Doris Märzluft ist Direktorin Portfoliomanagement bei Deutsche Oppenheim Family Office in Grasbrunn bei München. Sie spricht mit Fondsfrau Anke Dembowski darüber, was sie am Umgang mit dem Kapitalmarkt begeistert.

Fondsfrauen: Frau Märzluft, Sie arbeiten in der Vermögensverwaltung bei der Deutschen Oppenheim Family Office. Verraten Sie uns, was Sie dort genau tun?
Doris Märzluft: Mein Aufgabengebiet umfasst volkswirtschaftliche Analyse, Anleihen und Fremdwährungen. Dazu beobachte ich u.a. die Entwicklung des Wirtschaftswachstums, der Inflation, aber auch die Notenbanken. Zu meinen Aufgaben gehört es, die aktuelle Lage zu analysieren und Prognosen zu treffen, wie sich Zinsen und Währungen in der nahen Zukunft bewegen werden. Darauf aufbauend wird festgelegt, welche Struktur das Vermögen im nächsten Monat haben wird. Nach rund einem Monat wird dieser sogenannte Investmentprozess neu durchgeführt, um gegebenenfalls notwendige Anpassungen durchzuführen.

Ist ein gutes Mathematik-Verständnis Grundvoraussetzung, um Portfoliomanagerin zu werden?
Ohne Mathematik geht es nicht. Aber die größere Herausforderung ist es, Zusammenhänge zu analysieren und Erwartungen zu einem konsistenten Kapitalmarktbild zusammenzufügen. Liegt man damit auch noch richtig, fängt der Spaß so richtig an.

Was reizt Sie an Ihrem Job in der Vermögensverwaltung noch?
Ich finde es spannend zu beobachten, weshalb sich die Bedingungen am Kapitalmarkt verändern. Hat sich wirklich etwas geändert oder werden die neuen Zahlen nur anders interpretiert? Gewinnt oder verliert ein Einflussfaktor an Bedeutung, und welches Gewicht muss ich ihm beimessen? Das macht die Aufgabe abwechslungsreich. Für mich persönlich ist es außerdem sehr befriedigend, das Thema Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage zu vertreten und auch umzusetzen. Mir erscheint es wichtig, bereits bei der Kapitalanlage darüber nachzudenken, was mit der Investition bewirkt wird. Alle sind entsetzt, wenn Hunderte von Menschen in Kleiderfabriken umkommen, weil die Arbeitsschutzmaßnahmen nicht eingehalten wurden. Um dies zu ändern ist es aber notwendig, auch den Unternehmen klar zu machen, dass es ihre Pflicht ist, die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Subunternehmer genau zu prüfen und Verbesserungen zu verlangen. Ich bin stolz darauf, dass es uns gelungen ist, über 1 Mrd. Euro in unseren zwei nachhaltigen FOS Fonds zu bündeln, um bei diesem Thema voranzukommen.

Sie arbeiten in einem Family Office. Dort geht es nicht nur um hohe Beträge, sondern mitunter sind auch heikle Familienangelegenheiten anzusprechen. Glauben Sie, dass Sie hier als Frau besser beim Kunden ankommen als ein Mann? Sind Frauen empathischer als Männer?
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben mich gelehrt, dass es in erster Linie eine Frage der Chemie ist, ob die Zusammenarbeit funktioniert oder nicht. Bei meiner Aufgabe hat es mir eher geholfen, dass ich Schwäbin bin und Mann/Frau es mir auch deswegen zutraut, verantwortungsvoll mit dem Vermögen umzugehen.

In der Vermögensverwaltung ist nicht immer alles genau vorhersehbar. Wie gehen Sie damit um, Entscheidungen unter Unsicherheit treffen zu müssen?
Niemand kennt die Zukunft. Entscheidungen in der Kapitalanlage sind somit immer unter Unsicherheit zu treffen. Deswegen ist es notwendig, sich im Rahmen eines Investmentprozesses zu bewegen, der regelmäßig durchlaufen wird. Er bildet die Basis und den Rahmen für die Entscheidungen. Durch den Teamansatz ist gewährleistet, dass Ideen und Vorschläge auch hinterfragt werden. So werden die eigenen Vorstellungen immer noch einem Teamcheck unterzogen.

Was hat den Ausschlag dafür gegeben, dass Sie sich für einen Job in der Vermögensverwaltung entschieden haben? War das bei Ihnen gezielte Karriereplanung, oder zum Teil auch zufallsbedingt?
Nach dem Studium wollte ich unbedingt in einer Bank arbeiten. Das ist mir auch gelungen. Aus privaten Gründen zog ich nach Bayern und suchte dort eine neue Aufgabe. Durch meine vorherige Tätigkeit bei der Südwest LB hatte ich genau die Fähigkeiten, – Wertpapier- und EDV-Kenntnisse – die benötigt wurden. Die Chance beim Single-Family-Office der Milliardärsfamilie von Finck, eine der Ursprungsfirmen der Deutsche Oppenheim Family Office AG, anzufangen, war natürlich sehr verlockend.

Sie sind schon viele Jahre in der Finanzbranche tätig. Können Sie eine Entwicklung erkennen, wie es um Frauen im Fondsmanagement oder um Frauen in den Führungsetagen bestellt ist?
Ich sehe mit Freude, dass sich die Frauenquoten in den Führungsetagen – auch bei den Banken – erhöhen. Unverändert sind allerdings Männer stark in der Überzahl. Das wird mir immer wieder bewusst, wenn ich Veranstaltungen zum Kapitalmarkt besuche. Bei Veranstaltungen für das Anleihesegment nehmen etwas mehr Frauen als bei reinen Aktienmarktveranstaltungen teil. Leider bewerben sich aber auch wenige Frauen in der Vermögensverwaltung. Es ist eine Seltenheit, wenn sich Frauen auf eine unserer Stellenausschreibungen bewerben. Vor etlichen Jahren war unsere Abteilung paritätisch besetzt. Heute bin ich die einzige Frau in der Abteilung.

In diese Richtung gehen auch unsere Studienergebnisse. Wir haben eine Studie über Fondsmanager durchgeführt. Von den 661 Fonds, die in Deutschland domiziliert sind, sind uns 1.011 Fondsmanager namentlich bekannt. Davon sind nur 67 weiblich, das sind gerade einmal 6,6%. Haben Sie eine Erklärung, warum nur so wenige Frauen in Deutschland den Beruf des Fondsmanagers wählen? Ist dieser Job für Frauen nicht geeignet?
Ich vermute, das liegt generell an der geringen Frauenquote am Kapitalmarkt. Ich arbeite gerne in diesem Beruf. Er ist abwechslungsreich, herausfordernd und der Erfolg ist messbar. Ich kann Frauen nur empfehlen, sich dieses interessante Aufgabengebiet näher anzuschauen und sich davon begeistern zu lassen. Am Können liegt der geringe Frauenanteil sicher nicht!

Haben Sie auf Ihrem Karriere-Weg auch schon lustige oder eigenwillige Situationen erlebt, auf Grund der Tatsache, dass Sie eine Frau sind?
Nein. Weder noch.

Was müsste Ihrer Meinung nach noch in der Fonds-/Finanzbranche verändert werden, damit mehr Frauen Fondsmanager werden – oder werden wollen?
Man kann sich nur für etwas interessieren, was man auch kennt. Hier sollte man ansetzen. Inwieweit Fondsmanagement aktuell zur Ausbildung gehört oder bei Traineerundläufen berücksichtigt wird, kann ich allerdings nicht sagen.

Wir Frauen interessieren uns einfach dafür, wie es andere Frauen machen, auch wenn ich diese Frage einem Mann wohl so nicht stellen würde: Haben Sie zusätzlich zu Ihrem Beruf Familie, um die Sie sich kümmern müssen? Und wie organisieren Sie das?
Tatsächlich wird diese Frage immer nur an Frauen gestellt. Kinder bedeuten Verantwortung und Zeit für beide Elternteile. Wenn Frauen vorwärts kommen wollen, sollten sie diese Verantwortung und damit diese Zeit auch von ihren Partnern einfordern.

Vielen Dank für das Interview, Frau Märzluft!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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