Das war ein Aufreger: Mark Zuckerberg forderte am 10. Januar 2025 in einem Joe Rogan-Podcast „More masculine energy“ für den Meta-Konzern. Die Klick-Rate für den Podcast geht durch die Decke, verzeichnet mittlerweile 9,3 Millionen Aufrufe.
Vielleicht legen sich unsere aufgestellten Nackenhaare wieder ein wenig, wenn wir folgendes erfahren: In dem Podcast ging es um sehr viele Themenbereiche (z.B. um geistiges Eigentum, Zensur auf Plattformen, Covid…), und nur relativ kurze Zeit entfiel auf das Thema Diversity. Insgesamt dauerte das Interview sage und schreibe 2 Stunden und 50 Minuten. Daher sollte man vielleicht nicht jedes einzelne Wort auf die Goldwaage legen; möglicherweise war Zuckerberg, als er den Masculinity-Satz sagte, schon zu lange konzentriert.
Trotzdem, er hat es gesagt: „Masculine energy is good. Corporate culture was really trying to get away from it.”
Man muss auch sehen, dass sich Zuckerbergs Aussage in etwas einfügt, was in den USA eine Art Gegenbewegung zur DEI (Diversity, Equity and Inclusion, also Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Inklusion) zu sein scheint. So sieht eine neue Verordnung von Präsident Trump vor, dass alle Bundesbehörden ihre Diversity-Abteilungen auflösen müssen. Mittlerweile springen viele US-Unternehmen auf den Zug auf, so dass neben dem Meta-Konzern auch andere Großkonzerne ihre Vielfalts-Offensiven stoppen, darunter:
- McDonalds
- Target
- Walmart
- Ford
- Jack Daniel‘s
Selbst das Unternehmen Apple, das seine Diversitätsprogramme derzeit noch aufrechterhält, bekommt offenbar den Druck einiger Großaktionäre zu spüren, dem neuen Anti-DEI-Trend möglichst schnell zu folgen.
Beide Seiten argumentieren mit „Gerechtigkeit“
Die Sache ist insofern ärgerlich, als dass beide Seiten mit Gerechtigkeit argumentieren:
Die DEI-Bewegung fordert, dass allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglicht werden soll – unabhängig von Geschlecht, Herkunft, körperlichen Einschränkungen oder der sexuellen Orientierung. Ein hehres Gerechtigkeits-Ziel!
Die Regierung Trump fordert, „illegale Diskriminierung“ zu beenden und „leistungsbasierte Möglichkeiten wiederherzustellen“. Ja, wer von uns wollte sich schon GEGEN leistungsbasierte Möglichkeiten aussprechen?
Unternehmen in Europa fragen sich nun, wie sie reagieren sollen auf die beiden gegenläufigen Bewegungen reagieren sollen. Zwei Dinge fallen dazu auf:
USA ist anders als Europa
Zum einen ist die Diversity-Bewegung in den USA eine andere, so dass europäische Unternehmen auch andere Reaktionsmöglichkeiten zugestanden werden sollten.
Während die Nachhaltigkeits-Debatte in Europa stark von Klimarisiken und Umwelt-Themen dominieret wurde, lag in den USA ein großer Fokus auf Diversity- und Inklusions-Themen. So hatten in den USA die Firmen zahlreiche Förderprogramme, vor allem für Schwarze, Hispanics und Frauen. Über DEI-Zahlen wurde auch reportet und sie fanden Eingang in die KPIs (Key Performance Indicators).
Auch aus Sicht der Fondsfrauen scheint es nicht abwegig oder gar verurteilungs-würdig, eine „leistungsbasierte“ Beförderungspraxis zu verfolgen. Es gibt es viele gut ausgebildete, intelligente und leistungsbereite Frauen, so dass diese bei einer leistungsorientierten Beförderungspraxis ihre Karriere gut verfolgen könnten.
Wie die beiden Unternehmen SAP und UBS durchaus unterschiedlich auf den scharfen Wind aus den USA reagieren, darauf gehen wir in einem späteren Beitrag ein.
Frauenbewegung mit Nebenzielen überfrachtet
Zum anderen wurde die Frauenbewegung verwässert, indem verschiedene Nebenkriegsschauplätze eröffnet wurden, die uns Frauen nicht weitergebracht haben. Die Fondsfrauen als das größte deutschsprachige Karrierenetzwerk zur Förderung und Gleichstellung von Frauen in der Finanzindustrie sehen sich als Teil der Frauenbewegung. Die Bemühungen der Fondsfrauen sind dabei nicht etwa gegen Männer gerichtet, sondern schlicht „für Frauen“. Die Zielsetzung ist dabei nicht nur, Frauen zu inspirieren und untereinander zu vernetzen, sondern auch, die Unternehmen in der Finanzindustrie dadurch diverser, stabiler und letzten Endes effizienter zu machen.
Auffällig ist aber auch, dass die Frauenbewegung in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Neben-Themen scheinbar „angereichert“ wurde.
Frauen stellen keine Minderheit dar
Festzuhalten ist zunächst, dass Frauen keine Minderheit darstellen, sondern etwas über 50% der Bevölkerung ausmachen. Der Frauenbewegung wurden dann aber zahlreiche Minderheiten-Themen übergeholfen. So hat die LGBTQ-Bewegung nichts mit der Frauenbewegung zu tun. Auch geschlechtliche Neubestimmungen und Geschlechts-Umwandlungen, wie sie beispielsweise durch das deutsche Selbstbestimmungsgesetz vom November 2024 ermöglicht wurden, sind nicht der Frauenbewegung zuzurechnen. Vielmehr betreffen sie eine kleine Minderheit. Nicht, dass man dieser Minderheit nicht Gleichbehandlungs-Rechte zugestehen möchte, aber das sind keine Themen der Frauenbewegung, sondern einer anderen Bewegung.
Es kamen viele Umständlichkeiten hinzu, die auf der einen Seite für Aufwand und entsprechenden Unmut sorgen, aber auf der anderen Seite die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern in der Praxis nicht erhöhen.
Die Tatsache, dass in öffentlichen Gebäuden eine 3. Toilette gebaut wird oder auf dem Männer-WC nun ebenfalls ein Mülleimer für Menstruationsprodukte stehen soll, hilft Frauen nicht weiter. Und seien wir mal ehrlich: Inwiefern hat Gendern die Chancengleichheit für Frauen in der Praxis erhöht? Die deutsche Sprache eignet sich nicht gut für‘s Gendern, sondern es verstümmelt sie und macht sie schwer verständlich. Eine schwer verständliche Sprache sollte kein Ziel sein. Selbst das substantivierte Partizip, also als geschlechtsneutral angesehene Wörter wie „Studierende“ oder „Lehrende“ geben Sätzen eine eigenartige Unwucht und jetzt mal wirklich: Wie viele Frauen haben durch deren Nutzung einen attraktiven, erfüllenden und gut bezahlten Job erhalten?
Womöglich gibt es andere Sprachen, die besser geeignet sind für eine gendergerechte Ausdrucksweise. Dann würde mich interessieren, ob es Zahlen gibt, aus denen hervorgeht, dass dort Frauen bessere berufliche Aufstiegs-Chancen und bessere Bezahlung genießen.
Wenn man liest, dass es an einigen Universitäten mehr Lehrstühle für Gender Studies als für MINT-Fächer gibt, lässt das am wirtschaftlichen Nutzen der überwiegend aus Steuergeldern finanzierten Hochschulen zweifeln. Natürlich ist Wissenschaft nicht allein auf den wirtschaftlichen Nutzen zu reduzieren, aber die Frage „cui bono?“ muss erlaubt sein. Wem bringt es etwas, und was bringt es der Menschheit?
Die Überfrachtung der Frauenbewegung mit Neben-Themen hilft Frauen nicht!
Die Gefahr und möglicherweise der Grund für die in den USA zu beobachtende Gegenbewegung liegt darin: Die Frauenbewegung wurde mit vielen zusätzlichen Themen überfrachtet, teilweise ins Absurde gezogen (siehe Mülleimer für Menstruationsprodukte auf Männer-WCs oder der einmal jährlich mögliche Wechsel der geschlechtlichen Bestimmung) und damit von einigen als überflüssig angesehen.
Doch woher kam diese Überfrachtung mit Neben-Themen? Denkbar sind zwei Antworten:
- Von verschiedenen Gruppen sehr kleiner Minderheiten. Die Frauenbewegung fing an, erste Erfolge zu verzeichnen. Nach der Einführung der Quote in Deutschland erhöhte sich der Frauenanteil in Aufsichtsräten und den Vorstandsetagen tatsächlich. Verschiedene Minderheiten wollten sich dieser Bewegung anschließen, um in der positiven Bugwelle mitzureiten.
- Von Gegnern der Frauenbewegung. Zugegeben, das hört sich nach Verschwörungs-Theorie an, aber Kriminalisten würden zumindest ein Motiv erkennen. Gegner der Frauenbewegung könnten einen Nutzen darin sehen, Störfeuer zu legen. Damit wäre die Frauenbewegung mit für sie selbst wenig nützlichen Dingen „beschäftigt“ und Energie würde abgezweigt. Ein weiterer Aspekt wäre, dass die Bewegung mit den teilweise ziemlich woken Auswüchsen als störend, überzogen und absurd erscheint.
Beide Vorstellungen dienen der Frauenbewegung nicht, und wir sollten daher davon Abstand nehmen.
Frauenförderung hilft Unternehmen, erfolgreicher zu werden
Wir Fondsfrauen haben uns in der Vergangenheit zum Glück kaum von den Nebenströmungen der Frauenbewegung kapern lassen, sondern „unser Ding“ gemacht: Frauen Vernetzen, Frauen inspirieren, Frauen fördern.
Unternehmen in Europa raten wir dazu, sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen zu lassen, gut ausgebildete und geeignete Frauen in Führungspositionen zu verhelfen, bis sie dort zumindest 30% ausmachen. Dass Frauen für vergleichbare Arbeit das gleiche Entgelt erhalten sollten wie ihre männlichen Kollegen, versteht sich von selbst und wird auch von keinem Unternehmen in Zweifel gezogen.
In zahlreichen Studien wurde nachgewiesen, dass ein höherer Frauenanteil in den Unternehmen für weniger blinde Flecken, ausgewogenere Lösungen und letzten Endes für effizientere Strukturen sorgt. Insofern ist es nicht nur eine Sache der Gerechtigkeit, sondern auch des unternehmerischen Erfolgs, sich um Gender-Diversity zu kümmern.
Daher unser Rat: Weniger Fokus auf ein perfekt gegendertes Berichtswesen, nicht unbedingt den Einbau einer 3. Toilette, aber Fokus auf genügend Frauen in allen Unternehmens-Ebenen.
Und falls Mark Zuckerberg mit seinem Ausdruck „masculine energy“ die Fokussierung auf wichtige Unternehmens-Ziele meint, die Firmen und die darin arbeitenden Menschen nach vorne bringen, dann bitte sehr! Sagen wir es mal so: In einem knapp dreistündigen Interview kann man sich auch mal undeutlich ausdrücken.