Wir sprechen mit Simona Stoytchkova, der Deutschlandchefin von IG Europe, warum es unter Tradern so wenige Frauen gibt und was IG tut, um mehr Frauen für das Thema Trading zu interessieren.

Frau Stoytchkova, Ihr Haus bietet Trading-Möglichkeiten für Private an. Nicht jede unserer Leserinnen kennt IG, können Sie etwas zu Ihrem Unternehmen sagen?
IG ist einer der ältesten Online-Broker der Welt; uns gibt es seit 45 Jahren. Angefangen haben wir mit CFDs, dann kamen Optionen hinzu. Und seit neuestem handeln wir auch Exchange-traded derivatives (ETDs). Strategisch wollen wir uns Richtung Multi-Trading-Produkte bewegen.

Wen sprechen Sie mit Ihrer Trading-Plattform an?
Sophisticated Traders. Meistens sind es Private, die sich bereits mit Trading auskennen. Sie handeln überwiegend OTC auf unserer Plattform, meistens Hebelprodukte. Im Regelfall spezialisiert sich ein Trader nur auf ein Produkt und vertieft sich darin. Die meisten unserer Kunden – etwa 90% – handeln bei uns CFDs. Dann gibt es noch einige, die Optionen oder Turbos handeln. Ganz wenige – nur etwa 2% – handeln alle drei Produkte.

Sie haben das Verhalten Ihrer Kunden untersucht und markante Unterschiede zwischen Frauen und Männern festgestellt…
Ja, wir waren schon sehr erstaunt, dass nur 6% der Kunden in Deutschland und 7% in Österreich weiblich sind. Das möchte ich persönlich unbedingt ändern und Frauen mehr für den Trading-Bereich interessieren.

Was ist Ihrer Meinung nach der Grund, dass nur so wenige Frauen aktiv traden?
Das hat wohl historische Gründe. Am Anfang, als es nur Präsenzbörsen gab, haben ausschließlich Männer getraded. Mit der Frauenrolle in unserer Gesellschaft hat es sicherlich auch zu tun. Aber mit der Digitalisierung bieten sich jetzt gute Chancen: Frauen informieren sich zunehmend über Finanzen, auch über Trading. Das ist ein positiver Trend, allerdings von einem niedrigen Niveau aus.

Sie sagten, dass Sie mehr Frauen für Trading interessieren wollen. Welche Maßnahmen ergreifen Sie dazu?
Das Wissen zu Trading-Produkten ist bei Frauen im Schnitt niedriger als bei Männern. Daher möchten wir jetzt mit einer Kampagne das Interesse der Frauen am Thema Trading erhöhen und ihnen mit professionell aufbereiteten Video-Clips das notwendige Wissen dazu vermitteln. Wir beginnen mit Konzepten auf der Macro-Ebene, wie sich Derivate zur Absicherung von Risiken einsetzen lassen, zum Beispiel für Aktien und ETFs. Im zweiten Schritt geht es darum, wie sich Einzel-Risiken absichern lassen, wie man das konkret mit Derivaten macht. Ist man damit erst komfortabel, interessieren sich die Frauen eventuell auch für Trading, also wie Handelsstrategien mit derivativen Instrumenten umgesetzt werden können. Wir erstellen dazu Education-Konzepte und visualisieren die Herangehensweise im Video-Format. Dazu wollen wir auch Einsteigerinnen passende Produkte anbieten, also erst ETFs, dann auch Einzeltitel, und später auch Robo-Advisory. Den Robo bauen wir nicht im eigenen Haus, sondern werden dazu eine Partnerschaft eingehen.

Für viele Frauen ist ja schon ein gemischter Fonds eine riskante Sache. Glauben Sie, dass Trading für Privatanlegerinnen gut ist?
Man muss hier unterscheiden zwischen langfristigen und kurzfristigen Anlagezielen, und dazu gibt es jeweils unterschiedliche Instrumente. Für die langfristige Anlage eigenen sich eben verschiedene Finanz-Anlagen und Immobilien. Für die kurzfristige Sichtweise kommt eher Trading in Derivaten in Frage. Es kommt ja nur darauf an: Wieviel Zeit habe ich?

Um die Education-Konzepte zu sehen, müssen die Frauen ja erst mal auf Eure Seite kommen. Wie werdet ihr sie dafür interessieren?
Wir gestalten die einzelnen Videos so einfach und so spannend wie möglich. Dazu arbeiten wir mit einer professionellen Produktions-Firma. Das Ganze soll vom Format her ähnlich wie eine Harald-Schmidt-Show aussehen, also informativ und gleichzeitig lustig. Dazu wollen wir auch How-to-start-Konzepte anbieten, mit zwei Schreibtischen und einer Anfängerin und einer erfahrenen Traderin. Dafür suchen wir übrigens noch Frauen, die hier gerne mitmachen möchten. Dazu wollen wir auch Partnerschaften zu Frauen-Netzwerken eingehen. Im Prinzip möchte ich Frauen einfach die Angst vor Derivaten nehmen. Ich bin davon überzeugt, dass wir Frauen mit unseren geplanten Formaten gut ans Trading heranführen werden. Es geht ja um Risikomanagement und um Trading-Strategien. Und zeitlich bleiben die Frauen komplett flexibel, weil die Shows ins Internet eingestellt werden und sie sich die Angebote flexibel einteilen können.

Wie tradet man denn richtig?
Man muss sich eine Routine bilden und immer den Markt im Auge haben. Das heißt, die Werte, für die man sich interessiert – also Rohstoffe, Währungen, Crypto und vieles mehr – schaut man sich täglich an. Und dann positioniert man sich entsprechend. Eine Chat-Funktion bauen wir auch ein, damit sich Frauen mit ähnlichen Trading-Interessen austauschen können.

Bringt Euch Corona den Zeitplan durcheinander?
Nicht wirklich. Ende des Kalenderjahres hat sich hoffentlich alles wieder normalisiert. Wir nutzen jetzt die Corona-Zeit, um zu konzeptionieren und zu drehen. Wir leisten eben jetzt die Vorarbeit.

Ihr seid ja bei IG sehr gut aufgestellt, was Frauen in Führungspositionen betrifft.
Ja, wir sind insgesamt drei Geschäftsleiter. In diesem Trio bin ich zwar die einzige Frau. Aber in Deutschland haben wir eine Doppelspitze, nämlich Nazli Visne und ich. Soweit ich weiß, sind wir die einzige Doppelspitze in Deutschland. Und unser Top CEO in London ist auch eine Frau, June Felix. Generell haben wir eine sehr gute Frauenquote bei IG – und auch das werden wir weiter ausbauen

Danke für das Interview!

Foto: IG Europe
Rechts: Simona Stoytchkova; links: Nazli Visne, stellvertretende Deutschlandchefin 

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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