Die Fondsfrauen zu Besuch beim Kenfo, dem Fonds zur Finanzierung der Entsorgung des Atommülls. Vorstandsvorsitzende Anja Mikus erzählt über ihre Karriere und gibt Frauen aus der Finanzbranche praktische Tipps.

Am 1. September hatte Anja Mikus, Vorstandsvorsitzende des Kenfo, die Fondsfrauen zu einem gemeinsamen Abend in das Gebäude des Kenfo in Berlin eingeladen. Der Staatsfonds Kenfo ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung, die die Entsorgung des deutschen Atommülls finanziert. Die Energie-Unternehmen hatten im Juli 2017 den Betrag von 24 Milliarden Euro an den Kenfo überwiesen, um sich von der Finanzierung des strahlenden Mülls aus ihren Kraftwerken loszukaufen. Anja Mikus ist mit ihrem Team dafür verantwortlich, diese Gelder langfristig und mit einem passenden Nachhaltigkeitsansatz („wir investieren nicht in Kernkraftwerks-Betreiber“) zu investieren.

Zur Begrüßung erzählten die Fondsfrauen Anne Connelly und Anke Dembowski kurz über die Aktivitäten der Fondsfrauen und erwähnten, dass es um die Frauenquote in den Führungsebenen beispielsweise der BVI-Vollmitglieds-Unternehmen mit 13,7% leider immer noch nicht gut bestellt ist.

Der Kenfo hebt sich davon wohltuend ab. Er verfügt über eine überdurchschnittlich hohe Frauenquote in leitenden Positionen (vier von neun der Führungspositionen des KENFO sind mit Frauen besetzt). So stellte Anja Mikus gleich einige der Frauen aus ihrem Team vor:

Sandra Eppler (Leiterin Personal), Verena Kempe (Leiterin Investment Management), Clara Mokry, Expertin Nachhaltigkeit, Sabrina Schiffels (Leiterin Projektmanagement) und Birgit Steintjes (Leiterin Finanzen und Controlling.

Das, was man tut, möglichst gut machen!
Anja Mikus erzählt, wie ihre über 30jährige Karriere verlief. Sie klingt dabei unaufgeregt und man hat den Eindruck, ihr beeindruckender Karriereweg hätte sich „einfach so“ ergeben. Einen stringent durchgeplanten Karriereplan hatte sie nie, sondern „ich habe immer das, was ich gemacht habe, mit großer Freude, Interesse an der Aufgabe und Teamgeist gemacht. Das war die Grundlage des Erfolgs. Dazu gehört auch, Chancen zu ergreifen, wenn sie sich bieten – bei allen damit verbundenen Unwägbarkeiten. Ich hatte eher nur die nächste Karrierestufe vor Augen“, so Mikus.

Begonnen hat sie ihre Karriere 1988 als Analystin in der Wertpapierabteilung der Allianz Lebensversicherung in Stuttgart. Als die Stelle des Fondsmanagers für den damals größten Rentenfonds Deutschlands, den „Allianz Rentenfonds“, frei wurde, signalisierte sie ihrem Chef, dass sie Interesse hätte, den Fonds zu übernehmen, und dass sie sich das Fondsmanagement zutraue. Offenbar traute auch ihr Chef ihr das zu, denn sie bekam den Posten. „Damals gab es noch 7% Zinsen auf 10-jährige Bunds“, erzählt sie, „und fast die gesamte Zeit danach sind die Zinsen – entgegen den allgemeinen Erwartungen – gesunken, was natürlich hohe Kursgewinne für Rentenwerte gebracht hat“.

Schwierige Zeiten hätte es zwischendrin natürlich immer wieder gegeben, angefangen mit zwei Zinsanstiegen 1994 und 1999, der Kuwait-Krise und der Wiedervereinigung, bei der der 1:1 Währungsumtausch verkraftet werden musste. „Beim Platzen der Technologieblase 2001 verlor der DAX über 70% innerhalb von drei Jahren, aber nach jeder schmerzhaften Marktbereinigung geht es von einem niedrigen Niveau aus wieder weiter“, beruhigt Mikus diejenigen, die sich womöglich in der aktuellen Marktsituation Sorgen machen. „Wir müssen beim Portfoliomanagement immer nach vorne schauen!“, so Mikus.

Familiäre Unterstützung war hilfreich, als Nachwuchs da war
Sie erzählt auch, wie sie es geschafft hat, gleichzeitig Mutter und berufstätig zu sein. „Mein Sohn ist 1993 geboren; damals war die Versorgung mit Kinderkrippen noch nicht so weit entwickelt.“ Neun Monate nach der Geburt hat sie selbst eine Tagesmutter gefunden und zunächst Teilzeit, dann Vollzeit wieder angefangen zu arbeiten. „Wichtig dabei war auch die Unterstützung meines Mannes, der selbst auch einen verantwortungsvollen Job hatte“, zeigt sie auf, wie wichtig es ist, familiär unterstützt zu werden, wenn Kinder da sind.

Sie merkt an, dass sie natürlich im Hintergrund vieles organisieren musste, teilweise auch spontan, dass sie aber im beruflichen Umfeld selten gesagt hätte, dass es z.B. zeitlich schwierig sei, das Kind vom Kindergarten abzuholen. „Ich wollte nicht dastehen wie eine verzweifelte Mutter. Ich habe es einfach irgendwie organisiert und gemacht“, sagt sie. Wie herausfordernd das mitunter sein kann, weiß jeder, der kleine Kinder hat.

Sie brennt für die Sache, und das merkt man
Später ging sie zu Union Investment, wo sie das Portfolio Management leitete. „Ich hatte dort lange Arbeitszeiten und habe hart gearbeitet, aber es hat mir immer unheimlich viel Freude gemacht – auch mit Blick auf die Zusammenarbeit in einem guten Team“, sagt Anja Mikus. Sie findet, dass sich das Asset Management sehr für Frauen eignet. „Das ist unglaublich kreativ. Wir müssen im Asset Management vernetzt denken können, immer die aktuelle Situation analysieren und entscheidungsfreudig sein. Wie reagieren die Märkte? Und was mache ich langfristig daraus? Das ist sowohl eine abwechslungsreiche als auch verantwortungsvolle Herausforderung und macht – bei entsprechendem Erfolg – einfach sehr viel Spaß!“

Auch wenn Anja Mikus bei Union Investment schon mit den ersten Nachhaltigkeits-Fonds in Berührung kam, lernte sie bei ihrer nächsten Station, Arabesque Asset Management, das Nachhaltigkeits-Thema in einem Start-up so richtig kennen. „Die Kollegen haben dort voll digitalisiert gearbeitet und Data-Mining betrieben. Außerdem hatten wir Kontakt zu den Vereinten Nationen, dem Global Compact. Das war damals alles sehr innovativ und in der Asset Management-Industrie gerade in den Anfängen“, erinnert sich Mikus.

Einfach mal gesagt „ich kann Euch helfen“
Durch ihre Aufsichtsrats-Position bei der Commerzbank, die sie gleichzeitig innehatte, hatte sie Kontakte zum Bundesfinanzministerium. Als sie Anfang 2017 davon hörte, dass die Bundesrepublik die Finanzierung der Atommüll-Entsorgung in die Hände nehmen wollte, bot sie ihre Hilfe für die Anfänge an, gegebenenfalls auch kostenlos. Dass sie dann angeboten bekommen würde, den Kenfo leiten zu dürfen, hatte sie nicht auf dem Zettel, aber sie nahm die gesellschaftlich wichtige Herausforderung gern an.

„Am Anfang waren wir zu dritt. Die Stiftung war noch nicht gegründet. Es gab weder Prozesse, noch Leute, noch eine Strategie“, erinnert sie sich an die Anfänge. Fast zeitgleich musste von der Europäischen Kommission noch entschieden werden, ob es sich beim Kenfo nicht um eine verbotene Beihilfe für die Energieunternehmen handelte. Zum Glück wurde bald bestätigt, dass es eine erlaubte Beihilfe sei.

Anschließend dürfte Anja Mikus eine Weile lang wohl die am meisten gesuchte Frau in der Finanzbranche gewesen sein, denn jeder Asset Manager wollte natürlich anfragen, ob der Kenfo nicht auch ihn berücksichtigen könnte; ein Vermögen von 24 Milliarden Euro, das frisch anzulegen ist, schürt da schon großes Geschäftsinteresse. Sie sonnte sich aber nicht in der ihr spontan zuteilwerdenden Mega-Aufmerksamkeit, sondern konzentrierte sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen auf die Strategieentwicklung sowie die systematische Ausschreibung und Vergabe der einzelnen Mandate. Manche angebotenen Strategien passten, manche eben nicht.

Am Schluss durften die Teilnehmerinnen der Abendveranstaltung Fragen stellen. Was Anja Mikus dabei den Frauen vermittelte, war folgendes:

  • Mach Deine Arbeit mit Freude und konzentriert!
  • Signalisiere, wenn Du Interesse hast, eine bestimmte Position oder Stelle zu besetzen – auch wenn noch Unwägbarkeiten bestehen!
  • Trau Dir die Dinge zu. Hab (realistisches) Vertrauen in Deine Fähigkeiten, auch wenn mal schwierige Zeiten kommen. Halte durch. Es wird sich am Ende schon fügen und Du wirst es schaffen!

Im Anschluss gab es noch anregende Gespräche auf der Dachterrasse im Lenz Haus in der Kurfürstenstraße, mit Blick über die Berliner City. Schön, dass auch das Wetter mitgespielt hat!

Wir bedanken uns herzlich beim Kenfo und bei Anja Mikus für das offene und interessante Gespräch!

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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