Edda Vogt ist seit 25 Jahren im Finanzmarkt tätig und arbeitet seit 23 Jahren für die Deutsche Börse. Als Senior Editor und Channel Manager verantwortet sie u.a. den Social Medial-Kanal und die Website der Börse Frankfurt. Fondsfrau Anke Dembowski hat sie an der Börsen Frankfurt besucht und spricht mit ihr über den ETF-Handel auf Xetra, und worauf (Privat-)Anlegerinnen dabei achten sollten.

ETFs rücken immer weiter ins Bewusstsein der Anlegerinnen. Macht sich das auch bei den Umsätzen an der Börse bemerkbar?
Edda Vogt: Ja, auf jeden Fall! ETFs machen seit einigen Jahren einen steigenden Anteil am Börsenhandel aus. Nehmen wir mal einen beliebigen Handelstag, sagen wir den 24. April 2024: Da hatten wir in Xetra einen Gesamtumsatz von 116 Mrd. Euro; 97 Mrd. Euro davon waren in Aktien, und 18 Mrd. Euro in ETFs. Der Geldmarkt-ETF XTrackers II EUR Overnight ETF zum Beispiel wird sehr viel gehandelt und hat oft einen höheren Tagesumsatz als so mancher DAX-Titel. Oder der MSCI-World-ETF von iShares.

Wie funktioniert eigentlich der ETF-Handel an der Börse?
Edda Vogt: Jeder ETF hat einen oder mehrere „Designated Sponsors“. Die stellen laufend Kurse. Das können sie, weil sie mit den Emittenten ständig in Kontakt sind. ETF-Anteile werden dann sowohl auf dem Parkett als auch in Xetra gehandelt, allerdings findet der fortlaufende Handel nur in Xetra statt.

Konventionelle Fonds werden in Deutschland ja auch börsengehandelt. Läuft das ähnlich wie beim ETF-Handel?
Edda Vogt: Aktiv verwaltete Fonds werden nur über das Parkett gehandelt, nicht in Xetra. Und der Fondsanteils-Handel auf dem Parkett funktioniert anders als der für ETFs. Für konventionelle Fonds wird ja nur einmal pro Tag ein NAV berechnet und veröffentlicht, aber trotzdem sollen die Fondsanteile dort während der Handelszeit gehandelt werden. Darauf haben sich in Frankfurt zwei Handelsbanken spezialisiert: Baader Bank und ICF Bank. Sie nutzen Referenzmodelle, die auf der Basis des jeweiligen Wertpapier-Korbs des Fonds beruhen, der zuletzt veröffentlicht wurde. Auf diese Weise sind die Handelsbanken in der Lage, ein ständiges Kursangebot zu stellen.

Hältst Du es für sinnvoll, konventionelle Fonds über die Börse zu handeln?
Edda Vogt: Nun ja, mittlerweile gibt es viele Fonds-Plattformen, bei denen man keine Ausgabeaufschläge mehr bezahlt. Ob mit oder ohne, man sollte einen Kosten-Vergleich anstellen: Wie groß ist meine Order und wieviel Order-Gebühren muss ich dafür bezahlen? Wenn ich Fondsanteile über die Börse handle, weiß ich sofort, zu welchem Kurs meine Order ausgeführt wird. Zudem kann ich auch mit Limit- oder Stopp-Loss-Orders arbeiten. Beim Kauf über die KVG erfahre ich den Preis, zu dem ich handle, erst am nächsten Tag. Das kann problematisch sein, wenn die Märkte sehr aktiv sind.

Außerdem kann es sinnvoll sein, Fondsanteile über die Börse zu handeln, wenn es über die KVG gar nicht mehr geht – beispielsweise bei einigen offenen Immobilienfonds. Über die Börse muss ich dann aber einen Käufer finden, und der kauft mir die Anteile womöglich nur mit einem Abschlag zum inneren Wert ab.

Was sollte man beim Handel mit ETFs beachten?
Edda Vogt: Den meisten ETF-Anlegerinnen sind niedrige Kosten wichtig. Kosten sollten tatsächlich nicht vernachlässigt werden, denn sie sind sozusagen der negative Zinseszins-Effekt. Über 20 Jahre macht es einen beträchtlichen Unterschied, ob ich 0,8 Prozent oder 1,6 Prozent Kosten pro Jahr habe. Um die Kosten möglichst niedrig zu halten, sollte man sich eine günstige Depotbank suchen – günstig im Verhältnis zum Service, den ich brauche. Kinderdepot, individuelle Beratung… sowas kostet natürlich. Ich muss mir also im Vorfeld überlegen, welchen Komfort ich haben will und dann eine Bank suchen, die zu meinen Ansprüchen passt.

Welche Tipps kannst Du unseren Leserinnen für den ETF-Handel an die Hand geben?
Edda Vogt: Wir hatten ja gesagt, dass man auf niedrige Kosten achten sollte. Beim ETF-Handel gibt es zwei Arten von Kosten: a) Die direkten Kosten der Transaktion. Diese hängen von der depotführenden Stelle und dem ausgewählten Handelsplatz ab. b) Die indirekten Kosten der Transaktion, also die Handelsspanne. Die variiert je nach Tageszeit. Auf Xetra wird von 9 bis 17:30 Uhr gehandelt, aber es ist günstig, für seine Käufe und Verkäufe die Zeiten mit der höchsten Liquidität zu nutzen, denn dann ist die Geld-Brief-Spanne am niedrigsten. Das ist meistens um die Mittagszeit der Fall. An den Rändern der Handelszeiten weiten sich die Handelsspannen immer weiter aus. Das wird übrigens auch über das Liquiditätsmaß angezeigt; es bildet die indirekten Kosten ab.

Kommt es hier auch auf die Ausrichtung des ETFs an?
Edda Vogt: Ja! Damit der Kurs auch den tatsächlichen Marktbedingungen entspricht, sollte man schauen, wann und wo die meisten Titel gehandelt werden von dem, was man handeln möchte. Enthält der ETF ausländische Werte, sollte man dann handeln, wenn die Heimatbörse geöffnet ist. Bei asiatischen Märkten also morgens, bei US-Werten abends. Wenn Du morgens in Xetra einen ETF mit US-Aktien handelst, besteht das Risiko, dass der Kurs nicht marktgerecht ist, weil die US-Börse zu der Zeit noch geschlossen hat.

Was ist noch wichtig beim ETF-Handel?
Edda Vogt: Ich rate unbedingt dazu, bei ETFs nur mit Limit zu handeln, damit ich nicht aus Versehen in eine Slippage komme! Das sind plötzliche stärkere Kursbewegungen. Bei uns sind die Designated Sponsors sicher zu 99 Prozent der Zeit im Buch. Aber wenn meine Order ausgerechnet dann durchgeht, wenn er mal kurz draußen ist, dann ist das Limit wichtig. Was übrigens gut funktioniert: Das Limit in die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs zu setzen. Dann bekommt man den bestmöglichen Preis am Referenzmarkt, an dem sich alle anderen orientieren. Bei mir hat das bisher immer geklappt. Und wenn nicht, wenn der Markt einem wegläuft, wie das Börsenmenschen nennen, dann gebe ich die Order halt noch mal auf. Eine Limitorder zu ändern sollte nichts kosten.

Wo sehe ich denn die Geld- und Briefkurse der ETFs?
Edda Vogt: Am besten auf den entsprechenden Finanz-Websites. Auf boerse-frankfurt.de sieht man die Preise vom Parketthandel kostenfrei in Echtzeit. Und noch viel besser: Wenn man sich anmeldet, bekommt man dort für drei ETFs die Xetra-Preise in Echtzeit, inklusive Orderbuch. Das sind dann die besten zehn Geld- und Brief-Limite anderer. „Offenes Orderbuch“ bedeutet, dass man seinen eigenen Auftrag und die Aufträge der anderen unmittelbar im System sehen kann. Manche Onlinebroker zeigen ebenfalls Geld- und Briefkurse an. Besonders vorteilhaft ist es, wenn sie das für mehrere Handelsplätze tun. Viele der besonders günstigen Onlinebroker bieten aber nur einen Marktplatz; das schränkt natürlich die Auswahl ein. Und man kann nicht vergleichen, wie fair Preise und Handelsspanne tatsächlich sind.

Welcher Spread ist normal bei ETFs?
Edda Vogt: Wir hatten ja schon festgestellt, dass der Spread über den Tag schwankt. Jetzt haben wir gerade Prime Time. Der meistgehandelte ETF heute ist der Xtrackers EURO STOXX 50 ETF. Er hat gerade einen Spread von 0,02 Prozent. Die Spanne von viel gehandelten ETFs liegt etwa zwischen 0,03 und 0,06 Prozent. Kleinere, weniger gehandelte Fonds können einen deutlich höheren Spread haben.

Was man auch meiden sollte, sind Tage, an denen die Hektik im Markt sehr hoch ist. Ich mag das Wort Hexensabatt nicht, aber alle 3 Monate gibt es einen 3-fachen Verfallstermin an den Terminbörsen; da kann es extrem hektisch werden. Solche Daten sollten Privatanlegerinnen meiden. Ansonsten sollte man schauen, ob nicht irgendwo ein Präsident zurückgetreten oder sonst etwas passiert ist, was zu einer Irritation der Märkte führen könnte, bevor man handelt.

ETF-Anbieter sagen, dass ETFs viel transparenter sind als konventionelle Fonds. Was macht sie so transparent?
Edda Vogt: Das offene Orderbuch macht den ETF-Handel transparenter als den Handel mit konventionellen Fonds. Zur Transparenz trägt außerdem bei, dass ETFs permanent ihre Zusammensetzung veröffentlichen müssen.

Vielen Dank, Edda, für die guten Praxis-Tipps zum Fonds-Handel an der Börse!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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