sollen sich Marktteilnehmern zufolge bereits verschiedene Dienstleister, wie z.B. Prime-Broker, vom Unternehmen abgewendet haben, darunter Goldman Sachs, JPMorgan, Morgan Stanley und UBS.

Auch Kunden laufen davon. Während Odey Asset Management zu Spitzenzeiten AUM von über 13 Milliarden US-Dollar verwaltete, waren die Fonds im Jahr 2022 auf 3,8 Milliarden Dollar geschrumpft und schrumpfen offenbar weiter. Ein Rückgang der verwalteten Gelder von 70% und mehr ist für einen Asset Manager eine herbe Einbuße und zeigt, was für heftige Auswirkungen schon allein der Vorwurf einer unguten Arbeitsatmosphäre haben kann.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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