Aktuell überarbeitet die Bundesregierung die Sozialversicherungssysteme, darunter auch die Renten. Ob die Menschen länger arbeiten sollen, die Beiträge hochgehen oder mit dem Boomer-Soli ein Ausgleich innerhalb der Boomer-Generation erfolgen soll, ist längst noch nicht entschieden. Fest steht: Es gibt eine Schieflage bei den Renten, die sich allerdings schon lange abzeichnet. Schließlich ist die Situation, dass immer weniger Aktive immer mehr Rentner versorgen müssen, nicht neu. Vorherige Regierungen haben das Thema schleifen lassen, da es aus Politiker-Sicht unpopulär ist, es tatsächlich anzugehen.
Rentenzahlbeträge liegen meistens unter den Erwartungen
Begrüßenswert ist, dass jetzt ein Fokus auf die Renten gelegt wird und es zahlreiche Untersuchungen dazu gibt. So hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos die Rentenzahlbeträge aller deutscher Landkreise für das Jahr 2023 berechnet, was für viele ein Augenöffner sein wird: Die Zahlbeträge dürften deutlich unter den Erwartungen der meisten Menschen liegen. Außerdem zeigen die Ergebnisse große Unterschiede in der Rentenversorgung von Männern und Frauen. Besonders in den westdeutschen Bundesländern ist die Lücke sehr groß.
Frauen erhielten im Bundesdurchschnitt einen Rentenzahlbetrag von 936 Euro
Im Bundesdurchschnitt bekommen Männer um die Hälfte mehr gesetzliche Rente als Frauen. „In Westdeutschland bekommen Männer 66% mehr gesetzliche Rente als Frauen“, erklärt Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des GDV. Die Differenz bezieht sich auf die Rentenzahlbeträge – also die monatlich ausgezahlte gesetzliche Rente nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, die aus eigenen Rentenansprüchen erworben wurde. Während Frauen im Bundesdurchschnitt einen Rentenzahlbetrag von 936 Euro erhielten, bekamen Männer jeden Monat 491 Euro mehr Geld. Jedoch sind die Renten der Frauen innerhalb von zehn Jahren deutlich stärker gestiegen als die der Männer: Die Durchschnittrente der Frauen stieg von 2013 bis 2023 um 62%, die der Männer lediglich um 30%.
Frauen zahlen weniger in die Rentenkassen ein und erhalten weniger raus
Diese Gender Pension Gap spiegelt typische Unterschiede in den Erwerbsbiografien von Männern und Frauen wider. Da Männer bis heute Care-Arbeit nicht gleichberechtigt erfüllen, übernehmen Frauen vielfach diese Aufgaben. Sie arbeiten deswegen häufiger in Teilzeit und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit öfter und länger als Männer. Außerdem arbeiten sie häufiger in niedriger bezahlten Berufsfeldern. „Das führt dazu, dass Frauen weniger in Rentenkassen und Altersvorsorge einzahlen und im Alter dann finanziell schlechter dastehen als Männer. Das ist eine erhebliche Benachteiligung“, erklärt Schumann.
Gender Pension Gap in den neuen Bundesländern geringer
Auch regional unterscheidet sich der Gender Pension Gap deutlich. In Ostdeutschland ist die Gender Pension Gap mit 16% deutlich kleiner als in Westdeutschland. Grund dafür ist eine historisch höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen in den ostdeutschen Bundesländern. Positiv: Deutschlandweit ist mit einer tendenziell steigenden Erwerbsbeteiligung der Frauen und damit höheren Renten zu rechnen. Insgesamt liegt der Rentenzahlbetrag im Bundesdurchschnitt (Männer und Frauen) bei 1.149 Euro. „Das allein reicht nicht für ein auskömmliches Leben im Alter – Heute nicht und erst recht nicht in Zukunft. Denn der demografische Wandel setzt unser Rentensystem zunehmend unter Druck“, so Schumann.
Zurück zum Gender Pension Gap: Der betrifft leider alle Bereiche der Alterssicherung, also auch die betriebliche Altersversorgung, die direkt mit der Erwerbsbeteiligung der Frauen verbunden ist, und die private Altersvorsorge. Die Studienautoren sehen daher dringenden Handlungsbedarf, um die Renteneinkünfte von Frauen zu erhöhen.
Hohe Renditen sind wichtig bei der Altersvorsorge
Die Versicherungswirtschaft setzt sich für eine gezielte Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge ein. „Wir warten schon lange auf Reformen, die die Wirksamkeit und Verbreitung der ergänzenden Altersvorsorge erhöhen. In der privaten Altersvorsorge braucht es bessere Renditechancen bei weiterhin lebenslanger Sicherheit und ein vereinfachtes Fördersystem, das gezielt Familien und Menschen mit geringen Einkommen erreicht“, so Schumann. Schon heute unterstützt die Kinderzulage der Riester-Rente Familien und Alleinerziehende bei der Altersvorsorge.
Mehr Rente, mehr Unabhängigkeit, weniger Geldsorgen – Fünf Impulse
Die Studienautorinnen und -autoren von Prognos und der GDV leiten fünf Impulse zur Steigerung der individuellen und gesamtgesellschaftlichen Altersvorsorge von Frauen ab:
- Gesamtwirtschaftliche Effekte: Die höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen wirkt sich nicht nur auf individuelle Rentenansprüche aus, sondern entlastet auch das Rentensystem. Denn eine steigende Erwerbstätigenquote sichert das Rentenniveau und senkt Beitragssätze für alle.
- Vereinbarkeit: Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung müssen für Eltern besser vereinbar sein. Das erfordert den Ausbau bedarfsgerechter Kinderbetreuungsangebote sowie eine fairere Beteiligung der Väter an der Care Arbeit.
- Gemeinsam vorsorgen: Finanzielle Benachteiligungen von Frauen, etwa durch Gender Pay Gap und traditionelle Aufgabenverteilungen, führen zu ungleichen Einkommensverteilungen in heterosexuellen Paarhaushalten. Ein partnerschaftliches Vorsorgeverständnis, in dem das gemeinsame Haushaltseinkommen gleichermaßen für die Altersvorsorge aufgeteilt wird, gleicht Unterschiede innerhalb der Partnerschaft aus und erkennt Care Arbeit als Leistung an.
- Betriebsrente mitnehmen: Staatlich gefördert und vom Arbeitgeber bezuschusst, sind Betriebsrenten auch bei kleineren Eigenbeträgen ein wichtiger Baustein für die Altersvorsorge. Das Angebot steht allen Beschäftigten offen. Die Versicherer setzen sich für eine Reform ein, damit Betriebsrenten noch mehr Menschen erreichen und attraktivere Renditechancen bieten.
- Früh starten – länger sparen: Langes Sparen bei gleichzeitig geringeren Beiträgen führt dank Zinseszinseffekt zu attraktiven Renten. Späteinsteiger/-innen müssen für ähnlich hohe Renten deutlich mehr sparen.
Fazit: Die Rente ist kein Schicksal, sondern sie lässt sich gestalten. Dazu muss man sich nicht nur mit dem Thema beschäftigen, sondern man sollte auch renditeträchtige Anlageformen auswählen – sonst hilft auch der vielbemühte Zinseszins-Effekt nicht wirklich weiter.


