Helga Löhr ist Gleichstellungsbeauftragte bei der DekaBank. Fondsfrau Anke Dembowski führt mit ihr ein Interview darüber, was eine Gleichstellungsbeauftragte tut und welche Unternehmen überhaupt eine solche haben müssen.

Fondsfrauen: Frau Löhr, was tut eine Gleichstellungsbeauftragte eigentlich im Detail?
Helga Löhr: Sie mischt sich überall ein (lacht). Gleichstellungsbeauftragte haben einen sehr umfassenden Arbeitsauftrag, um die Ziele des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) zu fördern. Dazu zählt die Mitwirkung an personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten, soweit sie gleichstellungsrelevant sind – und das entscheidet die Gleichstellungsbeauftragte.

Können Sie in paar Beispiele nennen, wo Sie sich einmischen?
Ja, beispielsweise mischen wir uns bei folgenden Angelegenheiten ein:

  • Mitwirkung bei Stellenbesetzungsverfahren,
  • bei Arbeitszeitänderungen,
  • bei Konflikten bei der Urlaubsgewährung,
  • bei der Erstellung von Dienstvereinbarungen,
  • Gespräche mit den Führungskräften zu allen Aspekten der Chancengleichheit,
  • Beratung von Frauen zu ihrer beruflichen Entwicklung,
  • Beratung von Männern, wenn es um das Thema „Beruf und Familie“ geht,
  • Rederecht auf der Personalversammlung.

Außerdem verhandeln wir direkt mit dem Vorstandsvorsitzenden und dem Personalvorstand über Ideen zum Thema Chancengleichheit und haben dazu ein Initiativrecht, z.B. zu neuen Mentoring-Ideen, zum Thema „Väter und Beruf“, usw. Wir haben einen Beratungsauftrag und führen viele persönliche Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus organisieren wir mehrmals jährlich Informationsveranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themen, z.B. Umgang mit Veränderungen, Geschlechterstereotypen und Beruf und Pflege. Daneben nehmen wir über unsere Netzwerke Stellung zu Sendungen über Gender-Themen, etwa in „Hart aber fair“.

Gibt es eine gesetzliche Vorschrift, dass es bei Unternehmen ab einer bestimmten Größenordnung eine Gleichstellungsbeauftragte geben muss?
Nein, Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte sind nur für  Dienststellen des öffentlichen Rechts, unabhängig von der Größe, vorgeschrieben. In privaten Unternehmen gibt es inzwischen aber ähnliche Positionen,  beispielsweise Diversity-Beauftragte.

Seit wann gibt es bei der DekaBank eine Gleichstellungsbeauftragte?
Seit 2002, vorher gab es eine Frauenbeauftragte aus der alten DGZ. Als Anstalt des öffentlichen Rechts gilt für die DekaBank das Bundesgleichstellungsgesetz, das 2015 novelliert wurde. An der Novellierung haben wir über unsere Netzwerke kräftig mitgewirkt. Das war ein sehr spannender Prozess, auch wenn nicht alle unsere Vorschläge umgesetzt wurden*. Im Bundesgleichstellungsgesetz sind keine festen Quoten vorgegeben, sondern es enthält viele Maßnahmen, mit denen die Unterrepräsentanz von Frauen abgebaut und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer verbessert werden soll. Seit 2002 wurden dazu in der DekaBank zahlreiche Maßnahmen umgesetzt.

Wo sehen Sie bei sich im Hause die größte Notwendigkeit, speziell etwas für Frauen zu tun?
Frauen in Führungspositionen und in anderen attraktiven Positionen sind nach wie vor unterrepräsentiert. Nicht nur das Gesetz, sondern auch viele andere Argumente sprechen für mehr Frauen in diesen Positionen. Beispielsweise dass Frauen sehr gut ausgebildet ins Berufsleben starten, dass Unternehmen mit mehr Frauen in Führungspositionen bessere wirtschaftliche Ergebnisse erzielen, dass gemischte Teams besser arbeiten, dass es teilweise schon Fachkräftemangel gibt, usw.

Welche speziellen Fördermöglichkeiten bieten Sie bei sich im Hause für Frauen?
Wir haben ein breites Angebot, angefangen von sehr flexiblen Arbeitszeitregelungen bis zu persönlichen Beratungsangeboten. Darüber hinaus bieten wir für die Frauen bei der Deka

  • persönlichkeitsbildende Seminare,
  • Mentoringprogramme,
  • persönliche Coachingangebote,
  • Informationsveranstaltungen,
  • die gesetzlich vorgesehene  Frauenversammlung,
  • Beratungsangebote der Gleichstellungsbeauftragten und des Bereichs Personal sowie
  • Netzwerktreffen für weibliche Führungskräfte.

Für unser Nachwuchskräfteprogramm haben wir eine Frauenquote von 50% vereinbart und die Gleichstellungsbeauftragte nimmt an allen Besetzungsverfahren für Führungskräfte teil.

Wie werden diese Möglichkeiten von den Frauen wahrgenommen?
Sie werden gut angenommen. Allerdings haben wir bei der Besetzung von Führungs- und Expertenpositionen weiterhin eher wenige Bewerbungen von Frauen. Dabei zeigte eine Umfrage vor unserer letzten Frauenversammlung, dass rund 15% der Frauen das Thema Führungsposition sehr wichtig ist, weitere 20% hatten ebenfalls grundsätzlich Interesse an Führung.

Was ist Ihre Einschätzung, warum trotz des generellen Interesses von Frauen an Führungspositionen die tatsächliche Quote noch nicht sehr hoch ist? Woran hakt es in der betrieblichen Praxis?
Wir brauchen natürlich mehr Bewerbungen von Frauen auf Führungspositionen. Derzeit analysieren wir für den nächsten Gleichstellungplan, wie wir den Frauenanteil an den Bewerbungen steigern können und welche weiteren Maßnahmen zum Abbau der Unterrepräsentanz von Frauen sinnvoll sind.

Einige Männer drücken es direkt aus, dass sie sich auf Grund der aktuellen Frauen-Förderung benachteiligt fühlen. Sind diese Ängste Ihrer Meinung nach berechtigt?
Solche Aussagen habe ich auch schon gehört, beispielsweise: „Frau Löhr, sie müssen aufpassen, dass Sie es jetzt nicht übertreiben mit der Frauenförderung“. Eine Übertreibung sehe ich aber ganz und gar nicht. Das zeigt auch die Praxis: Über 80% der Führungskräfte in der DekaBank sind Männer, und auch über 70% aller AT-Angestellten. Dass ein Kollege im Einzelfall einmal gegen eine gleich gut qualifizierte Mitbewerberin das Nachsehen hat, kommt gelegentlich vor, kann ihm aber auch bei männlichen Mitbewerbern passieren. Die gefühlte Benachteiligung  kommt eher daher, dass das Thema in der Kommunikation einen andern Stellenwert hat als früher. Aber: Das neue Bundesgleichstellungsgesetz fordert ausdrücklich, dass Männer motiviert werden sollen, mehr Vereinbarkeitsangebote in Anspruch zu nehmen, d.h. dann mehr Zeit für die Übernahme von Familienaufgaben zu haben. Eine partnerschaftliche Aufteilung von Berufs- und Familienaufgaben ist eine wesentliche Voraussetzung für gelebte Chancengleichheit. Und da immer mehr Männer auch mehr Zeit für die Familie haben wollen, können gerade Männer vom Thema Gleichstellung profitieren.

Vielen Dank, Frau Löhr! Und weiterhin viel Erfolg für Sie als Gleichstellungsbeauftragte!

Löhr_formatiertFoto: Helga Löhr (DekaBank)

 

*) Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG), § 1
(1) Ziel des Gesetzes ist es,

  1. die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen,
  2. bestehende Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts, insbesondere Benachteiligungen von Frauen, zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern
  3. die Familienfreundlichkeit sowie die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit für Frauen und Männer zu verbessern.

(2) …die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern wird gefördert. Strukturelle Benachteiligungen von Frauen sind ….zu beheben.

(3) …die besonderen Belange behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen sind zu berücksichtigen.

 

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

Förderer