Offenbar haben die Gesetzgeber in Europa das Gefühl, lange genug zugeschaut zu haben. Trotz aller Lippenbekenntnisse, mehr für die Lohngerechtigkeit zu tun, beträgt der Gender-Pay-Gap in Deutschland etwa 21 %. Selbst in Island, das nach Expertenmeinung als Vorreiter in Sachen Gender-Gerechtigkeit gilt, verdienen Frauen im Schnitt rund 17 % weniger als Männer.

Nun aber tut sich gleich in mehreren Ländern Europas etwas – auf gesetzlicher Ebene. Anders lassen sich offenbar die eingefahrenen Strukturen und Vorurteile nicht beheben.

In Island müssen nun die Unternehmen nachweisen, dass sie gerecht bezahlen
Island hat als 1. Land weltweit ein Gesetz erlassen, das grundsätzlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordert. Seit 1.1.2018 ist Islands „Equal Pay Act“ in Kraft. Danach sind es die Unternehmen, die nachweisen müssen, dass sie eine faire Gehaltsstruktur haben. Dies erspart den Frauen den oft schwierigen Beweis, dass sie schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen mit gleicher Qualifikation.

In Island gilt das Gesetz für Betriebe mit 25 und mehr Mitarbeitern; sie müssen den Nachweis alle drei Jahre erbringen. Bei der Frage der Fairness wird auf die Dauer der Ausbildung und die Qualifikation abgestellt. „Damit werden klassische Frauenberufe grundsätzlich bessergestellt“, meint Maríanna Traustadóttir vom isländischen Gewerkschaftsbund. „Das heißt zum Beispiel, dass Kindergärtnerinnen nicht weniger verdienen dürfen als ein Chauffeur, der bei der gleichen Gemeinde angestellt ist und der mit dem Lastwagen Sand für den Spielplatz bringt.“

In Deutschland gilt ab 2018 das „Entgelttransparenzgesetz“
In Deutschland gilt ab 6. Januar 2018 das „Entgelttransparenzgesetz“. In Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern können Arbeitnehmer künftig Auskunft darüber verlangen, wie viel ihre Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen. Darüber hinaus muss es wenigstens sechs Kollegen des jeweils anderen Geschlechts mit einem ähnlichen Job wie der Antragsteller geben, denn mitgeteilt werden muss lediglich ein Durchschnitts-Wert, nicht das Gehalt eines einzelnen Mitarbeiters.

Bisher hatten oft vertraglich vereinbarte Geheimhaltungs-Klauseln verhindert, dass Frauen überhaupt feststellen konnten, ob sie genauso viel wie ihre männlichen Kollegen verdienen oder nicht.

Um zu vermeiden, als Querulantin zu gelten, können Frauen die Anfrage auch anonymisiert über den Betriebsrat an die Personalabteilung stellen. In dem Fall erfährt der Chef nicht, wer die Anfrage gestellt hat. In der Anfrage muss die genaue Vergleichsgruppe angegeben werden, über die man Auskunft haben möchte. Auskunft gibt es nur über solche Kollegen, die sich innerhalb eines Unternehmens gegenseitig vertreten können. Die Unternehmen haben eine Frist von 3 Monaten, binnen derer sie die Anfrage beantworten müssen.

Österreich führt 2018 die 30-prozentige Frauenquote in Aufsichtsräten ein
Österreich folgt Deutschland seit 1. Januar 2018 mit der 30-prozentigen Frauenquote in Aufsichtsräten. Die gesetzliche Quote in Österreich gilt für börsennotierte Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern, die einen Aufsichtsrat mit mindestens sechs Mitgliedern aufweisen. Nach einer Meldung des Magazins „Institutional Money“ betraf die gesetzliche Frauenquote per Stichtag 6. Dezember 2017 immerhin 33 der 60 im Wiener Börse Index (WBI) gelisteten Unternehmen, also mehr als die Hälfte der großen Unternehmen. Momentan erfüllen acht dieser 33 Unternehmen (24,24 %) die 30-prozentige Frauenquote mit der aktuellen Zusammensetzung ihrer Aufsichtsräte. 27 Unternehmen sind ausgenommen, da sie entweder weniger als sechs Kapitalvertreter im Aufsichtsrat haben oder in ihrer Belegschaft weniger als 20% Arbeitnehmerinnen aufweisen.

Künftig werden wohl die Mehrheit der Unternehmen intensiv Ausschau halten müssen nach weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern, denn drei Viertel der betroffenen Unternehmen (75,8 %) müssen ihren Frauenanteil erhöhen.

In Deutschland hat die Einführung der Quote 2014 bereits Wirkung gezeigt. Laut einer Analyse des Beratungsunternehmens EY lag der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 30 DAX-Konzerne zum Stichtag 1. Juli 2017 bei 30,2%, verglichen mit etwa 25% vor Einführung der Quote.

Offenbar braucht es gesetzliche Quoten, bis sich in den Köpfen so viel bewegt, dass es tatsächlich zu einer Änderung kommt. Mag sein, dass man die gesetzliche Quote wieder fallenlassen kann, wenn sich die Gesellschaft an eine Gleichberechtigung von Frauen und Männern gewöhnt hat.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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