Es gibt viele interessante Berufe in der Investmentbranche, daher sollen an dieser Stelle nicht nur Fondsmanagerinnen, sondern auch Frauen in anderen Führungspositionen vorgestellt werden. Diesmal spricht Fondsfrau Anke Dembowski mit Hosnia Said, Geschäftsführerin bei der Fondsgesellschaft Veritas Investment GmbH.

Fondsfrauen: Frau Said, können Sie uns sagen, was zu Ihren Aufgaben als Geschäftsführerin bei Veritas gehört?
Wir sind bei Veritas Investment drei Geschäftsführer und ich bin für die Bereiche Finanzen, Operations sowie das Risikomanagement zuständig. Ich verantworte gemeinsam mit meinem Team alle Aufgabengebiete, welche im Backoffice einer Kapitalverwaltungsgesellschaft anfallen. Hierzu zählen insbesondere das Unternehmens- und Fondsrisikocontrolling sowie Personal.

Wie kam es, dass Sie bei einer Fondsgesellschaft arbeiten? War das schon früher Ihr Wunsch?
Ich habe nach meinem BWL-Studium als Fondscontrollerin bei der Kapitalverwaltungsgesellschaft von Morgan Stanley angefangen. Mein Start in der Fondsbranche war zunächst nicht geplant. Aber nach meinem Einstieg habe ich gemerkt, dass ich nicht nur Freude an meine Tätigkeit als solches habe, sondern mich das ganze Thema rund um Fonds interessiert. Als ich dann wechselte, wollte ich auf jeden Fall in der Fondsbranche bleiben und so bin ich dann zu Veritas Investment gewechselt.

Und bei Veritas, haben Sie sich dort später von sich aus auf die Geschäftsführungs-Position beworben? Oder hat Sie jemand dazu aufgefordert bzw. ermuntert?
Ich habe erst einmal als Mitarbeiterin im Unternehmens-Controlling angefangen. Nachdem ich kommuniziert hatte, dass ich gerne mehr Verantwortung übernehmen möchte, wurde mir mehr Verantwortung übertragen. Dies führte dazu, dass ich sehr schnell zur Leiterin Finanzen und Controlling befördert wurde. Mein Hunger nach mehr Verantwortung war noch nicht gestillt und so übernahm ich in den Folgejahren für weitere Bereiche und Themen die Verantwortung. Anfang 2014 wurde ich dann von der damaligen Geschäftsführung gefragt, ob ich mir vorstellen könnte in die Geschäftsführung einzusteigen.

Das höre ich öfter, dass sich Frauen gar nicht aktiv auf verantwortungsvolle Positionen bewerben, sondern dass sie gefragt werden. Glauben Sie, dass das eine typisch weibliche Haltung ist, dass wir Frauen lieber gefragt werden, anstatt uns aktiv auf Positionen zu bewerben?
Zum Zeitpunkt, als ich gefragt wurde, ob ich in die Geschäftsführung einsteigen möchte, war ich erst 32 Jahre alt und sehr zufrieden, mit dem was ich verantwortete. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht die Illusion, so früh in die Geschäftsführung einer Fondsgesellschaft einzusteigen. Daher kann ich nicht beurteilen, ob es eine weibliche Haltung ist, lieber gefragt zu werden, anstatt sich aktiv auf die Position zu bewerben.

Und als dann die Frage gestellt wurde?
Ich habe  erst einmal um eine Bedenkzeit gebeten. Ich wollte wissen, was da auf mich zukommt, welche Pflichten gehe ich ein, welche Risiken? Ich musste auch erst einmal in mich gehen, ob ich schon bereit dafür war. Das ist vielleicht ein Unterschied zu Männern, die hier eher spontan sagen „Klar, ich mache das“. Frauen gehen solche Entscheidungen vielleicht mit einer gewisse Ruhe und Vorsicht an.

Wie wichtig sind Vorbilder für Sie? Haben Sie spezielle weibliche Vorbilder oder Mentorinnen? Oder ist bei Förderern das Gender-Thema egal?
Vorbilder finde ich wichtig. Ich glaube, dass man zu unterschiedlichen Lebensphasen andere Vorbilder hat und auch benötigt. Ich selber sehe in Menschen in meiner Nähe zum Teil Vorbilder. Das sind Menschen, die mich inspirieren und motivieren, bestimmte Dinge zu machen. Dinge, bei denen ich vielleicht in Zweifel gerate, doch anzupacken. Das sind meistens Freunde und Familie, die mich dazu bringen. Berufliche Vorbilder habe ich keine. Natürlich haben mich viele Menschen motiviert. Gerade bei der Veritas hat mich mein damaliger Vorgesetzter sehr motiviert. Vielleicht bin ich jetzt auch ein wenig auf der Suche nach einem professionellen weiblichen Vorbild – noch habe ich es nicht gefunden.

In der Fondsbranche arbeiten zwar viele Frauen, aber nur wenige Frauen schaffen es in die Führungsetagen. Studien zeigen, dass das besonders in der Finanzbranche so ist, aber sie erklären nicht, warum. Welche Gründe sehen Sie dafür?
Bei der Veritas ist es so, dass wir sehr flache Hierarchien haben. Daher ist es hier schwierig, in eine Führungsposition zu gelangen. Warum generell so wenige Frauen in unserer Branche in Führungspositionen kommen, liegt vielleicht daran, dass wir Frauen nicht aussprechen, dass wir mehr möchten. Wir trauen uns nicht so leicht auszusprechen: „Ich kann es und ich will es! Traut mir ruhig zu, dass ich das durchhalte.“ Das ist vielleicht eine Mischung, dass man es sich selber nicht so zutraut, und dass man aber auch keinen an seiner Seite hat, der einem den Schubs gibt und sagt: „Komm, Du schaffst das, Dir trau ich das zu!“ Auch wenn Frauen es oft genauso gut könnten wie Männer, sind sie hier zurückhaltender, schüchterner.

Welche Eigenschaften und Qualifikationen muss eine Frau sonst noch mitbringen, um in der Fondsbranche Karriere machen zu können?
Grundsätzlich ist es wichtig, dass man eine gewisse Leidenschaft für die Kapitalmärkte mitbringt. Außerdem müssen Frauen es wirklich aussprechen: „Ich mache mehr, ich leiste mehr, ich kann das und ich bin bereit.“ Wenn man diese innere Kraft hat, auf sich aufmerksam zu machen, dann gelingt es auch, dass wir wahrgenommen werden. Ich bin mir sicher, dass wir dann auch mehr Verantwortung übertragen bekommen und eine Führungskraft werden können.

Das mit dem Ansprechen der eigenen Leistung ist für eine Fondsmanagerin natürlich leichter, denn die kann ihre Performance auf die dritte Kommastelle beziffern. In anderen Leitungsfunktionen ist die Messbarkeit nicht ganz so einfach. Wie haben Sie das gemacht?
Ich habe mir vor Augen gehalten: Was mache ich? Was davon kann ich wirklich gut? Wo kann ich mich noch stärker hineindenken oder weiter entwickeln? Dann bin ich zu meinem Vorgesetzten gegangen und habe darüber gesprochen. Spätestens die Zielvereinbarungen habe ich als Möglichkeit gesehen, über meine Leistungen zu sprechen. Zusätzlich kann man auch seinen Vorgesetzten  um ein Review-Gespräch bitten, oder ihm mitteilen dass man sich Gedanken gemacht hat, eine bestimmte Fortbildung zu machen. Fragen, ob einen die Firma dabei unterstützt oder ob die Idee, diese Fortbildung zu machen die richtige ist. Man kann auch sagen, dass man bestimmte Dinge macht, die eigentlich gar nicht so in der Stellenbeschreibung stehen, dass man sie gerne macht, und dass man das entsprechend anerkannt bekommen möchte. Die Dinge einfach zu tun, nichts zu sagen, und frustriert zu sein, ist sicher nicht die richtige Vorgehensweise. Nur derjenige, der darüber spricht, wird Gehör finden.

Können das Männer besser als Frauen?
Ja! Männer reden gern über ihre Leistungen, egal ob sie sie tatsächlich gemacht haben oder nicht. Wir Frauen sind da viel bescheidener, und am Ende oft enttäuscht, wenn es nicht anerkannt wurde.

Es gibt Untersuchungen die sagen, dass wenn eine Frau in einem Unternehmen eine Führungsposition inne hat, diese bewusst oder unbewusst weitere Frauen  Führungspositionen holt. Ist da Ihrer Meinung was dran? Wie sieht das bei Ihnen aus? Fördern Sie gezielt Frauen?
Ich unterstützte jeden meiner Mitarbeiter. In meinem Team habe ich sechs Frauen und einen Mann. Ich habe das so nicht fokussiert, sondern vermutlich ist das durch die Funktion so geprägt. Ich unterstütze sie alle, aber durch die flachen Hierarchien bei Veritas ist es mir nicht möglich, ihnen eine höhere Position zu geben. Wo ich aber sehr bemüht bin, ist, dass die Aufgaben-Vielfältigkeit bei den Mitarbeitern breit ist. Dass sie zusätzlich zu dem, was sie machen, Neues hinzulernen. Oder wenn es mal Wechsel-Optionen gibt, dass sie dann neue Aufgaben kennenlernen. So lernt man die Firma und die Tätigkeiten der Firma viel besser kennen.

Was wünschen Sie sich als Führungskraft von Ihren Mitarbeitern?
Mir ist sehr wichtig, dass mich meine Mitarbeiter spüren lassen, ob sie gern mehr Verantwortung übernehmen möchten oder nicht. Spätestens bei den Jahresgesprächen kitzle ich das förmlich aus ihnen heraus. Es gibt ja beides: Mitarbeiter, die  sagen, das was ich mache ist für mich zufriedenstellend, ich bin happy. Wenn eine sagt: „ich weiß nicht so genau“, dann versuche ich mit ihr gemeinsam herauszufinden, ob sie sich vielleicht fachlich in eine bestimmte Richtung weiterentwickeln möchte. Es muss ja nicht immer eine leitende Position sein, die wir ja nicht haben.

Lassen sich Frauen eigentlich anders führen als Männer?
Ich glaube nicht – das wäre jetzt auch etwas ungerecht meinem einzigen männlichen Mitarbeiter gegenüber. Aber ich glaube, dadurch, dass ich Männer wie Frauen gleich führe, lassen sie sich auch gleich führen. Schließlich habe ich aufgrund der Tätigkeit ein sehr zahlenaffines Team. Dadurch sind wir alle fokussiert auf Zahlen, Daten, Fakten. Da prägt einen vermutlich mehr die zahlenlastige Aufgabe als das Genderthema.

Wie hoch ist bei Veritas die Frauenquote, und gibt es in Ihrem Unternehmen ein Programm, das Diversity oder speziell Frauen in Führungspositionen fördert?
In der Geschäftsleitung ist es vorbildlich: Von drei Geschäftsführern ist ein Drittel weiblich. Insgesamt sind wir 25 Mitarbeiter, davon 46% Frauen, 54% Männer. Wir hatten zwischenzeitlich auch mal 55% Frauen – bei uns ist das Verhältnis also weitgehend ausgewogen.

Haben Sie bei Veritas spezielle Frauenförder-Programme oder bieten Sie besonders flexible Arbeitsmodelle?
Ja, wir bieten da einiges, auch wenn wir es noch nicht so fest auf Papier gebracht haben, aber da sind wir dabei. Was wir seit etwa zwei Jahren leben, sind Teilzeit-Modelle – davon machen insbesondere Mütter Gebrauch. Das geht auch in Verbindung mit Homeoffice-Tätigkeit, mit voller Ausstattung, so dass wirklich die Möglichkeit besteht, komplett oder teilweise von zu Hause aus zu arbeiten. Gerade für eine kleine Gesellschaft wie uns ist das eine Herausforderung, aber es geht! Was wir schon lange anbieten, ist ein sehr gutes Förderungs-Programm; wir legen einen großen Fokus auf Weiterbildung. Wenn ein Mitarbeiter über mehre Wochen eine Weiterbildung macht, bekommt er mindestens 5 Tage Weiterbildungsurlaub von uns dazu geschenkt. Wenn es ein sehr großes Budget ist, übernehmen wir bis zu 70 oder 80% der Weiterbildungskosten, und die Kosten für Ein- oder Zwei-Tagesseminare tragen wir komplett. Jeder Mitarbeiter von uns ist mindestens 3-5 Mal im Jahr beim BVI, was aber eher die Standard-Weiterbildungen sind. Ich persönlich habe bei der DVFA eine Fortbildung gemacht, die über 5 Monate ging. Das wurde wesentlich gefördert und unterstützt. Wir helfen auch Mitarbeitern, die neben ihrem Job noch studieren wollen, und so weiter.

Ist die Stimmung in einem kleineren Unternehmen angenehmer als in einem großen, weil man nicht in einer so starren Matrix-Struktur arbeitet?
Ich glaube ja! Natürlich geht auch bei uns gelegentlich Fluktuation, aber das ist unvermeidbar. Wir versuchen durch kleine Annehmlichkeiten die Mitarbeiter an uns zu binden und uns als Arbeitgeber attraktiv zu machen. Beispielsweise unterstützten wir Mitarbeiter bei ihren Beiträgen für das Fitnessstudio oder bieten eine attraktive betriebliche Altersversorgung. Auch unsere Gehälter sind wettbewerbsfähig. Aber es sind auch die kleineren Dinge. Beispielsweise duzen wir uns alle oder wir machen mindestens zwei Mal im Jahr ein größeres Event, das außerhalb der Firma stattfindet, damit man sich auch mal außerhalb des Job-Umfelds kennenlernt.

Vielen Dank für das Interview, Frau Said!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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