Barbara Rojahn ist Geschäftsführerin der FrauenFinanzBeratung in Stuttgart und leitet ein Team von neun Mitarbeiterinnen. Wir sprechen mit ihr über Frauen als Kundinnen, als Chefinnen und als Mitarbeiterinnen.

Frau Rojahn, was tun Sie genau in Ihrem Unternehmen FrauenFinanzBeratung und mit welcher Lizenz?
In unserem Unternehmen beraten wir seit mehr als 20 Jahren fast ausschließlich Frauen und nur sehr wenige Männer. Wir beraten individuell in allen Fragen rund ums Geld, wie zum Beispiel Vermögensaufbau – und -verwaltung, Altersvorsorge, Absicherung von Existenzrisiken bis hin zu finanziellen Strategien bei Trennung oder Scheidung. Wir haben die Zulassungen nach Paragraph 34 c, 34 d und 34 f Gew. Ord. sowie über unser Haftungsdach, die DFP, nach Paragraph 32 KWG.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie? Sind auch Männer darunter?
Wir sind derzeit insgesamt neun Mitarbeiterinnen, die sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit arbeiten. Davon sind zwei BWL-Studentinnen mit Mini-Job. Wir beraten inzwischen zu zweit, ab nächstem Jahr zu dritt. Noch gibt es keine Männer in unserem Büro.

Ist ein Job in der Finanzberatung eigentlich geeignet für Frauen? Insbesondere auch für Frauen mit Kindern?
Frauen sind genauso für eine Tätigkeit in der Finanzberatung geeignet wie Männer. Insbesondere ist die Finanzberatung von Frauen für Frauen sehr geeignet für Frauen. Warum? Weil Frauen die Bedürfnisse und Lebenswege von Frauen besser verstehen und nachvollziehen können als Männer. Außerdem sind viele Kundinnen in der Beratung Frauen gegenüber offener. Frauen mit Kindern können diese Tätigkeit vorübergehend ohne Probleme in Teilzeit ausüben. Nach der Kinderzeit sollten Sie aber unbedingt wieder einsteigen, weil sie sonst ihr Potenzial verschenken.

Wenn man ein rein weibliches Team führt, was ist dann anders als bei einem gemischten oder einem reinen männlichen Team?
Ich habe noch nie ein rein männliches Team geführt, aber vor Gründung meines Unternehmens durchaus männlich dominierte Teams. Die Frage nach den Unterschieden in der Führung kann man meines Erachtens nicht generell beantworten. Sie hängt nach meiner Erfahrung ganz wesentlich von der führenden Person ab. Führen muss man wollen, unabhängig davon, ob ich Vorgesetzte bin oder Teamleiterin. Meine Beobachtung ist, dass sich die Mitglieder in gemischten Teams etwas rücksichtsvoller und disziplinierter verhalten als in gleichgeschlechtlichen Teams. Als Vorgesetzte bzw. Leiterin von gemischten Teams muss ich mir über die unterschiedlichen Denk- und Verhaltensstrukturen von Frauen und Männern im Klaren sein und dies auch berücksichtigen. Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Mitarbeiter selbst: integrieren sie sich, lassen sie sich führen? Bei Problemen muss man diese offen ansprechen. In schwierigen Fällen muss man sich trennen, da das Arbeitsklima dadurch nachhaltig negativ beeinflusst wird.

Erkennen Ihre Mitarbeiterinnen Sie als Chefin an, oder glauben Sie, die Akzeptanz wäre bei einem männlichen Chef größer?
Die Mitarbeiterinnen erkennen mich als Chefin an. Die Akzeptanz eines Mannes wäre nicht per se besser oder schlechter. Anerkennung beruht vor allem auf Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Vorbildfunktion, Persönlichkeit und Leistung, unabhängig vom Geschlecht.

Unternehmen sprechen von Fachkräftemangel und wollen auch weibliche Mitarbeiter gewinnen und an sich binden. Was würden Sie diesen Unternehmen raten, was wichtig ist, um Frauen im Unternehmen zu halten?
In unserer Branche gibt es zurzeit keinen Fachkräftemangel. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter  gewinnt man generell mit einer interessanten, herausfordernden und verantwortungsvollen Aufgabe. Frauen möchten in der Regel die Möglichkeit haben, für einen begrenzten Zeitraum in Teilzeit zu arbeiten. Vorübergehende Teilzeit sollte kein Karrierehindernis sein. Besonders attraktiv für Frauen mit Kindern sind Arbeitgeber, die betriebseigene Kinderbetreuungsmöglichkeiten anbieten können.

Wie unterscheiden sich die Bedürfnisse von weiblichen und männlichen Angestellten?
Ich glaube, die Bedürfnisse von männlichen und weiblichen Vollzeitkräften sind nicht grundsätzlich unterschiedlich. Allerdings achten Frauen derzeit noch mehr als Männer auf ein gutes Arbeitsklima und auf flexible Arbeitszeiten, um gegebenenfalls Beruf und Familie besser zu vereinbaren.

Sie haben einmal angesprochen, dass manche Frauen zu fordernd sind, was die Flexibilität der Arbeitseinteilung angeht. Was geht? Was ist überzogen?
Hinsichtlich der Arbeitsflexibilität möchte ich gerne unterscheiden zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften sowie Mitarbeiterinnen mit Familie und Singles. Teilzeitkräfte möchten am liebsten nur vormittags arbeiten. Das lässt sich leider nicht umsetzen in kleinen Büros, die auch nachmittags besetzt sein müssen. Ich selbst habe mit drei Kindern auch nachmittags gearbeitet und zwar an den Nachmittagen, an denen meine Kinder Schule hatten. Ein ähnliches Problem ergibt sich, wenn alle zur Ferienzeit gleichzeitig Urlaub nehmen möchten. Hier ist nicht nur gute Organisation gefragt, sondern auch die Einsicht der Mitarbeiterinnen, dass auch das Unternehmen bestimmte Anforderungen stellen muss, um erfolgreich zu sein. Im Übrigen sind diese Themen bereits im Einstellungsgespräch zu klären.

Jetzt mal ehrlich: wie ist es bestellt um die oft ins Feld geführte „Stutenbissigkeit“? Ist das eine Lästerei der Männer, oder gibt es die wirklich?
Stutenbissigkeit gibt es, aber nicht in meinem Büro. Auch bei diesem Thema gilt: wie schaffe ich als Vorgesetzte beziehungsweise Teamleiterin ein Arbeitsklima das von Respekt, Zusammenarbeit sowie von Teamgeist geprägt ist? Zu viel Harmonie ist allerdings ebenfalls nicht gut, und ein bisschen (!) Konkurrenz spornt auch an.

Bei Besprechungen und Agenden, die abgearbeitet werden müssen: Sind hier Ihrer Beobachtung nach weibliche, männliche oder gemischte Teams effektiver?
Ich habe mehrere Jahre einen männlichen Beirat geleitet. Effektivität und Effizienz hängen in erster Linie von der Leitung der Besprechung ab, unabhängig davon ob der Teilnehmerkreis männlich oder weiblich oder gemischt ist. Wichtig sind eine klare Agenda, auf die sich alle Besprechungsteilnehmer vorbereiten können und müssen sowie eine gute Diskussionsleitung, bei der alle Teilnehmer einbezogen werden. Gemischte Teams sind in der Regel effektiver, da Frauen durch ihre soziale und emotionale Kompetenz andere Aspekte einbringen als Männer.

Was raten Sie Frauen, die nach einer Babypause wieder in den Beruf zurückkehren möchten?
Frauen die nach der Babypause wieder in den Beruf einsteigen, sollten keine zu lange Pause einlegen und nicht nur mit einem Mini-Job beginnen. Sie sollten ihrem Arbeitgeber zeigen, dass sie auch in Teilzeit eine gute und engagierte Arbeit leisten. Meine persönliche Erfahrung ist, dass der Spagat zwischen Familie und Beruf zwar groß ist, aber dass er sich für die Familie und für einen selbst lohnt: die berufliche Bestätigung wirkt sich nämlich positiv auf das Familienleben aus. Leider wählen Frauen beim Wiedereinstieg die schlechtere Steuerklasse und bekommen netto relativ wenig ausbezahlt. Das führt oft zu Frustration. Deshalb sollten Frauen die gleiche Steuerklasse wählen wie ihr Ehemann und sich die Kinderfreibeträge eintragen lassen. Frauen sollten den Wiedereinstieg unbedingt als eine Investition in die eigene Person und in die eigene Zukunft betrachten. Wenn sie immer einen Fuß in der Tür behalten, bekommen sie später auch wieder eine gute Vollzeitstelle. Nach einer Berufspause von 15 Jahren erhält man nur in Ausnahmefällen noch ein interessantes Angebot.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

(Foto: Pixabay)


Imagepool Barbara Rojahn Frauenfinanzberatung aus Juli 2013

Foto: Imagepool Barbara Rojahn

Über die Interviewpartnerin:
Barbara Rojahn hat sich mit ihrem Unternehmen Frauen- FinanzBeratung Barbara Rojahn GmbH & Co.KG seit über 20 Jahren auf die Beratung von Frauen spezialisiert.

Kontakt: frauenfinanzberatung.de

 

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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