Natürlich ist weibliche Arbeit – wenn sie vergleichbar ist – genauso viel wert wie männliche. Häufig zeigt der Markt aber eine unterschiedliche Bewertung. Am 19. März 2016 ist Equal Pay Day. Mit Red Dinners, Flashmobs, roten Fahnen und Guerilla Knitting soll an diesem Tag auf diese Markt-Anomalie aufmerksam gemacht und mehr Lohngerechtigkeit eingefordert werden.

Ungleiche Bezahlung zum Teil auch in der Fondsbranche
Auch in der Fondsbranche wird männliche und weibliche Arbeit offenbar unterschiedlich vergütet. Direkt sichtbar wird diese Ungerechtigkeit nur vereinzelt, da zwischen den Angestellten selten offen und en détail über das Vergütungs-Paket gesprochen wird. Je weiter oben man auf der Karriereleiter schaut, desto vielschichtiger und schwerer vergleichbar werden die Vergütungpakete– mit Dienstwagen, Altersvorsorge, Zusatzversicherungen und sonstigen Bestandteilen. Manchmal wird der Paygap aber doch sichtbar: „Als ich eine Stelle zwei Hierarchiestufen unter mir besetzen sollte und die Interviews mit den Kandidaten führte, wusste ich natürlich, welche Vergütung ich den Kandidaten anbieten konnte. Und ich wusste, was ich selbst an Vergütung hatte. Den Kandidaten, die ich interviewte, konnte ich ein signifikant höheres Gehaltspaket anbieten als mein eigenes,“ erzählt eine Frau in einer hohen Führungsposition einer international bekannten Fondsgesellschaft. Als sie das Problem bei ihrem Vorgesetzten ansprach, wurde mit schwachen Argumenten abgewiegelt. Bei einem Austausch mit einer ähnlich hochrangigen Frau bei einer anderen Fondsgesellschaft konnte diese über ähnliche Erfahrungen berichten.

Es ist erstaunlich, dass die HR-Abteilungen darüber keine Statistiken veröffentlichen und dass die Betriebsräte solche Statistiken nicht einfordern, analysieren und dann entsprechend reagieren.

Bis zum 19. März 2016 arbeiten Frauen umsonst
Warum der Equal Pay Day dieses Jahr am 19. März stattfindet, ist interessant: Dieser Tag markiert symbolisch den geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied, der laut Statistischem Bundesamt in Deutschland aktuell 22 % beträgt – bezogen auf den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst. Umgerechnet ergeben sich daraus 79 Tage (21,6 % von 365 Tagen), so dass der nächste EPD am 19. März 2016 ist. Er steht für den Tag, bis zu dem Frauen sozusagen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1.1. für ihre Arbeit bezahlt werden.

Natürlich sind wir uns darüber im Klaren, dass bei der Berechnung des Pay Gap ganz simpel der durchschnittliche Bruttostundenverdienst als Vergleichsmaßstab herangezogen wurde, und dass die Hintergründe für den Pay Gap äußerst vielfältig sind. Zum Teil ist er sicherlich dadurch zu begründen, dass Frauen statistisch häufiger in bekanntermaßen gering bezahlten Berufen wie Kindergärtnerin, Altenpflegerin oder Friseurin arbeiten. Würden mehr Frauen Maschinenbau studieren und als Ingenieurinnen arbeiten, wäre der Pay Gap vermutlich geringer. Zum zweiten mag die Vergütung für Frauen auch deswegen geringer sein, weil sie häufiger in Teilzeit arbeiten als Männer, und Teilzeit-Jobs allgemein geringer vergütet werden als Vollzeit-Jobs. Laut Statistik-Portal Statista lag die Teilzeitquote von Männern mit minderjährigen Kindern im Jahr 2014 bei 5,5 %, und die von Frauen mit minderjährigen Kindern bei 67,8 %. Da es noch nicht sehr viele hochbezahlte Teilzeit-Managerinnen gibt, erklärt auch dies einen Teil des Pay Gap.

Aber zu einem gewissen Teil – und das trifft insbesondere in den Führungsetagen zu – gibt es diese Erklärungen nicht. Hier scheint es einen sogenannten „unconcious bias“ der Führungsriege und der HR-Abteilung zu geben, dass sich Frauen mit einem geringeren Entgelt abfinden als Männer.

Frauen erlösen auf Ebay 20 % geringere Preise als Männer
Dieser „unconcious bias“ tritt sogar bei Bewertungsmechanismen zu Tage, die nicht im Verdacht stehen, von einer zentralen – womöglich männerdominierten – Stelle gelenkt zu werden. Erst kürzlich veröffentlichten zwei Forscherinnen von der Universität Tel Aviv ihre Studie, nach der es weibliche Ebay-Händer schwerer haben als männliche. Sie beobachteten über mehrere Jahre hinweg die Verkäufe der 420 beliebtesten Produkte auf Ebay in den USA. Das Erstaunliche: Im Schnitt konnten Männer bei Ebay rund 20 % mehr für neue Produkte erlösen als Frauen, und das obwohl Frauen bei Ebay tendenziell bessere Verkäuferbewertungen hatten als Männer. Lediglich bei Produktgruppen, bei denen Frauen eine besonders Expertise zugetraut wird – laut Studie sind das zum Beispiel Tierfutter, Puppen, Babykleidung oder Musikinstrumente – können Frauen deutlich höhere Preise erzielen als ihre männlichen Wettbewerber.

Da bei dem Ebay-Beispiel nicht von einer bewussten frauenfeindlichen Lenkung ausgegangen werden kann, liegen die Gründe offenbar tief im Unterbewusstsein. Möglicherweise spielt die Überlegung eine Rolle, dass Frauen eher „aus Spaß“ arbeiten, weil vermutet wird, dass sie einen männlichen Versorger haben, der für das Familieneinkommen sorgt.

Hier ist ein Kultur- und Denkwandel erforderlich, den man anschieben muss, der aber mit Sicherheit längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Auf jeden Fall sollten wir damit beginnen! Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Pay Gap in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hoch ist (siehe Grafik unten).

Artikel-Foto: Pixabay

Grafik unten: Statista

infografik_4471_frauen_bessere_bildung_weniger_geld_n

 

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

Förderer