2008 wurde das Unterhaltsrecht grundlegend reformiert. Viele haben aber noch Teile der alten Regelung im Kopf, nach der insbesondere Frauen durch eine Eheschließung lebenslang „versorgt“ waren. Maria Lengemann vom VFR-Verlag für Rechtsjournalismus beleuchtet die Problematik für die Fondsfrauen.

Reform des Unterhaltsrechts

2008 erhielt das Unterhaltsrecht eine Reform, die alles verändern sollte. Statt des Versorgungsgedankens sollte durch das neue Unterhaltsrecht der Grundsatz der Eigenverantwortung eingeführt werden. Hintergrund war, dass man es als nicht mehr zeitgemäß empfand, dass eine Frau von einem Mann finanziell abhängig ist, und das sollte sich im Gesetz widerspiegeln.

Der Gesetzgeber hoffte, dass die Reform Frauen motivieren würde, nach einer Scheidung eine eventuell fehlende Berufstätigkeit aufzunehmen. Gleichzeitig wollte man den Kindesunterhalt über den Unterhalt des Expartners stellen. Dadurch sollte auch die finanzielle Belastung für Zweitfamilien verringert werden, die es zunehmend gibt.

Reform verfehlte das Ziel

Der gewünschte Effekt, der durch die Reform eintreten sollte, wurde allerdings verfehlt. Das geht aus einer neuen Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI hervor. Die Studie untersucht den Zeitraum von 2018 bis 2024. In diesen mehr als fünf Jahren konnte keine Erhöhung der Erwerbstätigkeit unter Ehefrauen festgestellt werden.

Im Klartext bedeutet das, dass auch heutzutage noch oft nach dem scheinbar veralteten Klischee gelebt wird, dass vor allem der Mann in Vollzeit arbeitet und die Frau sich den Kindern und dem Haushalt widmet – oder allenfalls in Teilzeit arbeitet.

Frauen durch Scheidung in finanzieller Notlage

Durch das häufig auftretende Phänomen der Frau als Hinzuverdienerin sind im Falle einer Scheidung insbesondere Frauen von Armut bedroht und müssen dann nicht selten Bürgergeld beantragen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der letzte Job bereits viele Jahre zurückliegt oder eine anerkannte berufliche Qualifikation fehlt. Oft ist es so, dass zwar eine Qualifikation vorhanden ist, diese aber veraltet ist. Trotz des Fachkräftemangels stellen große Lücken im Lebenslauf für Personalabteilungen immer noch ein Problem dar, weshalb es in solchen Fällen zumindest Erklärungsbedarf gibt.

Durch die RWI-Studie kommt man daher zu dem Schluss, dass der geplante Grundsatz zur Eigenverantwortung nicht das gewünschte Ziel erreicht hat. Interessant ist auch, dass unmittelbar nach der Reform (innerhalb des ersten Jahres nach der Gesetzesänderung) die Scheidungsquote anstieg. Womöglich lässt dies darauf schließen, dass der einkommensstarke Partner hier genau dann die Scheidung eingereicht hat, nachdem durch die Reform geregelt war, dass sich der Expartner selbst um seine Finanzen bemühen muss.

Der berufliche Neuanfang fällt oft schwer

In vielerlei Hinsicht sind Frauen daher noch immer von Armut bedroht, wenn sich der Partner scheiden lässt oder sie selbst die Trennung wollen. Offenbar fällt ihnen der berufliche Neuanfang schwer, wenn sie sich zuvor dem Haushalt, den Kindern und dem Gatten gewidmet haben und daher sowohl ihre eigene Karriere als auch Weiterbildungen hintenangestellt haben.

Sowohl durch die fehlenden Jahre an Berufserfahrung, als auch durch lückenhafte Weiterbildung gibt es verschiedene Hürden, die Frauen nach einer Scheidung zu bewältigen haben, wenn sie sich während der Ehezeit weniger um ihre Karriere bemüht haben als der Mann.

Wo ist die Emanzipation?

Für eine zunehmende Emanzipation spricht, dass mehr Frauen als Männer die Scheidung einreichen. Im Jahr 2018 gingen 52 Prozent der Ehescheidungen von den Frauen aus. Damit ist zumindest klar, dass ein großer Teil der Frauen bereits finanzielle Unabhängigkeit erreicht hat. Für jene, die sich aufgrund finanzieller Erwägungen nicht scheiden lassen oder durch eine Scheidung ihres Partners von Armut bedroht sind, ist das aber auch heute noch ein Problem. Es ist daher überlegenswert, ob sich nicht beide Partner sowohl um die Kinder als auch um ihre Karriere kümmern, und daher beide beruflich etwas kürzertreten, solange die Kinder klein sind.

 

Autorin dieses Beitrags ist Maria Lengemann, Redakteurin beim VFR-Verlag für Rechtsjournalismus

Profilbild von Gast Autor

Gast Autor

Unter diesem Autorennamen findest du Gastbeiträge von verschiedenen Personen, die wir in deren Auftrag veröffentlichen.

Förderer