In Großbritannien wurde eine Studie durchgeführt, die zeigt: Kultur des Schweigens über die Wechseljahre blockiert Karriereentwicklung von Frauen und Bindung weiblicher Talente.

Denn offenbar hindern auch die Wechseljahre Frauen daran, Führungspositionen im Finanzdienstleistungssektor zu übernehmen. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die im Oktober 2021 von der Standard Chartered Bank und der britischen Financial Services Skills Commission (FSSC) veröffentlicht wurde. Laut der Studie „Menopause in the Workplace: Impact on Women in Financial Services“ beeinträchtigen die Begleiterscheinungen der Wechseljahre das Selbstvertrauen von Frauen bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. Die mangelnde Sensibilisierung und Unterstützung von Arbeitgebern und Kolleg*innen bei der Bewältigung von Symptomen führt dazu, dass Frauen seltener in höhere Positionen aufzusteigen, und möglicherweise sogar ganz aus dem Berufsleben ausscheiden.

Ein Viertel (25%) der Studienteilnehmerinnen, die sich zur Zeit der Erhebung in den Wechseljahren befanden, gab an, aufgrund der Menopause unter Umständen eher aus dem Berufsleben auszuscheiden, 22% gaben an, dass sie eher in den Vorruhestand gehen würden. Darüber hinaus gab fast die Hälfte (47%) der befragten Frauen an, dass sie sich aufgrund der Begleiterscheinungen der Wechseljahre eher nicht um eine Beförderung bemühen würden, und mehr als die Hälfte (52%) gab an, keine zusätzliche Verantwortung übernehmen zu wollen. Und das, obwohl fast zwei von fünf (38%) angaben, eine höhere Position angestrebt zu haben.

Die großangelegte Umfrage der Fawcett Society unter rund 2.400 Mitarbeiter*innen aller Altersgruppen aus über 100 verschiedenen Unternehmen des Finanzdienstleistungssektors soll Aufschluss darüber geben, wie sich die Wechseljahre auf den beruflichen Aufstieg von Frauen auswirken. Die Ergebnisse zeigen, dass Arbeitgeber in diesem mit Fachkräftemangel bedrohten Sektor ein erhöhtes Risiko eingehen Talente zu verlieren, wenn sie keine Rücksicht auf Frauen in der Menopause nehmen.

„Im Finanzdienstleistungssektor herrscht eine Kultur des Schweigens über die Wechseljahre. Viele Frauen müssen die Auswirkungen selbst auffangen. Mangelndes Verständnis und fehlende Unterstützung behindern den beruflichen Aufstieg von Frauen und führen mitunter dazu, dass sie sich ganz aus dem Berufsleben zurückziehen“, sagt Tanuj Kapilashrami, Group Head of Human Resources bei Standard Chartered. „Wir möchten das Bewusstsein schärfen, damit Arbeitsplätze integrativer und unterstützender für alle Mitarbeiter*innen werden. Es ist an der Zeit, die Wechseljahre ins Rampenlicht zu rücken und anzuerkennen, dass wir offen darüber sprechen und akzeptieren müssen, dass sie direkte Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Karriere haben.“

Claire Tunley, Chief Executive bei der Financial Services Skills Commission erklärt: „Die Menopause war zu lange ein Tabuthema am Arbeitsplatz. Unsere Studie zeigt, dass der Finanzsektor Zehntausende von Frauen verlieren könnte, weil sie am Arbeitsplatz mit den Wechseljahren konfrontiert sind. Von der leitenden Angestellten bis hin zur Kundendienst- und Callcenter-Mitarbeiterin kann jeder, unabhängig von Alter oder Geschlecht, von einer stärkeren Sensibilisierung für Wechseljahre profitieren. Um dies zu erreichen, muss der Sektor einen integrativen Dialog fördern und die Kultur des Schweigens brechen. Nur so kann die Branche Talente binden und fördern, Innovation und Produktivität voranzutreiben und eine größere organisatorische Stärke und Widerstandsfähigkeit erreichen.“

Die Untersuchung zeigt auch, dass die mit den Wechseljahren verbundenen Symptome unterschiedlich sind, jedoch nicht-körperliche Symptome als ebenso lästig oder sogar stärker empfunden werden als körperliche, wobei Schlafstörungen (69%), Angst und Sorgen (63%) und Probleme mit dem Erinnerungsvermögen (58%) am häufigsten genannt werden.

Mehr als die Hälfte (53%) der befragten Frauen, die derzeit in den Wechseljahren sind, gaben an, dass diese Auswirkungen es schwierig machten, sich bei der Arbeit sicher zu fühlen, und vier von zehn (40%) gaben an, dass ihre Erfahrungen es „extrem“ oder „ziemlich“ schwierig machten, Spaß an der Arbeit zu haben. Im Vergleich zu Kolleg*innen fühlen sich Frauen in den Wechseljahren seltener wahrgenommen, wenn sie bei der Arbeit ihre Ideen einbringen, und haben das Gefühl als Teammitglied weniger geschätzt zu werden.

Als Reaktion auf die Forschungsergebnisse ändert Standard Chartered seine Richtlinien, um Mitarbeiterinnen in der Menopause spezielle Unterstützung am Arbeitsplatz zukommen zu lassen. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten, Beratung, Aufklärung und Sensibilisierung für alle Mitarbeiter*innen durch die Einführung eines Leitfadens zur Menopause, spezielle Beratung für Vorgesetzte und Peer-to-Peer-Selbsthilfegruppen. Außerdem hat die Bank vor kurzem die Vereinbarung “Wellbeing of Women’s Menopause Workplace Pledge“ unterzeichnet.

Dies sind einige der wichtigsten Maßnahmen, die in dem Bericht genannt werden und die auch andere Organisationen ergreifen können, um Hindernisse abzubauen und eine Arbeitsplatzkultur zu schaffen, in der die Wechseljahre besser verstanden werden, so dass die Mitarbeiterinnen Unterstützung und eventuelle Anpassungen am Arbeitsplatz beantragen zu können. Dazu gehören insbesondere zusätzliche Schulungen, Sensibilisierungsmaßnahmen und eine größere Flexibilität bei den Arbeitsregelungen.

Über die Studie:
Von Mai 2021 bis Juni 2021 wurde eine Umfrage unter Beschäftigten des Finanzsektors in Großbritannien durchgeführt, an der sich 2.376 Personen aus über 100 verschiedenen Organisationen beteiligten, davon 2.089 Frauen und 287 Männer.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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