Den meisten reicht es langsam mit Homeoffice und Shutdown, und die Politiker müssen zunehmend feststellen, dass es immer schwieriger wird, den Druck im Kessel zu halten. Langsam dämmert es den Leuten, dass die großzügigen Hilfspakete, der Aufbau von Test- und Intensiv-Kapazitäten und auch die eloquente Virologen zwar „vom Staat“ bezahlt werden, dass aber das Geld dafür irgendwann auch erwirtschaftet werden muss. Kurzum: Es zeichnet sich ab, dass nun die Wieder-Aufnahme der realen Wirtschaftstätigkeit im Vordergrund stehen sollte.

Wie könnte der Exit aus dem Lockdown aussehen?
Börsianer machen sich schon länger Gedanken darüber, wie der Exit aus dem Lockdown aussehen wird, denn eine Blaupause gibt es nicht. Es ist schließlich nicht nur eine Sache der Wiederaufnahme der Produktion (wie schnell geht es, bis die Lieferketten wieder reibungslos funktionieren? Wie liquide sind alle Handelspartner? Existieren sie überhaupt noch?), sondern auch eine Sache der Nachfrage. Da die meisten Teilnehmer am wirtschaftlichen Leben durch die Corona-Maßnahmen Einschränkungen und Einbußen hinnehmen mussten, werden sie vermutlich nach den Lockerungen nicht als erstes in einen Konsumrausch fallen. Oder etwa doch?

Eine Frage des Sentiments
Das ist eine Frage des Verbraucher-Sentiments: Wie „fühlt“ das Kollektiv der Verbraucher, das auf einmal wieder freudig konsumieren und das Bruttosozialprodukt befeuern soll? Ich möchte daher einen neuen und meiner Meinung nach praxisnahen Sentiment-Indikator vorstellen: Meine Ebay-Verkäufe!

Er funktioniert so: Jedes Wochenende stelle ich alles Mögliche, was ich gerade nicht benötige, bei ebay ein: Kleidung, Geschirr, Deko u.s.w. Nach sieben Tagen werden meine Angebote jeweils fällig. Im Schnitt verkaufe ich jede Woche zwischen 5 und 10% meiner eingestellten Dinge. Am Anfang der Krise, als man hierzulande noch dachte, Corona sei ein auf China begrenztes lokales Problem, liefen meine ebay-Verkäufe wie eh und je, aber seit Mitte Februar gingen sie auf Tauchstation. Ein kleines Zwischenhoch gab es über Ostern – vermutlich weil viele die Feiertage daheim verbracht haben. Aber davor und danach lagen meine Ebay-Verkäufe in der unteren Range, so zwischen 0 und 2 % meiner Angebote; letzte Woche waren es gerade mal 1%.

Das sind schlechte Zahlen für das Verbraucher-Vertrauen, denn andere Gründe lassen sich weitgehend ausschließen: Die Menschen haben jetzt viel Zeit, um vor dem PC zu sitzen, und teuer sind gebrauchte Dinge bei ebay auch nicht. Wenn die Menschen dort jetzt nicht kaufen, kann es nur so sein, dass sie einfach ihr Geld zusammenhalten und lediglich das Notwendigste kaufen.

Ich habe über diesen Sentiment-Indikator mit Volkswirten gesprochen. Sie halten ihn für brauchbar, denn der Ebay-Indikator hat folgende Merkmale:

  • Er geht durch alle Schichten, weil Menschen aus allen Schichten bei ebay handeln
  • Er liefert viele und vor allen Dingen zeitnahe Datenpunkte (am Sonntag liegen die Zahlen der vergangenen Woche vor)
  • Er zeigt präzise auf, wie konsumfreudig die Menschen sind, unabhängig von Ladenöffnungszeiten

Ein Manko stellt natürlich der geringe Daten-Umfang dar, denn ich stelle ja nicht Tausende von Artikeln ein, aber dafür erhalte ich die Zahlen jede Woche!

Wenn ich auf meinen Sentiment-Indikator schaue, muss ich leider feststellen, dass die Krise noch nicht vorbei ist, sondern dass das Verbraucher-Sentiment ganz weit unten liegt. Ich werde den Indikator aber weiterhin im Auge behalten, versprochen!

Chart: Onvista


Da sag noch einer, Covid 19 mache nicht kreativ!

Herzlichst,
Eure Anke Dembowski

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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