In allen Branchen hat die gesetzliche Frauenquote, die für deutsche Großunternehmen seit 2015 gilt, für einen „Ruck“ gesorgt. Für die Mehrzahl der deutschen Asset Management Gesellschaften ergibt sich keine Pflicht zur gesetzlichen „Quote“, hat aber eine gewisse Ausstrahlwirkung. Bei der diesjährigen Umfrage haben sich KPMG und die Fondsfrauen wieder mit führenden deutschen Asset Managern in Verbindung gesetzt und sie zu ihren Gender-Programmen sowie zu der Situation in ihren Unternehmen befragt. Mit den 17 Teilnehmer*innen waren 67 Prozent des Marktes (gemessen an der Höhe der Assets under Management) bei der Umfrage vertreten und bieten somit einen umfassenden Einblick in die aktuellen Verhältnisse.

Ein Drittel weibliche Bewerber
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Gender-Strukturen innerhalb der Unternehmen sichtlich vom Anfang bis zu den höchsten Stufen der Karriereleiter wandeln. Über die Asset Management Industrie hinweg bewerben sich im Schnitt weniger Frauen als Männer (im Schnitt 33 % Bewerberinnen). Der Anteil eingestellter Bewerberinnen (44 %) übersteigt aber denjenigen bei den Bewerbern. Das lässt einen überdurchschnittlichen Anteil qualifizierter Kandidatinnen vermuten.

Während sich die Situationen der Unternehmen in den Bereichen Berufsanfang und allgemeine Mitarbeiterschaft sehr ähneln, sind Bewerber*innenzahlen sehr unterschiedlich zwischen den Asset Managern. Sie schwanken zwischen 10 und 41 % Bewerberinnen, je nach Firma. Diese Spannweite deutet darauf hin, dass Frauen Unternehmen unterschiedlich wahrnehmen und sich dementsprechend auf manche bewerben und auf andere nicht.

Es gibt weiterhin „Pink Ghettos“
Nicht in allen Firmenbereichen ist der Frauenanteil so auffallend niedrig wie in der Geschäftsführung. In den Personalabteilungen im deutschen Asset Management sind Frauen weiterhin in der Überzahl mit einem Anteil von durchschnittlich 85 Prozent. Auch Marketing, eine bekannte Frauendomäne, ist mit zwei Dritteln Frauen im Schnitt stark vertreten. Unterrepräsentiert bleiben Mitarbeiterinnen jedoch vor allem in den Bereichen Trading und Orderdesk, Vertrieb (Außendienst) und im Portfolio Management.

Dementsprechend sind Frauen hauptsächlich in der Verwaltung präsent, während Bereiche, die den Kern des Asset Managements darstellen, männerdominiert bleiben. Das lässt nicht auf große Sprünge in der Frauenförderung und -integration schließen, vor allem da die vorherige Studie aus 2015/16 ergab, dass auch in frauendominierten Bereichen die Führungskräfte meist männlich sind.

Verglichen mit den Ergebnissen aus 2015/16 gab es keine großen Veränderungen in den Zahlen. Es gibt jedoch einen Lichtblick: Ein kleiner Anstieg im IT-Bereich lässt darauf hoffen, dass die Basis für einen zukünftig höheren weiblichen Anteil bei den Führungskräften gelegt ist.

Gründe für Nichteinstellung von Frauen sind widersprüchlich
Auf die Frage nach den Gründen für Nichteinstellung und Nichtbeförderung von Frauen konnten die Unternehmen aus vier Antworten wählen sowie weitere Hindernisse nennen. Mit Zustimmung von 76 Prozent der Befragten ist die Antwort „zu wenig Bewerber“ am präsentesten. Darauf folgen „fehlende Qualifikation“ mit 29 Prozent und „verfügbare Arbeitszeit“ mit 18 Prozent. Flexibilitätserwartungen scheinen aus Sicht der Asset Management Unternehmen kein Hindernis zu sein.

Die Antworten deuten Widersprüche an. Zum Beispiel im Fall, dass zu wenige Bewerberinnen ein Hauptgrund für Nichteinstellungen und Nichtbeförderungen sei. Das erhobene Verhältnis zwischen Bewerberinnen und Bewerbern unterlegt auf den ersten Blick den am häufigsten genannten Grund für Nichteinstellungen und Nichtbeförderungen. Allerdings werden aus dem Pool aller Bewerbungen relativ mehr Bewerberinnen als Bewerber ausgewählt. Dieser Umstand spricht eindeutig nicht für einen Mangel an Qualifikation. Dennoch unterlegen die erhobenen Daten, dass die vielschichtigen Aspekte, die mit dem Oberbegriff Qualifikation einhergehen, Hindernisse in der Nachwuchsförderung darstellen. Diese gilt es auszuräumen.

Frauenförderprogramme und weitere Gender-Maßnahmen
In der Umfrage wurden die Unternehmen auch zu konkreten Gender-Strategien, den Zielen und bestehenden Maßnahmen befragt. Es ging dabei um die Förderung von Frauen für einen höheren Anteil weiblicher Mitglieder in Vorstand und Geschäftsführung, die Steigerung der weiblichen Besetzung eine oder zwei Ebenen unterhalb der Vorstands-/ Geschäftsführungsebene und um die Möglichkeit einer verpflichtenden Erstellung einer Short-List über alle Schlüsselpositionen mit einer Mindestprozentzahl weiblicher Kandidaten.

Darüber hinaus wurde gefragt nach der Einhaltung einer Frauenquote bei Einstellungen, ob Beförderungen von Frauen bonusrelevant für Führungskräfte ist oder ein verpflichtender Teil von Zielvereinbarungen. Auch die Steigerung der Retention Rate weiblicher Mitarbeiter im Mittel- und Seniormanagement, Budgetgeförderte Frauen-Netzwerke, Diversity-Beauftragte und Sponsoring-Programme für Frauen wurden abgefragt.

Während sich dabei zwar auf der einen Seite starke Trends unter den einzelnen Maßnahmen herausstellten, beispielsweise mit einem besonders hohen Anteil von geförderten Netzwerken, fiel gerade das Verhältnis von Maßnahmen und Zielen ins Auge. 14 der 17 Unternehmen geben an, dass sie bestehende Gender-Ziele haben, bei geplanten Förderungen sind sogar noch weniger Asset Manager engagiert, nur fünf planen neue Maßnahmen. Dabei zeigt die Grafik, dass das Potential standardisierter Veränderungen noch nicht ausgeschöpft ist.

Teilzeit darf nicht stigmatisiert werden
Die Umfrage zeigt außerdem, dass Teilzeit im Asset Management großflächig angekommen ist. Während auf alle Mitarbeiter*innen gesehen, jedoch bisher am meisten Frauen die Regelung in Anspruch nehmen, verringert sich diese Differenz (84 zu 16 Prozent) in den Führungsebenen. Wenn auch vergleichsweise nur wenige Führungskräfte Teilzeit nutzen, so ist das Verhältnis mit 65 zu 35 Prozent dennoch ausgewogener. Und genau dieser Botschaft bedarf es in Unternehmen. Leitende Mitarbeiter*innen sollten demonstrieren, dass Teilzeit und Karriere für alle Angestellten funktioniert.

Teilzeitarbeit ermöglicht vielen Familien eine erfolgreiche Life-Balance. Damit das jedoch nicht auf Kosten der Haupterziehenden geht, was nach wie vor meist Mütter betrifft, muss es dieselben Optionen für alle Eltern geben. Dieses Angebot wird von männlichen Mitarbeitern nur genutzt werden, wenn Teilzeitarbeit für Männer nicht mit Stigmatisierung und dem Ende der Karriereleiter einhergeht. Dementsprechend müssen flexible Arbeitszeiten insgesamt so eingeführt und gelebt werden, dass alle eine Chance auf Life-Balance haben.

Insgesamt positive Stimmen zu Gender Diversity
Die Stimmen aus Asset Management Unternehmen zeigen in vielen Fällen, dass Gender-Diversity bewusst gewollt ist. Als eindeutige Vorteile durch Gender-Diversity werden Performance und Ergebnis-Verbesserungen genannt. Unter den befragten Unternehmen nennen wenige Diversity-Förderung nicht nur im Zusammenhang mit einzelnen Förderprogrammen, sondern als ganzheitliches Konzept (inkl. Alter, Herkunft, usw.). Doch nicht alle Asset Manager stehen der Thematik auf diese Weise gegenüber.

 

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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