Lindsay Hudson ist seit 2018 Diversity & Inclusion Manager EMEA bei Invesco. Fondsfrau Anke Dembowski spricht mit ihr darüber, warum Invesco diese Position im letzten Jahr eingeführt hat und welche Ziele sie verfolgt.

Lindsay, Sie sind Diversity & Inclusion Manager bei Invesco. Wie lange existiert diese Position bei Invesco, und warum wurde sie eingeführt?
Lindsay Hudson: Ich arbeite jetzt seit fünf Jahren bei Invesco, und Diversity of Thought ist ein sehr wichtiges Thema für uns. Im Jahr 2018 haben wir erkannt, dass es erforderlich ist, einen größeren Fokus auf Vielfalt und Inklusion zu legen, um wirklich etwas bewegen zu können. Im Jahr 2018 hat Invesco dann beschlossen, zwei neue Positionen für Diversity & Inclusion Manager einzurichten, um unser Engagement in diesem Bereich zu intensivieren. Ich konzentriere mich auf die EMEA-Region und ich habe ein Pendant in Nordamerika.

Und was genau machen Sie als Diversity & Inclusion Manager?
Bei Invesco laufen verschiedene Diversity- und Inklusionsinitiativen. Sie reichen von Smart Working – hier wollen wir sicherstellen, dass jeder im Unternehmen die notwendige Flexibilität für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben hat – bis hin zur Überprüfung unseres Einstellungs-Prozesses. Wir wollen sicherstellen, dass wir unser Talentnetzwerk so weit wie möglich erweitern. Wir möchten auch unsere Employee Resource Groups (ERGs) ausbauen. Beispielsweise haben wir ein sehr aktives Frauennetzwerk bei Invesco, und kürzlich haben auch ein LGBT+ -Netzwerk ins Leben gerufen. In den kommenden Monaten wollen wir unser Ethnien-Network starten. Jeder hier im Haus geht das Thema mit Leidenschaft an. Es gibt so viele verschiedene Initiativen, auf die wir uns konzentrieren könnten, aber der Schlüssel liegt darin, sich auf einige Dinge zu konzentrieren und diese gut umzusetzen.

Was sind Ihre Hauptziele?
Wir haben klare Ziele für Vielfalt und Inklusion, die sich grundsätzlich in drei Bereiche unterteilen lassen: a) Der Attraktivitäts-Bereich: Wie ziehen wir neue Talente an? b) Der Engagement-Bereich: Hier geht es darum, wie wir vorhandene Talente einbinden, und c) der Entwicklungs-Bereich. Unsere Bemühungen sind viel umfassender als nur geschlechterspezifische Vielfalt. Wir konzentrieren uns auf Ethnoien, Neuro-Diversität, sexuelle Orientierung und Menschen mit Einschränkungen. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie Menschen ihre unterschiedlichen Perspektiven bei Invesco einbringen können.

Was ist Ihre größte Herausforderung bei der Verbesserung der Geschlechtervielfalt bei Invesco?
Im Moment sehen wir es als Herausforderung an, die Pipeline an weiblichen Talenten gut zu füllen. Das ist nicht nur bei Invesco so, sondern die gesamt Asset-Management-Branche hat diese Herausforderung. Unsere Branche bislang als männerdominiert bezeichnet werden. Insbesondere in den wertschöpfenden Funktionen gibt es oft nicht genügend weibliche Vorbilder in Senior-Positionen. Wir sollten uns bemühen, das breite Spektrum abwechslungsreicher und interessanter Berufe in unserer Branche zu präsentieren, und dann überlegen, wie wir mehr Frauen in gehobene Positionen führen können.

Sie sagten, dass Sie Veranstaltungen an Universitäten organisieren, um die verschiedenen Karrieremöglichkeiten im Investment Management zu fördern. Welche Vorurteile gegenüber der Finanz-Branche sehen Sie bei Studentinnen?
Viele glauben, man müsse ein bestimmtes Fach studiert haben, um in einem Unternehmen wie Invesco zu arbeiten – vielleicht Mathematik oder Betriebswirtschaft. Die Bandbreite an Karrieremöglichkeiten ist aber deutlich vielfältiger. Es ist wichtig, die Studenten über die verschiedenen Karrierepfade aufzuklären – es gibt nicht nur einen einzigen Weg in unsere Branche! Beispielsweise hat eine unserer Fondsmanagerinnen einen Universitäts-Abschluss in Geschichte. Es ist wichtig, dass wir unternehmensübergreifend Vorbilder haben, an denen sich Studentinnen orientieren können. Wir müssen unsere Branche auch über das Portfoliomanagement hinaus präsentieren – es gibt daneben auch fantastische Möglichkeiten in den Bereichen Technologie, Recht und Organisation – die Liste geht weiter und weiter! Außerdem ist wichtig, dass wir uns nicht nur auf Universitäts-Studenten konzentrieren, denn sie haben womöglich bereits einen festen Karriereweg vor Augen. Vielmehr müssen wir auch in die Schule gehen und Schüler und Schülerinnen über die Chancen in unserer Branche informieren.

Welche weiteren Herausforderungen haben Sie?
Die „Strafe der Mutterschaft“ wird in der akademischen Forschung oft als Hindernis für weibliche Karrieren angeführt – darunter versteht man, dass Frauen-Karrieren nach der Geburt von Kindern oft zum Stillstand kommen. Wir halten uns auf dem neuesten Stand der Forschung und nutzen die Erkenntnisse, um unsere Strategie für Vielfalt und Inklusion weiter zu entwickeln. Zum Beispiel wissen wir, dass flexiblere Arbeitsmöglichkeiten ein Weg sind, wie wir am Arbeitsplatz helfen können. Dazu stellen wir Frauen und Männer vor, die bereits flexibel arbeiten. Ich habe selbst drei Kinder, daher verstehe ich die Herausforderungen, die sich bei der Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung ergeben. Zum Beispiel gibt es an vielen Schulen in Großbritannien noch keine umfassende Kinderbetreuung, sodass hier auch noch gesellschaftlich etwas zu bewegen ist. Ich glaube, dass die Schaffung moderner Arbeitsplätze eine unserer größten Chancen darstellt.

Haben Sie neben flexiblem Arbeiten noch weitere Pläne für Ihr „Smart Working“ -Projekt?
Wir führen Smart Working in der gesamten EMEA-Region ein, und da geht es um weit mehr als nur Teilzeitarbeit. Die Idee ist, dass wir den Mitarbeitern sagen: Wir wollen die beste Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bieten und dass trotzdem alle effizient zusammenarbeiten. Es geht darum, dass wir uns vom Präsenzgedanken verabschieden und uns mehr auf die Ergebnisse der Mitarbeiter konzentrieren. Wie das genau aussieht, kann von Mitarbeiter zu Mitarbeiter unterschiedlich sein. Es kann Home-Office sein, Job-Sharing, komprimierte Arbeitszeiten usw.. Wichtig ist, dass man offene Gespräche auf individueller Ebene führt. Es wird ja oft gesagt, dass Arbeit das ist, was man tut, nicht ein Ort, an den man geht.

Invesco ist in vielen verschiedenen Ländern aktiv. Welche lokalen Unterschiede hinsichtlich der Geschlechterdiversität und der Verbesserung der Geschlechterdiversität sehen Sie?
Viele der Initiativen, an denen wir arbeiten, lassen sich in der gesamten EMEA-Region gut einsetzen. Jeder möchte eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und soll das Gefühl haben, ein Teil des Unternehmens zu sein. Dieses Zugehörigkeitsgefühl ist Grundlage unserer Arbeit in den Bereichen Vielfalt und Inklusion. In Großbritannien gibt es z.B. eine verpflichtende Meldepflicht für geschlechtsspezifische Lohnunterschiede. Es wird immer regionale Unterschiede geben. Wir versuchen jedoch, das Thema Vielfalt und Inklusion global anzugehen, wo immer dies möglich ist.

In Bezug auf Impact Investing: üben Sie bei Invesco Ihr Stimmrecht bei Hauptversammlungen zu Fragen der Geschlechtergerechtigkeit aus?
Ja, wir stimmen auf Hauptversammlungen ab. Geschlechter-Gleichstellung ist Bestandteil unserer Proxy-Voting-Politik, aber wir machen immer eine Fall-zu-Fall-Betrachtung. Wobei ich sagen muss, dass unsere Abstimmungs-Politik bei Hauptversammlungen nicht mein Spezialgebiet ist. Diese Fragen beantwortet besser unser ESG-Team.

Vielen Dank für das interessante Interview, Lindsay!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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