Pioneer Investments zeigt, wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch in Führungspositionen geht: Julia Reher und Tobias Löschmann sind gemeinsam Head of Institutional Sales. Evi Vogel verantwortet seit 2011 die strategische Weiterentwicklung von Pioneer Investments in Deutschland. Sie ist CEO Germany und Sprecherin der Geschäftsführung von Pioneer Investments, und daneben sowohl im BVI Vorstand als auch im Beirat der Fondsfrauen aktiv.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie liegt Evi Vogel als Thema am Herzen, und kürzlich hat sie in diese Richtung bei Pioneer Investments einen spannenden Vorstoß gewagt: Im Januar 2015 hat sie die Stelle des Institutional Sales mit einer Doppelspitze besetzt, damit zwei ihrer Mitarbeiter das Thema Familie und Beruf gut managen können. Über ihre Erfahrungen mit diesem ungewöhnlichen Experiment spricht sie mit den Fondsfrauen:

Frau Vogel, sagen Sie uns etwas zu der Vorgeschichte für die ungewöhnliche Stellenbesetzung bei Pioneer Investments?
Als klar war, dass unser bisheriger Head of Institutional Sales unternehmensintern wechseln wird, habe ich mir unser Team in München angeschaut. Ich wusste, dass wir gute Leute im Team Institional Sales haben und wollte die Stelle gerne intern besetzen. Und während ich mir dies noch überlegte, bekam ich eine aktive Bewerbung auf den Tisch. Das ungewöhnliche daran war: Sie kam von einem Duo. Ich fand den Vorschlag sehr spannend und habe den Gedanken weitergespielt.

Was war das für ein Duo, das sich aktiv beworben hatte?
Julia Reher und Tobias Löschmann waren zu diesem Zeitpunkt bereits zwei erfahrene Vertriebskräfte im Bereich Institutional Sales. Zwar war Frau Reher zum Bewerbungszeitpunkt im 7. Monat schwanger und ihr Kollege, Thomas Löschmann, hatte gerade Elternzeit beantragt, und wollte für zwei Jahre auf eine 4-Tage-Woche gehen, aber die beiden hatten sich ein sehr griffiges Konzept überlegt. So habe ich zwar erst einmal gestutzt, denn eine solche Bewerbung – und dann mit diesen Rahmenbedingungen – ist ja nun wirklich eher ungewöhnlich.

Was waren Ihre Überlegungen, und was haben Sie gemacht?
Ich habe mir den Track Record der beiden angeschaut. Sie hatten in der Vergangenheit dieselbe Kundengruppe bearbeitet, und zwar mit einer unglaublich vertrauensvollen Zusammenarbeit und auch mit einem sehr großen Erfolg. Ich dachte mir: Warum nicht? Ich wollte dem auch Rechnung tragen, dass beide gut zusammen arbeiten und beide sehr ambitioniert sind. Warum sollte ich jemanden anderen auf diese Position setzen, der vielleicht gar nicht so viel Potenzial mitbringt, nur weil die beiden Kandidaten gerade aus familiären Gründen kürzer treten wollen und werden? Außerdem hatten die Beiden ihre Idee so stringent vorgebrachten und durchdacht, dass ich dem einfach eine Chance geben wollte und ich habe mich überzeugen lassen, dass es funktioniert.

Wie klappt es mit der Doppelspitze?
Sehr gut. Die beiden sind nun seit Januar 2015 gemeinsam Head of Institutional Sales. Frau Reher ist übrigens mittlerweile in den Mutterschutz gegangen. Die beiden tauschen sich dennoch regelmäßig aus und halten sich strikt an den mir im Vorfeld vorgelegten Plan. Dieser definiert genau, wer an wen reportet – auch wie es laufen soll, wenn beide wieder da sind. Die haben das Team sozusagen gedanklich aufgeteilt. Sie haben mir auch ganz klare Regeln vorgelegt, wie sie sich abstimmen wollen, was sie gemeinsam bestimmen, und wer wann welchen Jour Fix übernimmt. Frau Reher ist auch während ihrer Elternzeit per e-Mail durchaus ansprechbar und präsent. Und obwohl die beiden aus dem Team heraus befördert wurden, haben sie sich sowohl im Team als auch bei den Kunden eine hohe Akzeptanz erarbeitet.

Was hat für die hohe Akzeptanz gesorgt?
Insbesondere ihr extrem strukturiertes Vorgehen und die klare Kommunikation. Institutionelle Kunden sind ja eher konservativ, aber auch hier ist die Akzeptanz hoch. Die Kunden kennen beide, weil sie sich auch vorher in der Kundenbeziehung gegenseitig vertreten haben.

Widerstand gab es gar nicht?
Doch natürlich, das fing in der eigenen Organisation an, obwohl sich beide bereits durch ihre gute Zusammenarbeit und durch ihre Erfolge einen guten Namen gemacht hatten. Eine solche Doppelspitze ist nichts, was in einer Organisation selbstverständlich ist, es wird schon zweimal mehr nachgefragt. Ich muss dazu sagen, dass Pioneer Investments hier auch ein recht modern aufgestelltes Unternehmen ist. Beispielsweise hat Pioneer Italien mit Carolina Corradi auch eine weibliche COO, und mit Francesa Ciceri eine Frau als Vertriebsleiterin. Die war jetzt fünf Monate in der Babypause, aber hat in dieser Zeit trotzdem das 5-köpfige Vertriebsteam gemanagt. Bei Pioneer gibt es also mehrere positive Beispiele von denen wir natürlich mit unserer Idee einer Doppelspitze profitiert haben.

Es ist eher ungewöhnlich, dass verantwortungsvolle Jobs in Teilzeit ermöglicht werden. Steigt dann nicht das Verhältnis von Rüstzeit zur eigentlich produktiven Arbeitszeit?
Meine Erfahrung ist eine andere. Julia Reher wird schon in relativ kurzer Zeit wieder zu 50 % arbeiten – bereits ab Oktober. Und Tobias Löschmann hat eine 80 %-Stelle. De facto habe ich also sozusagen einen Institutional Head of Sales-Faktor von 1,3. Wenn ich das Leistungsvermögen der beiden betrachte, würde ich den Faktor aber eher bei 1,5 sehen. In der Realität läuft es dank moderner Medien so, dass man auch wenn man nicht physisch im Büro ist, erreichbar ist. Ich habe ein 2-schneidiges Verhältnis zur Immer-Erreichbarkeit, aber in dieser Situation wirkt sie sich durchaus günstig aus.

Erlauben Sie mir eine Frage zur leistungsabhängigen Vergütung? Wie organisieren Sie das?
Bei der leistungsabhängigen Vergütung haben wir grundsätzlich einen individuellen Ansatz. Auf der anderen Seite ist gerade im Vertrieb viel Teamwork. Die beiden betreuen Corporate Clients und vertreten sich hier auch gegenseitig, aber der Erfolg ist trotzdem meist zuordenbar. Daher haben wir einen Schlüssel entwickelt, nach dem 70 % der leistungsabhängigen Vergütung dem einzelnen Sales, und 30 % über den Team Pool abgerechnet werden.

Herzlichen Dank für diese interessanten Einblicke, Frau Vogel, und Ihrer Doppelspitze im Institutional Sales weiterhin viel Erfolg!

Das Interview führte Anke Dembowski

Foto: Pioneer Investments

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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