Dr. Karin Schambach ist Gründerin und Geschäftsführerin von Indigo Headhunters und leitet dort die Asset and Wealth Management Practice. Als Kopf einer Personal-Agentur hat sie die Hand am Puls der Branche und weiß, in welchen Bereichen Fachkräfte gesucht werden und wo der Personalbestand eher abgebaut wird. Fondsfrau Anke Dembowski spricht mit Dr. Karin Schambach über die Chancen von Frauen, eine Führungsposition zu erlangen.
Karin, wie sieht es aktuell aus auf dem Arbeitsmarkt im Asset-Management-Bereich, und generell im Finanzdienstleistungssektor aus?
In zwei Worten: Ziemlich lebendig! Aktuell haben Personalberatungen Probleme, wenn sie im Bereich der Corporates unterwegs sind, denn vielen Unternehmen in Deutschland geht es derzeit nicht gut. Der Finanzsektor ist hier (noch) eine positive Ausnahme. Generell ist es in Financial Services erfreulich gut gelaufen – nicht nur bei Asset Managern und Banken. Banken wurden durch die Zinswende beflügelt und kamen aus der Talsohle heraus. Aber hier sehen wir aktuell jedoch deutliche Anzeichen, dass sich die Lage wieder eintrübt. Der Immobilien-Sektor darbt. Bei Versicherern sind wir bei Indigo Headhunters auf der Kapitalanlage-Seite unterwegs. Da ist die Situation gut; zumindest gibt es hier Bewegung.
Und was sind aktuell Deine Beobachtungen bei den institutionellen Investoren?
Gerade bei institutionellen Investoren sehe ich Wachstumsimpulse durch eine Professionalisierung des Geschäfts. Dadurch kommt es zu einer Nachfrage nach Know-how-Trägern. Weiter verstärkt wird dieser Trend dadurch, dass die Komplexität der Kapitalmärkte und ihrer Instrumente ansteigt. Hinzu kommt, dass wir eine Ausweitung der Assetklassen gesehen haben und sie immer noch sehen, so dass die Nachfrage nach Experten und Expertinnen insbesondere in den alternativen Anlageklassen steigt.
Wie sieht es aus mit der Suche gezielt nach jüngeren Arbeitskräften? Vollzieht sich da ein Generationenwechsel?
Ich stelle fest, dass durch den Trend zu Digitalisierung und zu mehr KI-Anwendungen technisches Know-how immer notwendiger wird. Damit rücken nicht nur langjährige Praktiker, sondern auch jüngere Leute mit Tech-Credentials ins Visier der Investoren und der Asset Manager.
Ist der Fachkräftemangel noch ein so großes Thema wie er es vor ein oder zwei Jahren war? Oder ist da mittlerweile eine Entspannung zu verzeichnen?
Aktuell gibt es die Entwicklung, dass viele internationale Häuser, die Deutschland in erster Linie als Distributionsmarkt sehen, eher Personalkapazitäten ab- als aufbauen. Es sind also durchaus Kandidatinnen und Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Allerdings bringen viele von ihnen nicht die gesuchten Profile und Erfahrungen mit.
Bedeutet das, dass diejenigen, die die gesuchten Profile und Erfahrungen mitbringen, jetzt einen größeren Karrieresprung machen können?
Es ist immer eine Frage der Definition, was ein Karrieresprung ist. Fest steht, dass die Marktlage Talenten sehr gute Möglichkeiten bietet, sich weiterzuentwickeln. Für Portfoliomanager hat sich das Feld insofern erweitert, als institutionelle Investoren im Zuge der Professionalisierung gerne auf das bei einem Asset Manager erworbenen Know how zurückgreifen. Vertriebler zieht es hingegen bereits seit Jahren in die Welt der Private Markets. Reizvoll sind hier die weniger komplexen, sehr unternehmerischen Strukturen und hinzu kommt eine ausgesprochen attraktive Vergütungsstruktur, der die Asset Manager derzeit wenig entgegenzusetzen haben. Das Stichwort lautet hier „Carry“.
Kannst Du das bitte näher erläutern?
Mit „Carry“ ist eine Gewinnbeteiligung gemeint, die nicht nur dem Management, sondern Leistungsträgern und häufig auch Nachwuchstalenten angeboten wird. Der Carry wird in der Regel nicht zu Lasten eines kompetitiven Festgehaltes und eines attraktiven Bonus angeboten – eher im Gegenteil. Er ist ein unternehmerisch ausgestalteter, zusätzlicher Bestandteil der Vergütung und über die Strukturierung des Vehikels nicht zuletzt ein hochattraktives Bindungsinstrument.
Was bedeutet das für die Personalabteilungen der Asset Manager?
Für sie bedeutet es, dass die Mitarbeiter-Retention noch wichtiger wird. Hier stellt sich die Frage, was die Asset Manager der Konkurrenz entgegensetzen können. Da müssen die Personalabteilungen kreativ werden.
In den USA scheint die Begeisterung für Diversity derzeit abzunehmen, wie Beispiele wie Harley Davidson oder Jack Daniels zeigen. Siehst Du diesen Trend auch in Europa?
Aktuell kann ich diese Entwicklung noch nicht beobachten. Aber ich bin wachsam, denn ich befürchte, dass der Trend in Amerika nicht ohne Wirkung bleiben wird. Um so mehr gilt es, die Fahne weiter hochzuhalten und einen eigenen Beitrag dazu zu leisten, dass wir in der Frage der Diversität weiterkommen. Nach wie vor haben wir viel aufzuholen – insbesondere in Deutschland.
Welche besonderen Tipps hast Du für unsere Leserinnen, die eine Führungsposition in der Finanzbranche anstreben? Welche Fähigkeiten sollten sie mitbringen bzw. weiterentwickeln?
Nehmt die Chancen, die sich Euch bieten. Habt Mut und Zuversicht und bringt Eure Fähigkeiten ein, ohne sie ständig zu hinterfragen. Meistens braucht es nicht die nächste Fortbildung, um weiterzukommen, sondern es gilt, die vorhandenen PS auf die Straße zu bringen.
Vielen Dank für das Gespräch, Karin!
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