„Fachkräftemangel bremst Immobilienmarkt“ heißt es in der FAZ vom 18. September in der Überschrift. Die positive Nachricht auf Seite 11: „Deutschland ist das Land mit der besten Performance“. Die schlechte Nachricht: „In den nächsten fünf Jahren fällt Deutschland wegen des begrenzten Beschäftigungszuwachses zurück. Sinkende Arbeitslosenquote und Anstieg freier Arbeitsplätze deuten auf einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.“

Faktoren, die LaSalle als Immobilien-Investmentgesellschaft als Negativ-Faktor für die deutsche Wirtschaftskraft ausmacht, haben natürlich eine Kehrseite für den Arbeitsmarkt. Auch wenn heute die Asylantenpolitik in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt, ändert dies nichts am akuten Mangel an qualifiziertem Personal. Da die Geburtsquote seit Jahren bei 1,4 Kindern pro Frau lag, gehen die Babyboomers nun in Rente und es rücken nur relativ wenige Vertreter der Generation Y nach. Grundsätzlich sind das gute Aussichten für Bewerber.

Frauen gesucht
Gerade Frauen werden als „Potenzial“ identifiziert, das noch nicht ausgeschöpft ist. Neben Migranten, älteren Arbeitnehmern oder Geringqualifizierten, bevorzugen viele Unternehmen die qualifizierten Frauen, die in den Beruf zurückkehren. Zum Beispiel bauen Firmen Kindergärten. In einem meiner letzten Seminare erzählte eine Teilnehmerin vom Einkaufs-, Wäsche- und Bügelservice in ihrem Unternehmen. Es handelte sich nicht um einen idealistischen Mittelständler, sondern um ein an der Börse notiertes Unternehmen mit 4,5 Mrd. Euro Umsatz.

Vorgehensweise bei Rückkehr in den Beruf
Aber wie kann die Rückkehr in den Beruf am besten erfolgen? 95% aller Job-Suchenden bewerben sich auf ausgeschriebene Stellen. Das Problem bei der Sache: Die Agentur für Arbeit hat festgestellt, dass lediglich 30% aller Stellen ausgeschrieben werden und somit auffindbar sind. Der Grund? Unternehmen scheuen den Aufwand und das Risiko der „Kaltakquisition“. Lieber gewinnen sie Sicherheit und gehen andere Wege. Was bedeutet dies für den Einstieg in den Arbeitsmarkt? Wie kann eine Bewerberin zu der kleinen Gruppe von 5% gehören, die sich konsequent auf die restlichen 70% der freien Positionen fokussiert?

Indem z.B. Initiativbewerbungen versendet werden. 15% bis 20% aller Stellen werden auf diese Weise besetzt. Natürlich sind die Chancen bei unbekannten Unternehmen abseits der Metropolen besser als bei den Top-Ranking Unternehmen in den beliebten Großstädten. Ein Lebenslauf kann bei Karriereportalen hinterlegt werden. Ein aussagefähiges XING-Profil generiert Anfragen. Es ist aber auch möglich, über XING Personalberater zu finden, die gerade auf der Suche nach dem eigenen Profil sind („erweiterte Mitgliedersuche“). Headhunter können kontaktiert werden, eine Stellensuchanzeige geschaltet, oder die Zusammenarbeit mit der ZAV/Managementvermittlung ist möglich.

Muss ich mich für die Babypause entschuldigen?
Ab wann bin ich „zu lange“ aus dem Arbeitsprozess? Die hinter dieser Frage stehenden Befürchtung ist für viele Tätigkeiten unbegründet. Wer nicht gerade im IT-Bereich mit einer Halbwertzeit des Wissens von 1,5 Jahren tätig ist, braucht sich diesbezüglich keine Gedanken zu machen.

Muss ich nachweisen, dass ich mich in der Elternzeit weitergebildet habe? Wenn dies in der Tat der Fall ist, spricht das für ein hohes Engagement. Die meisten Arbeitgeber verstehen aber, dass ein Kind die verfügbare Energie voll beansprucht. Gerade im Mittelstand ruft es bei Firmeninhabern häufig Anerkennung und Wohlwollen hervor, wenn sich eine Mutter längere Zeit um die Kinder gekümmert hat. Viele sehen darin einen Charakterzug, den sie mit einer Auszeichnung für die Übernahme von Verantwortung werten. Denn neben der Fachkompetenz spielt die Persönlichkeit zu 50% eine Rolle für die Anstellung.

Soll ich „zurückstecken“ oder bin ich als Mutter „voll anerkannt?“ Viele Arbeitgeber wissen, dass gerade Mütter eine außergewöhnliche Leistung erbringen. Sie sind häufig vom „schlechten Gewissen“ geplagt, dass sie kaum sowohl dem Kind als auch dem Arbeitgeber voll gerecht werden können. Ohne die Bedeutung dieser Thematik zu vertiefen, sind Arbeitgeber auf alle Fälle davon überzeugt, dass Mütter vielfach produktiver arbeiten als die Kolleginnen, da ihre Zeit knapper bemessen ist. Somit scheint es keineswegs notwendig, unterhalb der Verantwortung einzusteigen, die vorher ausgeübt wurde.

Werde ich mit offenen Armen erwartet?
Warten alle auf mich, vor dem Hintergrund des demographischen Wandels? Natürlich sind Arbeitgeber Realisten. Viele haben selbst Kinder und wissen um die Unwägbarkeiten. Gleichwohl hat sich der Arbeitsmarkt von einem Arbeitgebermarkt zunehmend zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. In der Immobilienbranche, im Gesundheitswesen, bei der Beratung, in Wirtschaftskanzleien sowie in vielen anderen Branchen und Funktionsbereichen. Unternehmen haben festgestellt, dass sich auf eine Stelle nicht länger 10, 20 oder 30 qualifizierte Bewerber melden. Sie stehen, im Gegenteil, mit drei, fünf oder 10 anderen Arbeitgebern im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter. Manche Stellen können sogar über einen Zeitraum von 12 oder 18 Monaten nicht besetzt werden. Es wird davon gesprochen, dass Deutschland 25 Mrd. Euro an Wirtschaftsleistung verloren gehen, da das entsprechende Personal fehlt.

Somit hat ein Arbeitgeber möglicherweise gewisse Bedenken. Dennoch wird er sich freuen, qualifiziertes Personal zu finden. Die Praxis muss dann bestätigen, dass die Entscheidung sowohl für die zurückkehrende Mutter als auch für den Arbeitgeber richtig war.

 


Autorenfoto_formatiertÜber den Autor

Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven
kennt die Einstellungspolitik aus der Praxis. Er war 17 Jahre in der Kosmetik für internationale Unternehmen als Abteilungs- und Bereichsleiter sowie als Geschäftsführer tätig. Seit 15 Jahren berät er Bewerber als Karriere-Coach beim Einstieg in ein Angestelltenverhältnis. Er hat zwei Bücher zum Erschließen des verdeckten Arbeitsmarktes veröffentlicht und ist regelmäßiger Kolumnist der Süddeutschen Zeitung für den Bereich „Beruf und Karriere“. Er wohnt mit seiner Frau und drei Söhnen in Emmerich am Rhein. Mehr Information unter www.zeylmans.de .

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