Die im November 2022 vom EU-Parlament verabschiedete Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ändert den Umfang und die Art der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen tiefgreifend. Durch die seit 2014 geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD) müssen bestimmte Unternehmen von öffentlichem Interesse in der EU über ihre Nachhaltigkeit Bericht erstatten.

Dadurch sollen Stakeholder besser bewerten können, welchen Beitrag ein Unternehmen zur Nachhaltigkeit leistet. „Mit der CSRD werden sowohl die Berichtspflicht als auch der Anwendungsbereich stark ausgeweitet“, meint Maren Schmitz. Maren Schmitz leitet den Bereich Management Consulting bei der KPMG, der Banken, Asset Manager, Real Estate und Versicherungen.

Sehr viele Unternehmen sind betroffen
Von der neuen Berichtspflicht sind alle an einem EU-regulierten Markt notierten Unternehmen erfasst, mit Ausnahme von Kleinstunternehmen. Zudem sind alle nicht kapitalmarkt-orientierten Betriebe von der CSRD erfasst, wenn sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:

  • Bilanzsumme > 20 Mio. Euro
  • Nettoumsatzerlöse > 40 Mio. Euro
  • Zahl der Beschäftigten > 250

Darüber hinaus unterliegen auch Unternehmen aus Drittstaaten, die in der EU in zwei aufeinanderfolgenden Jahren einen Gesamtkonzernumsatz von über 150 Mio. Euro erzielen, der Berichtspflicht der CSRD.

Es beginnt 2024, dann gestaffelter Zeitplan
Der Zeitplan der Berichtsanforderungen ist gestaffelt, sodass die CSRD beginnend ab dem 1. Januar 2024 zunächst für diejenigen Unternehmen gilt, die bereits der NFRD unterliegen. Der Kreis der betroffenen Unternehmen wird dann sukzessive erweitert. Schätzungen zufolge werden rund 49.000 Unternehmen innerhalb der EU von der Berichtspflicht betroffen sein.

„Ziel der CSRD ist es, die Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt zu erweitern und verbindliche Berichtsstandards auf EU-Ebene einzuführen“, fasst Maren Schmitz (s. nebenstehendes Foto) zusammen.

Eine zentrale Neuerung der CSRD ist die sogenannte „doppelte Wesentlichkeit“. Unternehmen werden verpflichtet, über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen sowie über die Auswirkungen des eigenen Geschäftsbetriebs auf Umwelt und Mensch zu berichten. Bisher musste nur über die Themen berichtet werden, bei denen beide Wesentlichkeitsaspekte zutrafen.

Einheitliche Maßstäbe und Kennzahlen
Mit der CSRD sollen die Unternehmen künftig nicht nur nach einheitlicheren Maßstäben, sondern insgesamt auch umfänglicher Bericht erstatten. „Außerdem sollen vermehrt Kennzahlen genutzt werden, um die berichteten Inhalte quantitativ bewerten zu können“, so Schmitz.

Dafür hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) verbindliche EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Diese liegen der EU-Kommission momentan als finale Entwürfe zur Prüfung vor. „Die ESRS definieren die Inhalte, die im Rahmen der CSRD berichtet werden müssen“, erklärt Schmitz, und führt auf, wie sich die 12 finalisierten ESRS-Entwürfe zusammensetzen:

  • 2 Standards zu allgemeinen Regelungen und Darstellungen
  • 5 Standards zu Umweltaspekten
  • 4 Standards zu Sozialthemen
  • 1 Standard zu Aspekten der Governance.

Der Umfang der Berichtsanforderungen lässt sich somit unterteilen in allgemeine und themenspezifische Angaben:

Allgemeine Angaben (zwei Standards zu allgemeinen Regelungen und Darstellungen):

  • Geschäftsmodell, Strategie und Konzepte
  • Leistungsindikatoren und Ziele
  • Nachhaltige Unternehmensführung
  • Doppelte Wesentlichkeit und Sorgfaltspflicht
  • Risiko- und Chancenmanagement

Themenspezifische Angaben:

  • Umwelt (fünf Standards)
  • Soziales (vier Standards)
  • Governance (ein Standard)
  • Sektorspezifische Standards (in Bearbeitung)

Verantwortlich für die Umsetzung der Richtlinie und die Befolgung der verbindlichen EU-Standards sind die jeweiligen Vorstände der Unternehmen. Kommt ein Unternehmen seiner Berichtspflicht nicht nach, gibt es Mindest-Strafen und bestimmte Prozessvorgaben, und darüber hinaus behördliche Bußgelder. Die Höhe der Strafen können die einzelnen Mitgliedsländer in ihren Umsetzungs-Gesetzen festlegen.

Von den 12 Standards sind zwei Standards vollumfänglich verpflichtend (ein Standard zum Thema „Klimawandel“ aus dem Bereich „Umwelt“, und ein Standard aus dem Bereich „Allgemeine Angaben“). Darüber hinaus sind einzelne Indikatoren zum Thema „eigene Belegschaft“ (Bereich „Soziales“) verpflichtend zu berichten. Ob weitere Kennzahlen aus den anderen Standards berichtet werden müssen, hängt von dem Ergebnis der zuvor erläuterten Wesentlichkeitsanalyse ab.

Themen Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter
Der Standard „eigene Belegschaft“ fordert von den Unternehmen eine Offenlegung seiner wesentlichen Auswirkungen auf die eigene Belegschaft und die damit verbundenen Risiken und Chancen. Unternehmen müssen anhand von vorgegebenen Indikatoren unter anderem darüber berichten, wie die Themen Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter behandelt werden sowie welche Maßnahmen zur Verbesserung bereits getroffen wurden oder in Planung sind. Maren Schmitz erklärt, was das heißt: „Dazu zählen beispielsweise Angaben über die Aufschlüsselung der Beschäftigten nach Geschlecht sowie die Geschlechterverteilung in der obersten Führungsebene“.

Darüber hinaus müssen, je nach Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse, Indikatoren zu den Themen faire Bezahlung und Lohngefälle zwischen den Geschlechtern offengelegt werden. Des Weiteren können Unternehmen je nach Wesentlichkeit ebenfalls dazu verpflichtet sein, über Work-Life-Balance-Indikatoren zu berichten sowie aufgeschlüsselt nach Geschlecht darzustellen, inwiefern Beschäftigte Schulungsangebote und Leistungs- bzw. Karriereentwicklungsgespräche wahrnehmen.

„Diese erweiterte Berichterstattung und die zwangsläufig notwendige Datenerhebung führen dazu, dass sich Unternehmen zunehmend auch mit der Thematik Gender Diversity auseinandersetzen werden“, meint Schmitz.

Am 16. Dezember 2022 wurde die EU-Richtlinie im Amtsblatt veröffentlicht und muss dann von den einzelnen Mitgliedsstaaten innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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