Carola Schroeder leitet seit Februar 2024 als Geschäftsführerin der Union Investment Privatfonds GmbH das Portfoliomanagement von Union Investment. Zudem ist sie Geschäftsführerin der Union Investment Institutional GmbH. Seit Jahresanfang 2025 unterstützt sie im Beirat der Fondsfrauen unsere Community, und wir sprechen mit ihr über ihren Werdegang und ob bzw. wie Frauen anders führen als Männer.

Carola, Du leitest das Portfoliomanagement von Union Investment. Was sind Deine Zuständigkeits-Bereiche und wie ist es dort um weibliche Mitarbeiter bestellt?
Ich verantworte bei Union Investment alle liquiden Anlageklassen, also Aktien, Renten und Multi Asset – anders gesagt, alles außer Immobilien und Alternative Anlagen. In diesem Team arbeiten rund 300 Personen.Im Augenblick sind von knapp 40 Führungskräften im Portfoliomanagement vier weiblich – da ist Luft nach oben. Für Personalstrategie finde ich es wichtig, etwas weiter in die Zukunft zu blicken: Die nächste arbeitende Generation wird deutlich kleiner als die jetzige. Konsequenterweise dürfen wir keine Bevölkerungsgruppe ausschließen, wenn wir bei gleichem Qualitätsanspruch weiterhin beste Arbeitskräfte haben wollen. Wir brauchen daher in der Grundgesamtheit mehr Frauen, um später auch mehr in Führung zu haben.

Wenn eine Blume nicht blüht, änderst Du nicht die Blume, sondern das Umfeld – also ist Frauenförderung allein hier der falsche Ansatz.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Dir aus?
Das Schöne ist, dass es einen typischen Arbeitstag bei mir gar nicht gibt – das Geschehen an den Kapitalmärkten bietet immer wieder Überraschungen und es ist immer irgendwo Bewegung drin. Ich starte in einen Tag und richte mich darauf ein, dass er womöglich ganz anders wird als ich vermutet habe.

Wie und mit wem vernetzt Du Dich nach außen?
Ich beteilige mich aktiv bei einigen Frauen-Netzwerken, z.B. bei Euch, den Fondsfrauen, und bei den Ladies in Finance. Ganz generell vernetze ich mich in der Branche mit anderen Asset Managern, Brokern, Banken und sonstigen Anbietern, um an aktuellen Themen dranzubleiben. Darüber hinaus finde ich branchenfremde Impulse oft auch hilfreich.

Zuvor warst Du bei der Barmenia als Vorstandsmitglied u.a. für Kapitalanlagen zuständig, und in verschiedenen anderen leitenden Positionen hast Du dich ebenfalls um Asset Management gekümmert. Was nimmst Du davon mit in deinen jetzigen Job?
Eine ganze Menge! Der Markt ist ja für alle der gleiche! Die Unterschiede liegen vor allem auf der Ebene der Prozesse.

Ist Asset Management im Prinzip überall gleich? Oder wie unterscheiden sich die Systeme und Tools, die eingesetzt werden?
Grundsätzlich unterscheidet man aktives und passives Management – wir bei Union Investment haben uns sehr klar als aktiver Asset Manager positioniert. Einige Tools sind überall gleich – z.B. Bloomberg-Port – andere Systeme wie Handels- und Ordersysteme ähneln sich, aber den Unterschied machen jeweils die eigenentwickelten Systeme.

Verrätst Du ein wenig Privates von Dir? Wo bist Du aufgewachsen, und was sind Deine Hobbys?
Geboren bin ich in Nürnberg und aufgewachsen in der Nähe von München. Studiert habe ich in München Diplom-Mathematik mit dem Nebenfach Versicherungswirtschaft. Nach dem Studium habe ich immer jeweils dort gelebt, wo mein Job war: In München, Köln und dann Stuttgart. Dort lebe ich mit meinem Partner und pendle zum Arbeiten. Dazu habe ich in Frankfurt eine kleine 2-Zimmer-Wohnung.

Was sind Deine Hobbys?
Ich lese gern, nicht zuletzt Kriminalromane oder Serienmörder-Geschichten. Außerdem bin ich gerne draußen, dafür reicht schon manchmal der eigene Garten. Sport kommt oft zu kurz bei mir, aber eine Woche Skifahren im Jahr muss drinliegen. Und dann werkle ich gern. Man findet mich also durchaus auch beim Laminat- oder Parkett-Verlegen im Haus, oder anderen Dingen, die frau gut selbst erledigen kann.

Seit diesem Jahr bist Du im Beirat der Fondsfrauen. Darüber freuen wir uns sehr! Was hat Dich dazu bewogen, Dich bei uns zu engagieren?
Ich will mit daran arbeiten, dass das Umfeld für Frauen (in Verantwortung) gut wird. In meinen Jobs war ich immer und überall eine der wenigen Frauen: Auf Tagungen, in Gremien, und so weiter. Da hieß es oft „Frau Schroeder, meine Herren!“ Bei der Barmenia war ich beispielsweise die erste und einzige Frau im Vorstand. Das ist schade, denn ich sehe so viele begabte, intelligente Frauen. Für die möchte ich gern Role Model sein. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir nicht nur theoretisieren, sondern vorleben, dass Frauen es können. Mir sind viele erstaunliche Dinge in meiner Laufbahn begegnet, was mir zeigt, dass es noch viel Handlungsbedarf gibt. Ich will, dass ein Mann in Elternzeit und eine Frau in Führung als ganz normal angesehen werden.

Was ist Dein Rezept in unverschämten Gesprächssituationen?
Zuerst einmal mit dem inneren Signal „Gesichtsmuskeln in Neutralposition“.

Meine Empfehlung: in solchen Situationen den Humor nicht verlieren, getreu dem Motto: „Jedes Mal, wenn jemand lacht, stirbt woanders ein Problem.“

Überhaupt lache ich gerne – ich kann nicht verhindern, dass ich Falten kriege, aber wenigstens dafür sorgen, dass es Lachfalten sind…

Bei der Barmenia warst Du als Vorständin auch für Personal zuständig. Hast Du dich dort auch um mehr Diversity gekümmert?
Die Barmenia war in Sachen Nachhaltigkeit und Diversity einer der Branchen-Vorreiter. Im Personalwesen habe ich die Transformation vorangebracht, dass Führen weniger mit Macht zu tun hat, sondern Führung in erster Linie dazu da ist, die Menschen im Unternehmen in eine „good mood“ zu bringen, damit sie ihr Leistungspotenzial entfalten können. Bei Angst und Stress legt unser Stammhirn den Hebel auf Flucht oder Kampf – so kommt keine Kreativität auf! Daher war mein Credo, dass jemand, der in die Führung geht, auch Führung als Job hat.

Ich habe beispielsweise zwei junge Mütter auf einer Abteilungsleiterstelle in ein „shared leadership“ gebracht. Dazu braucht es aus meiner Sicht drei Voraussetzungen: Zunächst zwei Kolleginnen, die sich als Duo gut verstehen. Dann eine Führungskraft, die das als Bereicherung empfindet und drittens Kollegen, die einspringen, wenn mal vier Kinder krank sind und dann beide Mütter ausfallen. Ich war sehr stolz, diese Position 2022 so besetzt haben zu können. Diese Konstellation besteht noch heute – für mich der Beweis, dass es sich bewährt.

Aus organisatorischer Sicht ist es zwar etwas mehr Aufwand, doppeltes Personal zu administrieren, aber das Unternehmen erhält mehr zurück: durch zwei hochgradig motivierte Kolleginnen, die das als Chance begreifen. Und ein Set an Fähigkeiten, das in Summe größer ist – auch das ist ein Gewinn!

Was bringt es einem Unternehmen, wenn es diverse Teams hat? Was wird dadurch besser?
Je mehr Sichtweisen am Tisch vertreten sind, umso weniger gibt es blinde Flecken. Sicher bedeutet das ein intensiveres Ringen um eine gute Lösung, aber am Ende steht oft eine ausgewogenere und vor allem resilientere Lösung.

Du hast Mathematik studiert an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München. In Deutschland studieren relativ wenige Frauen Mathe. Hast Du eine Ahnung, woran das liegen könnte?
Nein, ehrlich gesagt weiß ich das nicht – vielleicht eine Aversion aus der Schule. Zahlen, Daten und Fakten üben auf mich eine große Faszination aus, und noch dazu haben sie etwas sehr Ordnendes – also lauter positive Eigenschaften.

Im Grundstudium waren wir noch relativ viele Frauen, dort gab es noch viele Lehramts-Anwärterinnen. Nach dem Vordiplom blieben dann im Hauptstudium Diplommathematik insgesamt nur noch zwei Handvoll Studenten und entsprechend wenige Frauen übrig.

Welche Leistungsfächer hattest Du damals in der Schule?
Ich belegte Mathe und Latein als Leistungsfächer. Mathe war mir schon immer klar, aber für Latein hatte mich ein Lateinlehrer motiviert, der das Fach als altrömische Geschichte verstand. Wir haben über die Lebensphilosophie der Stoiker und Epikureer diskutiert oder vom Leben in einem römischen Haushalt gelesen – das fand ich echt interessant!

Was war Deine überraschendste Interviewfrage?
Du bist Mathematikerin… Wenn Du eine mathematische Funktion wärst, welche wärst Du, und warum?

Knifflige Frage, dachte ich und meine Antwort war: eine Sinuskurv! Denn ich bin jemand, der viel Herzblut mitbringt – da geht man durch Hochs und Tiefs. Ich habe mal überlegt, dass weniger Herzblut auch weniger Leid in den Tiefs bedeuten würde, allerdings auch weniger Freude in den Hochs – doch wem muss ich das in der Kapitalanlagebranche eigentlich erklären? Am Ende ist Herzblut das, was das Leben lebenswert macht.

Tolle Antwort! Wenn Männer an Dich reporten, hast Du da schon mal eine komische Reaktion erlebt?
So direkt eher selten. Eine Chefin ist für den einen oder anderen Mann vielleicht ungewohnt – vermutlich aber auch für die ein oder andere Frau. Bisher hatte ich nur wenige weibliche Directs – auch hier bei Union Investment sind meine Directs (wieder) alle männlich.

Führen Frauen eigentlich anders als Männer?
Ich glaube, dass die Art und Weise, wie frau Lösungen angeht, eine andere ist. Aber liegt das wirklich nur an unserer Eigenschaft als Frau? Ich glaube, jeder Mensch führt anders. Mir ist Authentizität unheimlich wichtig und aus meiner Sicht bereichern Unterschiede und machen Lösungen resilienter und besser.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, und herzlich willkommen im Fondsfrauen-Beirat!

 Foto: Union-Investment

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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