„70 Prozent der Frauen-Renten unter Hartz-IV-Niveau“, so titelte die BILD-Zeitung am 11. Oktober 2015, und im Artikel heißt es weiter: „Frauen erhalten im Westen im Schnitt 566 Euro Altersrente, etwa halb so viel wie Männer (1020 Euro). Im Osten sind es 824 Euro, etwa 75 Prozent der Männer-Rente (1111 Euro). Gut 70 Prozent der Rentnerinnen (6,9 Millionen) bekommen weniger als 800 Euro Altersrente und liegen damit unter der Hartz-IV-Zahlung für Singles.“

Noch ist Altersarmut kein akutes Problem, denn aktuell beziehen nur zwei bis drei Prozent der Rentner die Sozialleistung „Grundsicherung im Alter“ (Rund 770 Euro, inklusive Miet- und Heizkostenzuschuss). Trotzdem fällt auf, dass Frauen deutlich weniger Altersrente erhalten als Männer. Der Grund dürfte sein, dass die Generation der heutigen Rentnerinnen nicht oder nicht durchgängig gearbeitet hat. Die Fondsfrauen haben dies in einem anderen Beitrag kommentiert.

Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern wird geringer
Der Gesamtverband der deutschen Lebensversicherer (GDV) veröffentlichte unlängst ähnliche Zahlen. Frauen, die 2014 in Rente gingen, erhielten im Durchschnitt eine um 45 Prozent niedrigere Rente als neu verrentete Männer, so der GDV.

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Dabei werde das Ungleichgewicht bei der gesetzlichen Rente in den kommenden Jahren zwar geringer, würde aber keineswegs verschwinden. „Zwar sind mittlerweile über 70 Prozent der Frauen in Deutschland erwerbstätig, aber fast jede zweite arbeitet Teilzeit und erwirbt dementsprechend niedrigere Rentenansprüche“, so der GDV.

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Der Versicherungsverband empfiehlt Frauen, kontinuierlich etwas für ihre private Altersvorsorge tun, selbst wenn nur kleine Beiträge erübrigt werden könnten. Auch wenn sich hier ein gewisses Eigeninteresse der privaten Versicherungsbranche vermuten lässt, ist die Empfehlung richtig. Offenbar nutzen schon bisher viele Frauen die Riester-Rente, die mit Zulagen die eigenen Beiträge aufstockt. Laut Statistik der Rentenversicherung sind gut 56 % der Riester-Sparer weiblich. Die zu erwartenden Renten der Frauen aus der betrieblichen- bzw. der privaten Vorsorge liegen aber unter denen der Männer, zeigen GDV-Berechnungen (siehe GDV-Broschüre „Gut versorgt oder selbst vorgesorgt?„). Außerdem bemerkenswert: Ein Viertel der Frauen hat noch nie einen Vertrag für die private Vorsorge abgeschlossen.

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Ist eine verpflichtende zusätzliche Altersvorsorge notwendig?
Das ist ein beklagenswerter Zustand, und mehr und mehr setzt sich in der Politik die Erkenntnis durch, dass gegen die Vorsorge-Muffligkeit der Bürger etwas getan werden muss. Verpflichtend ist in Deutschland bisher nur die 1. Säule der Altersversorgung, während Riesterrente, Basisrente („Rürup-Rente“) und alle anderen Wege der privaten Vorsorge freiwillig sind. Laut einer Studie der Landesregierung Nordrhein-Westfalen vom Oktober 2015 betreibt nur 39 % aller Umfrageteilnehmer eine private Altersvorsorge (Studie: „Die Zukunft der Alterssicherung“).

In der Studie werden verschiedene Möglichkeiten durchdekliniert, was gegen die Vorsorge-Müdigkeit der Deutschen getan werden kann. Neben einer Erweiterung unter dem Dach der gesetzlichen Rentenversicherung wäre auch eine verpflichtende Zusatz-Vorsorge möglich – ähnlich wie bei der Haftpflichtversicherung fürs Auto: Mann muss sich versichern, darf aber den Produktanbieter frei wählen. Eine Maßnahme, die kürzlich in Großbritannien durchgeführt wurde, ist das „Opting Out“. Hier nimmt jeder Arbeitnehmer zunächst automatisch – auch mit eigenen Beiträgen aus dem Gehalt – an der betrieblichen Altersvorsorge teil, kann sich aber explizit dagegen entscheiden. Durch die Trägheit, das das Thema Altersvorsorge bei den meisten Menschen auslöst, bleiben dann doch viele dabei.

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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