Das ist eine Geschichte, die könnte überall passieren: Eltern finden kurzfristig keine Kinderbetreuung und bringen ihr Kleinkind mit zur Arbeit. So geschehen am 29. August 2018 im Thüringer Landtag.

Die Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling nahm ihren wenige Wochen alten Sohn mit ins Parlament. In der Berichterstattung ist nicht die Rede davon, dass er geschrien haben soll oder gestillt wurde, nein, er war einfach nur dabei. Landtagspräsident Christian Carius verwies die Abgeordnete des Plenarsaals, da die Geschäftsordnung Mütter mit Kindern im Plenarsaal nicht vorsehe. Aber es wurde auch der Ältestenrat zusammengerufen, um die Geschäftsordnung unter diesem Aspekt zu diskutieren.

An dem Tag musste Henfling zwar dem Plenarsaal fernbleiben, wenn sie ihr Kind im Arm behalten wollte, aber man fand für den Fall eine Kurzfrist-Lösung: Um die Mehrheitsverhältnisse zu wahren, sollte bei Abstimmungen so verfahren werden, dass eine CDU-Abgeordnete für die abwesende Grünen-Abgeordnete auf ihre Stimmabgabe verzichten soll.

Bleibt eine Säuglings-Mutter zu Hause, gilt sie als faul. Arbeitet sie, gilt sie als karrierefixiert.
Abgeordnete haben eine etwas andere Situation als Eltern im Angestellten-Verhältnis: Zum einen genießen sie weder Mutterschutz noch Elternzeit, zum anderen sind die Arbeitszeiten nicht geregelt, was eine Kinderbetreuung erschwert. Abgeordnete wurden von Bürgern gewählt und können sich nicht einfach vertreten lassen.

Henfling bemängelt später in einem Interview, dass man es als Frau in solchen Situationen niemandem Recht machen könne. Bleibt man zu Hause, gilt man als faul. Arbeitet man, ist man karrierefixiert. Außerdem: Während man als Frau kritisiert wird, würden junge Väter, die nachwuchs-bedingt mal zu Hause bleiben, bewundert, dass sie sich so toll kümmerten.

Fakt ist, dass es immer mal vorkommt, dass Eltern kurzfristig keine Kinderbetreuung finden, weil diese ausfällt oder weil sich der Bedarf kurzfristig ergibt. Unternehmen der Privatwirtschaft – natürlich auch aus der Fonds-Branche – müssen sich überlegen, wie sie in solchen Situationen reagieren wollen. Dürfen die Eltern ein Kind ausnahmsweise mit zur Arbeit nehmen? Ist in solchen Fällen Homeoffice möglich? Gibt es eine Notfall-Kinderbetreuung? Findet man einfach im Einzelfall eine für alle Seiten praktikable Lösung?

Kinder gehören mit zu unserer Gesellschaft und in unseren Alltag. Das kann nicht allein das Problem der Eltern sein, aber auch nicht allein das von Arbeitgebern. Es gehört angesprochen und praxisnah gelöst!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski is a financial journalist and author of various investment fund-related and other financial books. She is also a co-founder of the "Fondsfrauen" network.

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