Dr. Sofia Harrschar ist Executive Director, Head of Alternative Investments-Real Assets bei Universal-Investment. Dabei befasst sie sich mit geeigneten rechtlichen Strukturen, wenn für eine Assetklasse oder für bestimmte institutionelle Investoren das UCITS-Format als Vehikel nicht passt. Fondsfrau Anke Dembowski unterhält sich mit ihr über Karrieremöglichkeiten von Frauen heute, und wie sie selbst Karriere und Familie unter einen Hut bekommt.

Frau Dr. Harrschar, können Sie in 2 oder 3 Sätzen erklären, was Sie beruflich tun?
Ich bin bei Universal-Investment verantwortlich für alle unsere Anlagen in Alternative Investments. Das umfasst das Produktmanagement, die Umsetzung und auch das gesamte Transaktions- und Investmentmanagement, das damit einhergeht. Konkret unterstützen wir deutsche und internationale institutionelle Anleger bei der Investition und der Verwaltung von Alternative Investments. Wir schaffen gemeinsam passende Produktlösungen von der Idee zur Umsetzung und zwar so, dass sie zielgerecht strukturiert sind und vernünftig administriert werden können – und zwar über den gesamten Lebenszyklus.

Sie haben also viel mit Strukturen zu tun. Sind Sie dann von Hause aus Juristin?
Nein, Juristin bin ich nicht, sondern Diplom-Kauffrau. Ich hatte aber schon im Studium einen starken Hang zu Neuen Institutionen-Ökonomie, wo man sich ja auch viel mit optimalen Verträgen und Rechtsnormen befasst.

Was reizt Sie an Ihrem Job als Investment-Strukturiererin besonders?
Es ist eine tolle Tätigkeit, da ich mich sowohl mit unglaublich strategischen Fragestellungen befasse, wie man einen Sachverhalt umsetzen kann, aber auch der konkreten Umsetzung. Mich reizen die Komplexität der Aufgaben und die Kreativität, die dabei gefordert ist, um Lösungen zu finden. Selbst wenn man die 20. Struktur auflegt, die sich beispielsweise mit Private-Equity-Fonds-Investments befasst, gibt es doch immer wieder neue Punkte, die zu lösen und zu beachten sind. Es ist für mich eine echte Freude, eine Lösung zu finden, die nicht nur mehr Komplexität schafft, sondern eine gute Lösung ist, d.h. eine die passend ist, zielführend und zudem allen das Leben vereinfacht.

Knobeln oder rätseln Sie auch gerne?
(Lacht) ich habe in der Tat eine Sudoku-App auf meinem Handy. Mit der kann ich mich ein wenig runter beamen.

Was hat den Ausschlag dafür gegeben, dass Sie in diesem Bereich arbeiten? War das bei Ihnen gezielte Karriereplanung, oder zum Teil auch zufallsbedingt?
Eine richtige Planung war es nicht, am Anfang eher Zufall. Ich habe angefangen bei Kleinwort Benson im Bereich Private Equity, weil mich die „Private Markets“ interessiert haben. Dort habe ich erste Erfahrungen im Zwischenbereich von Strukturierung und Management von Private Equity Fonds gesammelt. Mich hat die Strukturierungs-Arbeit sehr gereizt, die ich dort kennengelernt habe. Sowohl dem Schwerpunkt Strukturierung als auch den Alternativen Investments bin ich dann treu geblieben, auch wenn sich die Arten der Strukturen und auch Assets immer mal erweitert haben. Man beginnt quasi mit einem Baukasten an verschiedenen Strukturen, und dann gilt es, diese an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. Gerade bei den komplexeren Assetklassen bieten sich viele Möglichkeiten zu gestalten, je nachdem, was der Kunde plant.

Sie sind schon lange in der Investmentbranche tätig – können Sie eine Entwicklung erkennen, wie es um Frauen in den Führungsetagen bestellt ist?
Sagen wir es so: Es passiert mir mittlerweile seltener, dass ich die einzige Frau in einem Meeting bin. Das war, als ich vor fast 20 Jahren angefangen habe, noch sehr häufig der Fall. Damals war ich sicherlich auch zudem noch die Jüngste und Unerfahrenste. Es ist so, dass Ihnen mittlerweile mehr Frauen begegnen in der Investmentbranche, wobei die Momente sehr selten sind, in denen überwiegend Frauen zusammenkommen. Aber in dieser Beziehung würde ich sagen, dass es besser wird.

Wie hat sich das damals angefühlt, als Sie die einzige Frau in vielen Meetings waren?
Ich habe nie drunter gelitten oder ein besonderes Negativgefühl gehabt. Es war halt so, und ich hatte da nie ein Thema damit.

Wie viele Frauen sind bei Universal Investment in der Führungsetage?
Universal Investment hat ein zweigeteiltes Führungsgremium. Es gibt das C-Level, das die oberste Führungsebene darstellt, und als zweite Ebene das Management Board. Beides zusammen umfasst 12 Personen, darunter 3 Frauen, was ja schon einmal vernünftig ist.

Haben Sie auf Ihrem Karriereweg auch schon lustige oder eigenwillige Situationen erlebt, auf Grund der Tatsache, dass Sie eine Frau sind?
Besonders komisch? Das weiß ich nicht, aber ich erinnere mich an eine Situation vor einigen Jahren, in der ich in einer verantwortlichen Position mit einem Teilzeitvertrag angestellt war. Nach ein paar Monaten gab es einen Kundentermin, und mein Chef stellte mich vor mit den Worten „Das ist Frau Dr. Harrschar. Sie arbeitet Teilzeit – und das funktioniert!“ Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich eine Frau bin, dass er das gesagt hat, aber ich musste sehr lachen, und der Satz ist mir tatsächlich in Erinnerung geblieben.

Wir Fondsfrauen haben eine Studie über Fondsmanager durchgeführt. Von den 661 Fonds, die in Deutschland domiziliert sind, sind uns 1.011 Fondsmanager namentlich bekannt. Davon sind nur 67 weiblich, das sind gerade einmal 6,6%. Im Bereich der Strukturierungen ist das vermutlich nicht viel anders. Haben Sie eine Erklärung, warum nur so wenige Frauen in Deutschland in dieses Segment gehen?
Ich habe dafür keine echte Erklärung. Ich bin mir nicht sicher, ob es deutlich anders ist, wenn man über den Portfoliomanagement-Bereich hinaus die gesamte Finanzindustrie betrachtet. Auch im Investmentbanking ist der Frauenanteil ja sehr gering. Ich habe viel darüber nachgedacht, wieso das so ist, aber mir ist kein guter Grund eingefallen.

Liegt es vielleicht an der exakten Messbarkeit, dass Frauen diese Jobs nicht so mögen? Es sind ja beispielsweise mehr Frauen in Marketing als in Sales, wo der Erfolg sehr genau messbar ist.
Ich muss sagen, dass mittlerweile sehr viele Frauen im Sales sind, übrigens sehr erfolgreich. Insofern bin ich mir nicht sicher, dass es daran liegt. Vielleicht eher daran, dass viele Berufsfelder in dieser Branche nicht so bekannt sind. Ich glaube, die wenigsten Leute wachen eines Morgens auf und wollen Fonds-Strukturierer oder Portfoliomanager werden. Viel mehr braucht man einen Einstieg. Man ist irgendwo, lernt die Branche kennen und entwickelt sich dahin. In HR oder Steuern kann man sich leichter vorstellen, was da zu tun ist. Warum das für Männer anders sein soll als für Frauen, ist mir allerdings auch nicht klar.

Was müsste Ihrer Meinung nach in der Investmentbranche verändert werden, damit sich mehr Frauen für unsere Branche interessieren, und damit die Retention Rate höher ist?
Wahrscheinlich müssen zunächst mehr Frauen überhaupt in der Investmentbranche anfangen zu arbeiten. Und dazu müssen die Berufe bekannter werden. Ich denke, dass es wichtig ist, dass man viel früher über Finanzen informiert, dass man z.B. bereits in der Schule darüber spricht. Übrigens, auch wenn man später nicht in der Finanzbranche arbeitet, ist es wichtig, sich mit Finanzen auszukennen. Nur wenn qualifizierter Nachwuchs da ist, kann dieser ja überhaupt gefördert werden. Und apropos Nachwuchs, richtig spannend wird das mit der Karriereplanung ja eigentlich erst, wenn eine Familie da ist. Dann sind die zeitlichen Möglichkeiten zumindest für einige Zeit anders. Wenn ich zurückdenke, was es an Stresssituationen gab, waren es in dieser Zeit in erster Linie die häufig unflexiblen oder fremdbestimmten Arbeitszeiten. Besonders schwierig waren die frühen Abendstunden, wenn man gerne bei der Familie sein wollte. Heute erscheint es mir, dass Arbeitsmöglichkeiten viel flexibler sind, mobiles Arbeiten und Home Office zunehmend zur Normalität werden. Das erleichtert sicher die Organisation. Frauen in Führungsverantwortung, das ist so eine Diskussion. Es muss ja eine freie Stelle geben, es muss eine qualifizierte Bewerberin geben, da kommt Vieles zusammen. Ich glaube, hier ändert sich gerade etwas, weil viele Männer mittlerweile Partnerinnen haben, die auch arbeiten, und allein deshalb sich die Sicht auf Karriere ändert.  Bei vielen Kollegen sind beide berufstätig und müssen gemeinsam schauen, wie Familie und Beziehung funktioniert – und zwar für beide.

Gibt es auch unterschiedliche Wahrnehmungen im Umfeld, wenn Frauen und Männer dieselben Dinge für die Familie tun?
Ich merke, dass Frauen, wenn sie früher gehen müssen, häufig nicht sagen, dass vielleicht ein Kind krank ist oder sie eine andere familiäre Verpflichtung haben. Auf der anderen Seite gibt es junge Väter – auch in höheren Positionen – die ganz stolz erklären „heute bin ich dran, das Kind abzuholen“. Die holen sich dann ein Stück weit auch das Lob der Zuhörer ab – das ist sicherlich ein Unterschied in der Wahrnehmung.

Ja, hier werden Mütter sicher anders wahrgenommen als Väter. Aber sollten wir diese Väter nicht ruhig feiern, weil sie für ein Umdenken sorgen?
Ja, ich gönne jedem ein Lob! Es ist tatsächlich ein erster Schritt hin zur Normalität. Vor ein paar Jahren war es so, dass nur wenige Väter Elternzeit genommen haben. Mittlerweile nehmen auch Väter in Führungspositionen Elternzeit, und die Unternehmen reagieren drauf und bieten flexiblere Modelle an.

Und wie organisieren Sie das? Wie kriegen Sie es hin, Ihre familiären Verpflichtungen und die beruflichen unter einen Hut zu kriegen?
Das frage ich mich auch manchmal! Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder, die mittlerweile allerdings im Teenager-Alter sind. Da ist manches einfacher. Als die Kinder klein waren, habe ich recht früh wieder intensiv gearbeitet. Die Regelbetreuung zu organisieren ging eigentlich, wobei jeder altersbedingte Wechsel von Krabbelstube zu Kindergarten zu Schulhort seitens der Träger oft unnötig spannend gemacht wird, ob man den gewünschten Platz bekommt. Schwierig war es, wenn ich morgens meinem Kind in die Augen schaute, und die waren glasig, und ich dachte als Mutter: Heute wäre es gut, wenn Du zu Hause bliebst, aber ich habe XYZ zu erledigen und muss eigentlich ins Büro. Das ist nicht leicht. Wir haben es damals so gelöst, dass wir für 2-3 Jahre ein Au-Pair hatten. Dazu kommt, dass mein Mann, der ein sehr aktiver und präsenter Vater ist, sich neben seiner Karriere genauso um die Kinder kümmert. Es bleibt schon ein Puzzle-Spiel, aber bisher haben wir es ganz gut geschafft.

Und mit dem Au-Pair, das hat geklappt? Oder war es eher so, als müsse man ein drittes Kind organisieren?
Wir hatten zwei Au-Pairs nacheinander, und das hat jeweils gut funktioniert. Am Anfang, bis alles läuft und sich ins Familienbild einfügt, ist es schon eine Herausforderung. Und ja, es gab Abende, da wäre ich lieber alleine gewesen, aber in der Summe hat es uns echt geholfen. In unserem Fall waren es jeweils junge Frauen. Man muss sich schon im Klaren sein, dass man einem jungen Menschen sehr viel Verantwortung überträgt. Je offener man kommuniziert, was einem wichtig ist, desto besser kann es das Au-Pair machen. Da haben wir am Anfang sicher auch viel gelernt.

Many Thanks for the interview!

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CV, Dr. Sofia Harrschar
Executive Director
Leiterin der Abteilung Alternative Investments – Real Assets

Dr. Sofia Harrschar ist seit 2011 bei der Universal-Investment und verantwortlich für die Abteilung Alternative Investments – Real Assets. Aufgabe der Abteilung ist die Strukturierung komplexer Investitionsvorhaben aus den Bereichen Private Equity, Debt und Real Assets für institutionelle Anleger. Die durch die Abteilung entwickelten Strukturen werden unter Leitung von Alternative Investments – Real Assets auf der deutschen und luxemburger Plattform der Universal-Investment realisiert. Umgesetzte Strukturen sind insbesondere deutsche und luxemburger Fondslösungen (FCP und SICAV) für Private Equity, Infrastruktur und Projektfinanzierungen sowie Verbriefungen über die Universal Securitisation Solutions-Plattform. Dr. Sofia Harrschar studierte Betriebswirtschaftslehre an der J.W. Goethe-Universität in Frankfurt/Main, wo sie auch im Bereich Finanzwirtschaft promvierte. Vor ihrem Wechsel zu Universal-Investment war sie bei Dresdner Kleinwort Benson und Prime Capital tätig. Dr. Harrschar ist seit über 14 Jahren im Bereich der Strukturierung alternativer Anlagen tätig.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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