Wer kennt das nicht: Im Job quillt der Schreibtisch über, daheim stehen auch noch viele Dinge an, die Oma will, dass man ihr einen Kasten Sprudel vom Getränkemarkt mitbringt, und das Kind muss spätestens um 17 Uhr aus dem Kindergarten abgeholt werden – ach nein, heute ist Freitag, dann spätestens um 16 Uhr!
Wie man mit diesem „Mental Load“ am besten umgeht, darum ging es im Digitalen Lunch Talk am 30. April. Als Expertin stand Silvia Balaban, geschäftsführende Gesellschafterin des Coaching-Unternehmens REcalibration GmbH, Rede und Antwort. Die Fragen stelle Fondsfrau Simin Heuser.
Der Mama-Job hört nie auf
„Bei Erwerbsarbeit hat man irgendwann Feierabend, aber bei denen, die Care-Arbeit machen, geht es nach dem Job weiter“, erklärt Balaban. Ja, es muss eingekauft werden, ein leckeres Essen soll auf Tisch stehen, und Geburtstagsgeschenke sind auch noch zu besorgen. Insofern hört der Mama-Job eben nie auf, und auf Dauer stresst das!
Aber was heißt hier „Mama-Job“? Gibt’s dann auch einen Papa-Job, der nie aufhört? „Laut einer Bertelsmann-Studie erledigen bei heterosexuellen Paaren die Frauen 72% der kognitiven Familienarbeit“, beklagt Balaban. Frauen tragen also den Großteil dieses Workloads.
Auf ihrer Website hat Balaban einen Spruch von Jon Kabat-Zinn, der gut zusammenfasst, wie man mit dem Mental Load umgehen kann: ”You can’t stop the waves, but you can learn to surf.”
Mangelnde Wertschätzung für Care-Arbeit
Besonders ärgerlich ist: Für Care-Arbeit gibt es kaum Wertschätzung. „Im normalen Job wird man bezahlt, erhält Wertschätzung, kann aufsteigen, und man hat irgendwann Feierabend“, stellt Balaban fest. Bei der Care-Arbeit ist das alles leider nicht gegeben.
Dieser Stress tut nicht gut, denn ein dauerhaft überlastetes Gehirn führt zu Erschöpfung.
Laut einer Studie des Müttergenesungswerks sind Burnout-Fälle bei Müttern in den letzten 10 Jahren um 37% gestiegen.
Was droht bei Dauer-Stress?
„Solche Erschöpfungs-Zustände sind weder für die betroffenen Menschen selbst, noch für ihr Umfeld gut“, weiß Balaban und zählt einige der möglichen Konsequenzen auf:
- Menschen unter hoher mentaler Belastung treffen oft impulsive Entscheidungen, die womöglich nicht gut sind
- Man wird dünnhäutig, so dass es leicht zu Konflikten mit dem Partner kommen kann
- Ein hoher Mental Load lässt wenig Raum für persönliche Entfaltungsmöglichkeiten
- Wir können weniger „deep work“ machen
- Die psychische Belastung ist hoch
„Daher sollte man erste Symptome ernst nehmen“, rät Balaban.
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Was kann man selbst tun?
Doch was kann man selbst dagegen tun, wenn man nicht gleich eine Kur beantragen möchte?
„Fangt erst mal klein an: Mikropausen, die nur etwa 3-5 Minuten dauern, entlasten schon sehr“, meint die Expertin. In diesen Pausen lässt sich in Ruhe eine Tasse Tee trinken. Augen zu; Handy weglegen. „Vielleicht auch nur 10 Mal bewusst ein- und ausatmen“, meint Balaban.
Auch ein Powernap von 10 – 15 Minuten kann Wunder wirken. „Guter Schlaf ist wichtig. Kinder verstehen sehr gut, wenn Ihr sagt, Mama braucht mal 5 Minuten Pause‘“ muntert Balaban dazu auf, sich Auszeiten zu gönnen.
Außerdem sollte man mit seinem Partner / Partnerin sprechen und ihn/sie sensibilisieren. „Man sollte ansprechen, dass man sich überlastet fühlt“, meint Balaban.
Allerdings sollte das Gespräch mit dem Partner in einer ruhigen Minute und ohne Vorwürfe stattfinden. Nach dem Motto: „Ich merke, mir fällt zu viel hinten runter. Ich bin zu gestresst. Lass uns mal bei einem Glas Wein am Freitagabend darüber sprechen.“
Vom Perfektionismus verabschieden
Care-Arbeit ist oft schwierig zu beschreiben, weil es sich oft um eine Vielzahl von Kleinigkeiten handelt. Zur Objektivierung von Mental Load hat Balaban auf ihrer Website eine Checkliste, die man einfach durchgehen kann.
Ziel sollte es dann sein, nicht einzelne Aufgaben zu übertragen, sondern komplette Aufgabengebiete, nach dem Motto: „Du bist künftig verantwortlich für die Frisör-Termine der Kinder“, nicht: „Bitte kauf Du das Geschenk für den nächsten Kindergeburtstag“.
„Auch die Kinder dürfen gerne mithelfen!“, meint Balaban. Warum sollten sie nicht helfen, die Socken zu sortieren oder die eigene Wäsche in die Schubladen zu bringen? „Jeder, der laufen kann, kann auch seinen Teller zurück in die Küche tragen. Kinder übernehmen gern Verantwortung; das stärkt auch ihr Selbstwertgefühl“, meint Balaban.
Auch über unterschiedliche Qualitätserwartungen sollte man mit dem Partner sprechen. Vielleicht hat der eine ganz andere Sicht auf diverse Dinge und Tätigkeiten. Insbesondere bei dauerhaftem Unterschreiten der Qualitäts-Untergrenze sollte das Thema angesprochen werden, weil sonst schnell Unmut aufkommt.
Vielleicht müssen wir uns auch darin üben, toleranter zu werden, was die Sauberkeit des Hauses, das Bügeln der Wäsche und so weiter betrifft. Das Kind wird auch Freude an seinem Geburtstag haben, wenn es keine 4-Stunden vorbereitete Motiv-Torte erhält. „Die eigene Gesundheit muss wichtiger sein als dass alles tiptop aufgeräumt ist“, rät Balaban dazu, auch auf sich selbst zu achten.
Zur Website von Silvia Balaban geht es hier,


