„Der Vertrieb ist sehr auf den Einzelnen zugeschnitten“
Im März 2021 wurde Michaela Collet Jackson, Mutter von drei Kindern, Head of Distribution EMEA bei Columbia Threadneedle. Die Fondsfrauen sprechen mit ihr darüber, was das bedeutet, und über ihre Prioritäten. Außerdem erfahren wir, wie Columbia Threadneedle Frauen in der Fondsbranche unterstützt.
Michaela, Sie sind Head of Distribution EMEA bei Columbia Threadneedle. Können Sie uns sagen, was das genau bedeutet?
Im März 2021 habe ich meine neue Aufgabe als Leiterin des Vertriebs in der EMEA-Region übernommen, zu der auch Lateinamerika gehört. Hier kümmere ich mich um institutionelle Kunden, d. h. Lebensversicherungen und Pensionsfonds, sowie um Wholesale Kunden. In meiner Position kümmere ich mich auch um die Kundenbetreuung, die Ausschreibungen und bin auch für unser Risikomanagement bei den Kunden verantwortlich. Darüber hinaus war ich maßgeblich an der Übernahme und Integration von BMO GAM (EMEA) beteiligt, die im November 2021 stattfand – durch die Zusammenführung unserer beiden Vertriebs- und Kundenteams – und bei der wir gerade die Umbenennung von BMO in Columbia Threadneedle Investments umgesetzt haben.
Welche vertrieblichen Prioritäten setzen Sie für das Jahr 2022?
Bei unserer jüngsten Übernahme ist die Integration von entscheidender Bedeutung. Der strategische Charakter der Transaktion bestand darin, unsere Produktkapazitäten zu ergänzen und zu verbessern, zum Beispiel durch die Aufnahme von europäischen Immobilien und Private Equity in unser alternatives Portfolio. Sie ergänzt auch unsere Fähigkeiten im Bereich verantwortungsbewusster Investitionen und unseren Engagement-Overlay-Service sowie unser Lösungsportfolio. Dies zeigt, wie komplementär unsere Dienstleistungen sind, und die Übernahme hat uns all diese wichtigen Diversifizierungsmöglichkeiten gebracht. Das Gute daran ist, dass unsere beiden Unternehmen eine recht ähnliche Kultur haben. So können wir uns weiterhin auf eine einheitliche Leistung konzentrieren und unseren Kunden das Beste von beidem bieten. Ein großer Teil unseres globalen Geschäftswachstums kommt aus Europa. Wir wollen in jedem Markt, in dem wir tätig sind, auch vor Ort präsent sein und wir haben inzwischen eine bedeutende Präsenz in Kontinentaleuropa, u.a. in Österreich, Deutschland, der Schweiz, in BeNeLux, Italien, Frankreich, Spanien und Skandinavien. Aber wir müssen auch sagen, dass wir nicht überall gleichzeitig wachsen können. Unser starkes Geschäft in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz weiter auszubauen hat für uns Priorität.
Im Allgemeinen gibt es nicht viele Frauen, die im Fondsvertrieb arbeiten. Haben Sie eine Idee, warum dies der Fall ist?
Das ändert sich derzeit. Aber wir gehen von einer niedrigen Basis aus, insbesondere im Vertrieb. Wir können jetzt feststellen, dass die Vielfalt umso größer ist, je niedriger die Ebene ist. Auf den höheren Ebenen haben wir jedoch noch einen weiten Weg vor uns. Als Branche müssen wir die Aufmerksamkeit auf diese Tatsache lenken. Bei Columbia Threadneedle sind wir ebenfalls auf einem guten Weg. Wir haben Alexandra Frania in Österreich, Eva-Maria Hintner in der Schweiz und Katherine Haesaerts in Belgien. Sie sind Vorbilder für unsere jüngeren Mitarbeiter.
Hat sich auch der Vertriebsprozess geändert?
Ich glaube, das ist so. Heutzutage sind im Vertrieb andere Fähigkeiten gefragt als noch vor 10 oder 15 Jahren. Damals lag der Schwerpunkt auf dem Produktverkauf. Heute ist der Vertriebssprozess mehr auf den Kunden ausgerichtet. Wir fragen: Was braucht der Kunde? Wie können wir unseren Kunden helfen, erfolgreich zu sein? Es geht mehr darum, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Dies erfordert ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten. Ein Teil des Wandels hat sich durch die MiFID ergeben.
Können Sie aus Ihrer Erfahrung als Leiterin des Vertriebs bei Columbia Threadneedle feststellen, dass Frauen im Vertrieb anders arbeiten als Männer?
Beide Geschlechter können erfolgreich sein. Es kommt mehr auf die DNA des Einzelnen an, und es gibt viele Möglichkeiten, zu verkaufen. Es ist wichtig, gleiche Bedingungen für alle zu schaffen. Heute gibt es mehr Professionalität als noch vor einigen Jahren, was die Dokumentation und die Sorgfaltspflicht betrifft. Der Vertriebsprozess ist strukturierter als in der Vergangenheit. Der Vertrieb ist weniger beziehungsorientiert, sondern basiert mehr auf Wissen. Schauen Sie sich zum Beispiel die Vermögensverwalter an: Sie mussten viele ihrer Entscheidungsprozesse zentralisieren, was für den einzelnen Vermögensverwalter weniger Freiheit bedeutet. Ein großer Teil der Entscheidungsfindung ist auf der Ebene der Zentrale angesiedelt. In der Vergangenheit hatte ein Berater viel mehr Freiheit. Es geht nicht mehr nur darum, einen Drink zu nehmen.
Fördern Sie als weibliche Führungskraft Frauen in besonderer Weise, oder machen Sie sie irgendwie sichtbarer?
Wir müssen uns daran erinnern: Als ich in die Branche eintrat, stand die Genderthematik nicht so im Vordergrund. Folglich habe ich nicht so sehr auf Unterschiede geachtet. Ich muss darüber nachdenken: Was hält Frauen zurück? Wir wollen Frauen auf ihrem Karriereweg unterstützen. Dazu müssen wir so integrativ und vielfältig wie möglich sein und dafür sorgen, dass das Umfeld für Frauen stimmt. Wir tun dies, indem wir Vorbilder präsentieren und Mentoring und Coaching anbieten. Außerdem haben wir eine ausgeprägte Feedback-Kultur. Wir führen regelmäßig Beurteilungen durch: Was haben Sie geleistet? Wie haben Sie Ihr Ziel erreicht? Das „Wie“ ist wirklich wichtig. Auf diese Weise helfen wir unseren Mitarbeitern, Verantwortung für wichtige Initiativen zu übernehmen. Dies unterstützt auch einen integrativeren Ansatz.
Mutterschaft und Beruf sind manchmal schwer zu vereinbaren, vor allem in einer Vertriebsposition, die in der Regel mit vielen Reisen verbunden ist. Sie haben Kinder. Wie haben Sie selbst diese Herausforderung gelöst?
Ich habe drei Jungs, sie sind 11, 9 und 6 Jahre alt. Das ist richtig: Eine Karriere im Vertrieb ist eine Herausforderung. Man muss sich fragen: „Habe ich das richtige Gleichgewicht gefunden?“ Wenn nicht, muss man einen Weg finden, das Problem zu lösen. Bei mir ist es im Moment so, dass mein Mann nicht arbeitet und einen großen Teil der Familienarbeit übernimmt. Ich kann Müttern den Rat geben: Bauen Sie Netzwerk um sich herum, das sie unterstützen kann! Seien Sie flexibel, und nehmen Sie das in Kauf! Meine Karriere ist in Phasen verlaufen. Es gab Zeiten, in denen ich nur vier Tage pro Woche gearbeitet habe. Ich denke, man muss in Phasen denken, und man kann immer wieder zurückkommen.
Das Gute ist, dass der Vertrieb immer lokaler wird, so dass der Schwerpunkt auf kleineren Teilen des Marktes liegt. Das ist sowohl für die Kunden als auch für die Vertriebsmitarbeiter positiv. Dies eröffnet eine Reihe von Möglichkeiten, während es die Reisetätigkeit begrenzt.
Was empfehlen Sie Frauen, die eine Karriere in der Fondsbranche anstreben?
Trauen Sie sich! Die Branche sucht händeringend nach Frauen und nach vielfältigen Kandidaten. Ermutigen Sie die Menschen! Nutzen Sie Netzwerke, Vorbilder! Vertrieb ist ein weites Feld. Finden Sie heraus, was Sie antreibt! Seien Sie zielstrebig! Nutzen Sie Ihr Netzwerk, und gehen Sie auf andere zu! Menschen wollen helfen. Das Gute am Vertrieb ist: Es gibt nicht viele Kästchen zum Ankreuzen, denn viele Fähigkeiten lernt man „on the job“. Und wenn doch mal etwas fehlen sollte: Den Rest kann man lernen. Schauen Sie sich Alex in Österreich an: Sie kam von einem Kunden zu uns.
Vielen Dank für dieses inspirierende Interview!