Wer kennt das nicht: Man bewirbt sich auf einen Job, und erhält zur Antwort, dass man zu alt, zu jung, zu qualifiziert und daher zu teuer ist? Im März hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) eine repräsentative Umfrage zum Thema Altersdiskriminierung veröffentlicht, die das Meinungsforschungsinstitut GMS durchgeführt hat.

Diskriminierung gegen Alt und Jung
Das Ergebnis: 45 % der Menschen in Deutschland über 16 Jahren haben in ihrem Leben schon einmal Altersdiskriminierung erlebt. Bei den über 65-Jährigen war es jede dritte befrage Person (35 %). Wenn dann noch Frauen als eher weniger passend für Führungspositionen angesehen werden, treffen gleich zwei Diskriminierungen aufeinander. Aus den Erfahrungen, die wir im Arbeitskreis Senior Professionals der Fondsfrauen besprechen, beginnt Altersdiskriminierung bereits in sehr jungen Jahren, teilweise bereits ab 50.

Vorzüge von Alt und Jung gezielt nutzen
Beängstigend ist das aus zwei Gründen: Zum einen ist bereits heute die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland älter als 45 Jahre alt, und die Gruppe der Seniors nimmt demographisch zu. Insofern begrenzen Unternehmen auf diese Weise den Talente-Pool für sich erheblich. Zum anderen ist es auch aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll, auf die Erfahrung, das etablierte Netzwerk und die überwiegend hohe Leistungsbereitschaft der älteren Mitarbeitenden zu verzichten. Eine gute Lösung können Tandems aus Alt und Jung sein, die sich gegenseitig unterstützen – und motivieren.

Der Umfrage zufolge erleben die Befragten Benachteiligung vor allem im Arbeitsleben: 39 % berichten von Altersdiskriminierungen im Zusammenhang mit Erwerbstätigkeit. 27 % der Befragten erleben Altersdiskriminierung im Gesundheitsbereich, 24 % bei Geschäften und Dienstleistungen. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt haben 22 % der Befragten erlebt – beispielsweise, weil sie keine Immobilien-Darlehen mehr erhalten. Auch die Digitalisierung führte laut Befragten zu Benachteiligungen (11 %), da viele analoge Angebote in diversen Lebensbereichen einfach gestrichen werden und Kommunikation nur noch über das Internet möglich ist.

Gesellschaftliches Umdenken gefordert
„Die Umfrage zeigt: Altersdiskriminierung ist ein größeres Problem, als uns bewusst ist“, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, am Dienstag in Berlin. „Zwar ist Altersdiskriminierung gesetzlich verboten, aber das weiß kaum jemand. Die meisten Menschen machen die Diskriminierungserfahrungen mit sich alleine aus, statt sich Beratung zu holen und sich zu wehren.“ Ataman forderte ein gesellschaftliches Umdenken im Umgang mit Altersdiskriminierung: „Wir müssen über die negativen Altersbilder in unserer Gesellschaft reden: Noch immer glauben Menschen, ältere Kollegen am Arbeitsplatz seien eine Belastung. Das ist Unsinn und schadet der Wirtschaft“, sagte Ataman.

Ataman rief die künftige Bundesregierung dazu auf, sich stärker für Antidiskriminierung und gegen Benachteiligungen wegen des Alters zu engagieren. Konkret schlug sie der künftigen Regierung vor, einen Nationalen Aktionsplan Antidiskriminierung vorzulegen, der Maßnahmen auch gegen Altersdiskriminierung bündelt. Darüber hinaus plädierte Ataman dafür, das AGG zu novellieren, um die Rechte von Betroffenen zu stärken. Außerdem sollten die Interessen und Grundrechte älterer Menschen bei der Digitalisierung und der Nutzung von Künstlicher Intelligenz konsequent geschützt werden. Ataman riet in diesem Zusammenhang dazu, öffentliche und private Dienstleistungen weiterhin auch analog anzubieten und entsprechende Forderungen der Seniorenorganisationen ernst zu nehmen. Zudem sollte das Verbot von Altersdiskriminierung im Grundgesetz verankert werden.

Beratung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Übrigens gibt es eine Beratungs-Stelle bei der ADS, an die man sich wenden kann. Mehr als 8.600 Beratungsfälle zu Altersdiskriminierung sind dort seit ihrer Einrichtung eingegangen. Als Beispiele nannte Ataman eine 55-jährige IT-Expertin, der von ihrem Vorgesetzen gesagt wurde, sie sei ‚zu alt‘. Ihr Vertrag wurde daraufhin nicht verlängert. Und ein 60-jähriger Bankkunde erhielt kein Dispo-Girokonto – nach Angaben der Bank sei seine ‚Kreditwürdigkeit wegen seines hohen Alters nicht mehr sichergestellt‘.

Wir meinen: Diskriminierung jeglicher Art ist schlimm und am Ende negativ für die Person, die diskriminiert wird, als auch für das Unternehmen selbst. Personalabteilungen sollten die für die Stellen mit der am besten für den jeweiligen Job geeigneten Person besetzen.

Für die repräsentative Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut GMS wurden 2.004 Menschen in Deutschland befragt. Befragungszeitraum: 11. bis 16. März 2025, Methode: CATI Dual Frame Festnetz/Mobilfunk.

 

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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