Wie spricht man weibliche Talente für die Finanzbranche an? Die Young Professionals der Fondsfrauen haben Ideen, wie sich mehr junge Frauen für die Finanzbranche begeistern lassen.

Die Fondsfrauen haben im September gemeinsam mit KPMG und der Uni Mannheim ihre Studie „Gender Diversity in der Asset Management Industrie“ vorgestellt. Eine der Erkenntnisse ist, dass der Anteil an weiblichen Bewerberinnen in der Fonds-Branche mit 26% nach wie vor deutlich unter dem der männlichen Bewerber liegt. „Das zeigt, dass weibliche Arbeitnehmerinnen die Asset Management Branche offenbar nicht häufig genug als potenzielle Arbeitgeber in Betracht ziehen“, sagt Anne Connelly, eine der Gründerinnen und Geschäftsführerinnen der Fondsfrauen.

„Hier sind die Unternehmen gefordert, weiblichen Mitarbeiterinnen ein gutes und praktikables Arbeitsumfeld zu bieten, in dem sie ihre Fähigkeiten voll einsetzen können“, erklärt Prof. Dr. Alexandra Niessen-Ruenzi von der Uni Mannheim, die die Studie durchgeführt hat. Das ist leichter gesagt als getan, denn die Frage ist, wie sich das bewerkstelligen lässt. Viele Unternehmen wünschen sich mehr weibliche Bewerberinnen und möchten etwas dafür tun. Da fragen wir doch mal am Point of Sale nach, nämlich bei der Arbeitsgruppe „Young Professionals“ der Fondsfrauen.

Frage 1: Wo liegen aus Deiner Sicht die Knackpunkte, dass die Quote der weiblichen Bewerber in der Fondsbranche nur bei niedrigen 26% liegt?

Teresa Schulden, Analyst, BlackRock
Für mich als Quereinsteigerin kam mir die Finanzbranche vor meinem Einstieg als etwas Elitäres vor, eine Welt, in die ich nur hereineinkomme, wenn ich Finance explizit studiert habe und für die ich als Typ Mensch „gemacht sein“ muss. Dabei gibt es unheimlich viele Quereinsteiger in diese Welt, was mir auch vorher nicht bewusst war. Ich suggerierte mit dieser Branche den typischen Investment Banker, der kein Privatleben hat und bis nachts im Büro sitzt und in der Ellbogenverhalten an der Tagesordnung steht. Aber auch hier wurde ich positiv überrascht, da ich durchaus ein Privatleben habe und von der Unternehmenskultur des Asset Managers, bei dem ich nun angestellt bin, absolut begeistert bin.

 

Ilse Munnikhof, Expertise Lead Investment Advice, ING
Meine Wahrnehmung ist, dass sich Frauen meist weniger mit dem Thema Finanzen identifizieren und beschäftigen. Das gilt sowohl fürs Private wie auch fürs Berufliche. Wir sehen zum Beispiel bei unseren ING Kunden: nur rund 30% unserer Wertpapierkunden sind Frauen. Daraus könnte man folgern, dass es insgesamt auch weniger Frauen gibt, die die Fondsbranche für sich in Betracht ziehen, wenn es um die Berufswahl geht.

Judith Galter, Head of Sales & Marketing bei Kathrein Privatbank AG
Ich glaube, dass ein großes Problem das Image der Finanzbranche ist: „Männer-dominiert, hoher Leistungsdruck und sehr lange Arbeitszeiten, Ellbogen setzen sich gegenüber kollegialer Zusammenarbeit durch, hierarchische Strukturen und wenig Innovation.“ Teilweise trifft das zu, teilweise nicht, das hängt stark vom Unternehmen ab. An sich trauen sich Frauen meiner Erfahrung nach auch nicht so viel Kompetenz beim Thema Investieren zu. Das Klischee überzeichnet: Frauen haben zwar alle Ausgaben im Blick, das Thema Veranlagung überlassen sie aber dann dem Partner.

 

Simin Heuser, Finanzjournalistin & Social Media Managerin der Fondsfrauen
Aus meiner Sicht kommen hier viele Faktoren zusammen: Die Finanzbranche hat kein besonders gutes Image, ist überwiegend männlich dominiert und wirkt gerade auf eher zurückhaltende Frauen abschreckend. Hinzu kommt, dass die Branche noch immer nicht flexibel genug ist, wenn es um Themen wie die Familienplanung geht. Wer Angst haben muss, nach einer Babypause nicht mehr auf den vorherigen Posten zurückkehren zu können, entscheidet sich vielleicht von Anfang an für einen flexibleren Arbeitsplatz.

Julia Pomer, Director Wholesale Clients Germany & Austria, ThomasLLoyd Group
Auch wenn es ein Rollenklischee ist, werden Karrieren in der Finanzbranche leider immer noch eher als „maskulin“ wahrgenommen. Aus meiner Sicht liegt dies vor allem daran, dass in dieser Branche oft ein stärkeres Konkurrenzdenken herrscht und konservative Strukturen es schwieriger machen können, Karriere mit Familie zu vereinen – dies wirkt oft für Berufseinsteigerinnen abschreckend.

 

 

 

Frage 2: Was könnten die Unternehmen tun, damit sich mehr Frauen für die Finanzbranche interessieren und sich dort bewerben?

Teresa Schulden, Analyst, BlackRock
Unternehmen müssen mit genau diesen oben beschriebenen Klischees aufräumen und diese explizit adressieren. Sie sollten auf authentische Weise mit einer offenen Kultur werben, die Flexibilität hervorheben, sich sowohl privat als auch beruflich entfalten zu können und ganz klar die Karrierechancen aufzeigen. Auch sollten sie an klaren Beispielen aufzeigen, dass man eben nicht explizit Finance studiert haben muss, um in der Finanzbranche Karriere machen zu können und dabei eben gerade auf die Quereinsteiger eingehen.

Ilse Munnikhof, Expertise Lead Investment Advice, ING
Wir brauchen sichtbare Beispiele von erfolgreichen Frauen in der Finanzbranche. Ganz konkret haben wir zum Beispiel in der Anlageberatung gezielt mehr Beraterinnen gesucht, weil wir an diverse Teams glauben. Leider gab es zu Beginn auch bei uns zu wenig weibliche Bewerberinnen. Daraufhin haben wir unsere Stellenausschreibungen angepasst und auch zum Beispiel auf die Möglichkeit verwiesen, die Stelle in Teilzeit auszuführen. Zusätzlich haben wir auch bei der internen Weiterbildung zum Anlageberater geschaut, ob wir Kolleginnen besonders motivieren können, sich zu bewerben.

Judith Galter, Head of Sales & Marketing bei Kathrein Privatbank AG
Es gilt die Unternehmenskultur „frauenfreundlicher“ zu gestalten: z.B. Führung in Teilzeit ermöglichen und Gender-bias Schulungen. Ich glaube, es gibt viel Interesse an der Thematik, aber es läuft sehr viel auf einer unterbewussten Ebene ab. Diese Strukturen und Verhaltensweisen müssen zuerst sichtbar und bewusst gemacht werden, bevor man sie ändern kann. Ein Beispiel sind Stelleninserate: Oftmals sind die gewünschten Erfahrungen und Kenntnisse besonders bei Junior Positionen übertrieben hoch angesetzt. Das schreckt (junge) Frauen tendenziell ab. Ein Fokus in den Formulierungen auf die eigene Motivation und den Willen sich in Themen einzuarbeiten, könnte hier Versagensängsten entgegenwirken.

Simin Heuser, Finanzjournalistin & Social Media Managerin der Fondsfrauen
Es ist wichtig, mehr Frauen zu positionieren, die auch nach außen zeigen, dass die Branche viel zu bieten hat – zum Beispiel über gezielte Veranstaltungen an den Universitäten. Eine einfache Methode wäre auch, die Stellenausschreibungen schlanker zu gestalten, die häufig durch eine Überladung an Anforderungen abschrecken. Dazu gehört außerdem, dass die Unternehmen interne Strukturen überdenken und mehr Teamgeist statt Ellenbogenmentalität fördern.

 

 

Julia Pomer, Director Wholesale Clients Germany & Austria, ThomasLLoyd Group
Das Image der Finanzbranche muss sich ändern. Aus meiner Sicht sind Frauen oft die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit und ein modernes Umfeld wichtig. All dies bietet die Finanzindustrie, allerdings ist es nicht ihr Image. Wichtig finde ich auch, dass die Industrie mehr auf Diversität achtet. Zum Beispiel sollten Unternehmen nicht nur in den einschlägigen Wirtschaftsstudiengängen rekrutieren, sondern auch diverse Karrierewege und Perspektiven wertschätzen. Der entscheidendste Punkt ist aber zu zeigen, dass eine Frau auch als Mutter Karriere machen kann –  durch Teilzeitarbeit in höheren Positionen, eine gewisse Flexibilität bei Remote-Arbeiten, aber vor allem mit tatsächlich gelebtem Kulturwandel und Vorbildern in entsprechenden Positionen!

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

Förderer