Das Thema flexible Arbeitszeiten ist nicht zuletzt durch die von den Kitastreiks betroffenen berufstätigen Eltern wieder in den Vordergrund getreten. Aber auch unabhängig von solchen besonderen Schwierigkeiten gibt es Verbesserungsbedarf bei der Flexibilisierung der Arbeitszeiten.

Einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes im Auftrag des Handelsblatts zufolge, wollen etwa 223.000 in Vollzeit beschäftigten Väter und Mütter mit minderjährigen Kindern weniger arbeiten und umgekehrt mehr als 600.000 der in Teilzeit Tätigen mehr arbeiten.

Aber nicht nur Eltern wollen ihre Arbeitszeiten besser an die Bedürfnisse ihrer Familie anpassen, auch diejenigen, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, haben Bedarf, ihre Arbeitszeiten möglichst frei selbst bestimmen zu können. Auch viele Arbeitgeber haben erkannt, dass flexible Arbeitszeitmodelle in Zeiten des Fachkräftemangels eine Möglichkeit sein können, Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und neue für das Unternehmen zu gewinnen.

Die rechtlich-begrenzenden Faktoren
Auch wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind, ein flexibles Modell für die Arbeitszeit zu vereinbaren, können sie das nicht immer frei vereinbaren. Vielmehr sind ihnen z.B. durch das Arbeitszeit- und das Nachweisgesetz gewisse Grenzen gesetzt. So fordert das ArbzG vom Arbeitgeber, dass er die sogenannte Mehrarbeit, also die Arbeit, die über die tägliche Arbeitszeit (im Regelfall 8 Stunden) hinausgeht, dokumentiert. Auch das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit schränkt den Gestaltungsspielraum über eine flexible Arbeitszeit ein.

In Fällen von Arbeitszeitkonten, die es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen sollen, Zeitguthaben anzusparen, um diese für bezahlte Freistellungsphasen (Sabbatical, Weiterbildung etc.) zu nutzen, sind auch sozialversicherungsrechtliche Vorgaben zu beachten, die beispielsweise dem Schutz der Wertguthaben im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers dienen. In Unternehmen mit Betriebsrat kann der Arbeitgeber neue Arbeitszeitmodelle zudem nur mit Zustimmung des Betriebsrates einführen. Ausnahmen bestehen hier nur für den Fall, dass in dem geltenden Tarifvertrag bereits entsprechende Regelungen enthalten.

Modelle flexibler Arbeitszeit
Die Modelle für eine flexible Arbeitszeit bewegen sich zwischen der klassischen Gleitzeit und der Vertrauensarbeitszeit. Kennzeichnend ist bei dieser Bandbreite, dass die Kontrolle der tatsächlichen Arbeitszeiten abnimmt und bei der Vertrauensarbeitszeit letztlich vollständig entfällt. Zu der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit gehört aber auch die Frage, inwieweit die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer selbst darüber entscheiden können, wann sie arbeiten (Arbeitszeitautonomie). So ist die Bandbreite an Arbeitszeitmodellen vielfältig. Diese Vielfalt ergibt sich insbesondere aus der unterschiedlichen Ausgestaltung der Arbeitszeitautonomie.

Während die Gleitzeit es lediglich ermöglicht, den Beginn und das Ende der Arbeitszeit innerhalb bestimmter Grenzen selbst zu bestimmen, gehen die Spielräume für die Beschäftigten bei sogenannten Zeitwertkonten wesentlich weiter. Bekanntes Beispiel hierfür sind Jahresarbeitszeitkonten. Hierbei gibt der Arbeitgeber lediglich vor, dass innerhalb eines Kalenderjahres bestimmte Arbeitszeiten erfüllt werden. Welche Freiheiten dann bei der Lage der Arbeitszeit bestehen, hängt von der konkreten Ausgestaltung ab.

Es gibt inzwischen aber auch Arbeitsmodelle, die vollständig von der Arbeitszeit entkoppelt sind. Ein in Amerika zumindest in bestimmten Branchen populäres Beispiel ist „Results Only Work Environment“ (Rowe). Hier spielen nur noch die Arbeitsergebnisse eine Rolle, nicht die erbrachten Arbeitszeiten. So können beispielweise die Beschäftigten in einigen Unternehmen, sofern die Arbeitsergebnisse stimmen, selbst darüber entscheiden, wann und wie lange sie Urlaub nehmen.

Chancen und Risiken
Flexible Arbeitszeiten ermöglichen es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht nur ihre Arbeitszeit ihren Bedürfnissen anzupassen. Sie führen auch zu einer größeren Zufriedenheit und damit in der Regel auch zu einer größeren Effizienz und Produktivität.

Ebenso wie bei Arbeit in Form von Home Office-Modellen birgt die Möglichkeit, die Arbeitszeiten frei festzulegen das Risiko, dass die Grenze zwischen Arbeit und Privatem verschwimmt. Auch haben Studien zu Vertrauensarbeitszeitmodellen gezeigt, dass die Überstundenzahl sich im Schnitt mehr als verdoppelt. Aus diesem Grund ist es erforderlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der neuen Freiheit auch vertraut zu machen und sie in die Lage zu versetzen, die Freiheiten zu nutzen, ohne sich selbst auszubeuten.


Foto Hoffmann beschnittenÜber den Autor

Rechtsanwalt Markus Hoffmann ist in der Kanzlei ARES Rechtsanwälte mit Sitz in Frankfurt beschäftigt, die sich schwerpunktmäßig auf die Vertretung der Interessen von Anlegern und Bankkunden konzentriert. Neben dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts ist RA Hoffmann auch auf dem Gebiet Gesellschafts- und Arbeitsrecht tätig.

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